Sternenzitadelle
schwächer, und schon bald würden sie nur noch mit bloßen Händen gegen die Pritiv-Söldner kämpfen können. Natürlich könnten sie das Antra herbeirufen, aber nur Jek, Shari und Aphykit – sollte sie sich genügend von ihrer Kryogenisierung erholt haben – beherrschten die psychokinetische Reise, und sie durften die beiden Jersaleminer, den Muffi und den Meistergärtner nicht ihrem Schicksal überlassen – von Yelle ganz zu schweigen.
Jetzt leuchtete der Julianische Korund wie ein Stern am Himmel. Das kleine Mädchen war von einem indigofarbenen Schein umgeben.
»Yelle!«
Sie sah ihn mit großen Augen an, wie aus langem Schlaf erwacht, und ihr Blick verriet bereits die Ernsthaftigkeit, die ihr zu eigen war. Sie lächelte, öffnete den Mund und stammelte, kaum hörbar, ein paar Worte.
»Bist du das, Jek? Du bist gekommen …Wo ist Mama? Meine Arme … meine Beine … ich spüre sie nicht …«
Jek schluchzte vor Glück, weil sie erwacht war, aber auch vor Kummer, weil sie gelähmt zu sein schien. Auch Aphykit weinte.
Yelle sah ihre Mutter an. Eine neue Flamme brannte in ihren graublauen Augen. »Mama …«
»Die Spezialisten sagen, dass die Tetraplegie eine eventuelle Folgeerscheinung einer Kryogenisierung sein könne«, erklärte Fracist Bogh. »Wir müssen sie tragen …«
»Wird sie wieder gesund werden?«, fragte Shari.
Der ehemalige Gouverneur zuckte mit den Schultern.
Shari hob Yelle vorsichtig aus dem Sarkophag. Jek zog seine Jacke aus und gab sie dem Mahdi. Sie wickelten das kleine Mädchen darin ein, und Shari bettete ihren Kopf so bequem wie möglich an seine Brust.
Dann ging Jek zu Aphykit, umfasste ihre Taille und legte seine Stirn an ihre Brust. Zuerst reagierte sie nicht, doch dann umarmte sie ihn. So blieben beide eine Weile stehen, vereint in ihrem Schmerz und ihrer Liebe für Yelle.
Phoenix ging langsam zu San Francisco und warf sich in seine Arme.
»Wir sind bereit«, sagte Shari.
Die Pritiv-Söldner hatten inzwischen die letzten Verteidiger massakriert und sich hinter einer Barrikade aus aufeinandergestapelten Leichen verschanzt. Sie warteten geduldig, bis der energetische Vorrat der Waffe des Osgoriten erschöpft war, um den Raum zu erstürmen. Die Explosionen
hatten aufgehört. Es war nahezu dunkel in dem von Rauch und Staub erfüllten unterirdischen Gelass.
»Mein Kopf sagt mir, dass wir versuchen müssen, unseren toten Feinden ihre Waffen abzunehmen«, sagte San Francisco, der sich inzwischen hinter den Meistergärtner gestellt hatte. Noch hatte er sich nicht ganz erholt, aber er war ein Prinz Jer Salems, ein Krieger, und konnte es nicht verantworten, dass der Osgorite allein kämpfte.
Maltus Haktar warf ihm einen Blick über die Schulter zu. »Ihr Kopf hat sicher Recht, aber erstens liegt der nächste Tote in etwa zehn Metern Entfernung am Boden, also könnten wir getroffen werden. Und zweitens sind wir nicht einmal sicher, eine brauchbare Waffe zu finden.«
»Ich spreche das Heilige Wort des Abyners Elian …«
»Ich respektiere Ihren Glauben, doch fürchte ich, dass Sie von einer der Wurfscheiben der Söldner enthauptet werden. Obwohl in diesem Gang nicht mehr viel zu erkennen ist, schätze ich, dass wir es noch mit etwa zwanzig Gegnern zu tun haben …«
San Francisco beugte sich vor und versuchte, in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Er sah Leichen und graue Schatten hinter den aufgehäuften Toten.
»Das Heilige Wort wird mich in die Lage versetzen, ungefähr fünf Sekunden unsichtbar zu sein. Wenn ich hingehe, dürfte das kein Problem sein, aber wenn ich zurückkomme, müssen Sie mir Feuerschutz geben …«
Der Oberste Gärtner nickte. Der Muffi – der ehemalige Muffi, weil er sich selbst abgesetzt hat – verkehrt mit sonderbaren Leuten im Keller seines Palastes, dachte er. Mit Kindern, die auf ihren Gedanken reisen, mit Frauen von fast überirdischer Schönheit und Personen, die dank eines Zauberspruchs unsichtbar werden … Wenn ich in mein
Heimatdorf auf Osgor zurückkehre und meinen wohlverdienten Lebensabend genieße, kann ich diese Geschichten nicht einmal erzählen, weil mich meine Landsleute dann für einen Lügner halten würden.
San Francisco öffnete den Verschluss von Maltus Haktars Cape, warf Phoenix einen verständnissuchenden Blick zu und stellte sich völlig nackt in die Türöffnung.
Er hoffte inständig, dass sein langer Schlaf – drei Jahre hatte der Prinz der Hyänen gesagt – nicht die achttausend Jahre alte Kraft
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