Sternenzitadelle
Sockeln der gläsernen Särge und legte jeweils einen Code in eine Vertiefung des entsprechenden Sockels.
Jek hielt bereits vier vorbereitete Spritzen bereit, die er einer Blechschachtel entnommen hatte. Auf Maltus Haktars Anweisung hoben Fracist Bogh und Shari den Deckel vom ersten Sarg, dem Aphykits. Ein eisiger Luftstrom, in den sich der Geruch des Kryo-Gases mischte, streifte ihre Gesichter. Der Nebel, der die junge Frau eingehüllt hatte, verflüchtigte sich.
Shari hatte vergessen, wie schön seine Wahlmutter war, und als er ihr Gesicht von nahezu überirdischer Schönheit erblickte, schien ihm, als wäre er für alle seine Qualen belohnt worden. Augenblicklich wurde er wieder zu dem fröhlichen unbeschwerten Kind der Hymlyas-Gebirge, der, in Begleitung der Aïoulen auf einem Stein sitzend, über die Ebene flog und in eiskalten Gebirgsbächen badete …
Fracist nahm den Code der Spritze, die Jek ihm reichte, entfernte das Siegel und stach mit der Nadel in die winzige
auf der Kugel angebrachte Markierung. Er saugte die DNA-Probe ein und vermischte sie mit dem Agens der Reanimation.
Das exakte Prozedere hatte er von den Kryo-Einbalsamierern der Kirche gelernt und so oft im Geist wiederholt, dass er sie jetzt, ohne Zeit zu verlieren, wiederholen konnte, als hätte er geahnt, wie wertvoll dieses Wissen einmal sein würde.
Ohne zu zögern, ergriff er Aphykits Armbeuge und gab ihr die für sie bestimmte intravenöse Injektion. Dafür brauchte er etwa fünfzehn Sekunden. Ohne auf eine Reaktion von Aphykit oder den Kampflärm zu warten, nahm er die zweite Spritze und bedeutete Shari, San Franciscos Sarg zu öffnen – was Jek zur Verzweiflung brachte, denn er fürchtete, sie würden nicht mehr genug Zeit haben, Yelle ins Leben zurückzurufen. Fracist Bogh gelang es erst beim vierten Versuch, dem Jersaleminer das Agens zu verabreichen, dessen Gesicht und das lange schwarze Haar Shari an den Narren der Berge erinnerte.
»Seht nur! Sie bewegt sich!«, rief Jek aufgeregt.
Die drei Männer richteten den Blick auf Aphykits Sarkophag. Sie hatte den Arm bewegt und öffnete die Augen. Ihr ganzer Körper zitterte. Das Leben nahm wieder von ihr Besitz. Fracist Bogh zog schnell sein Chorhemd aus und gab es Jek.
»Sie soll sich damit bedecken …«
Aphykit umklammerte die Ränder ihres Sarkophags und wollte sich aufrichten. Schon fiel ihr das goldene Haar in üppigen Wellen über Schultern und Oberkörper. Ihre wunderschönen blaugrünen, mit goldenen Punkten gesprenkelten Augen sahen den Anjorianer an. Der war außerstande zu sprechen und reichte ihr stumm das Chorhemd.
Sie runzelte die Stirn und musterte es eingehend, so als suche sie in ihrer Erinnerung nach einer Erklärung dafür. Dann wandte sie den Kopf und ließ den Blick durch diesen seltsamen, von Qualm und Staub erfüllten Raum wandern, in dem gelegentlich Blitze aufzuckten, die von Detonationen begleitet wurden. Doch da diese bizarre Szenerie keine Erinnerung in ihr wachrufen konnte, sah sie wieder Jek an.
Er fand sie so schön wie an jenem Tag, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Damals hatte er geglaubt, einem Engel gegenüberzutreten. Ihr langer Schlaf im Eis hatte ihre Schönheit nicht zerstört.
Ihre Augen flackerten auf, als würde sie nun begreifen. Sie bewegte die Lippen, aber kein Laut kam aus ihrem Mund.
»Ich bin Jek At-Skin«, sagte er langsam und deutlich. »Der Mahdi und ich sind gekommen, um Sie zu befreien. Vor drei Jahren wurden Sie kryogenisiert. Im Augenblick befinden wir uns im Bischöflichen Palast zu Venicia, der von den imperialen Streitkräften überfallen wird. Jetzt müssen wir so schnell wie möglich in den Deremat-Raum gelangen, damit alle an einen sicheren Ort fliehen können. Haben Sie mich verstanden?«
Aphykit schloss als Zeichen der Bejahung einmal die Augen und lächelte.
»Fühlen Sie sich stark genug, um aus dem Sarkophag zu steigen?«
Maltus Haktar hatte den letzten Kryo-Caisson desaktiviert und ging schnell zu den beiden.
»Ich helfe ihr«, sagte er und packte Aphykit unter den Achseln, hob sie aus dem Sarkophag, stellte sie auf den Boden und hielt ihre Taille umfasst, damit sie nicht hinfiel.
Die Art und Weise, wie er Aphykit behandelte, ärgerte
Jek. Er fand, dass sie eine respektvollere Behandlung als die des Meistergärtners verdient habe.
»Sie muss sich erst etwas anziehen«, sagte der Anjorianer zornig.
Sie streckte einen zitternden Arm aus, nahm das weiße Chorhemd, setzte sich auf den Sockel des
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