Sternenzitadelle
keine magnetischen Energieströme mehr!«, rief Fracist Bogh.
»Aber die Deremats funktionieren doch noch?«, fragte Whu.
Schweigen.
»Sie funktionieren, oder nicht?«
Fracist Bogh antwortete verzweifelt: »Nein, das können sie nicht, weil sie mit magnetischer Energie gespeist werden.«
ACHTZEHNTES KAPITEL
Schick, Soäcra, deine Strahlen
In meinen Aven. 1
Dein Licht brennt nie zu heiß,
Denn ich weiß,
Dass du, wenn müde, weiterwanderst …
Hat mein Aven dir gefallen,
Kommst du zurück. Zur Freude von uns allen,
Soäcra.
»Einladung in den Aven«
Volkslied der Völker der Tropen Platonias
M it diesen Wilden kann man überhaupt nichts Brauchbares anfangen!«, schimpfte Kardinal Kill, der Gouverneur des Planeten Platonia.
Die Mitglieder der Delegation waren gerade aus dem Personenair der Kirche ausgestiegen. Dicht gedrängt standen sie am Rand der Erdspalte und beobachteten die vollständig nackten Menschen, etwa fünfzig Meter unter ihnen, wie sie ihren Beschäftigungen nachgingen.
Die grünlichen Tornados am perlgrauen Himmel über ihnen waren gleichbedeutend mit einer unerträglichen Hitze. Die Platonier der Tropen nannten diese Wirbelstürme »Schwingen des Feuerdrachens«.
Wie alle Siedlungen auf Platonia hatte man das Dorf Bawalo nicht auf der karstigen wüstenähnlichen Oberfläche des Planeten errichtet, sondern in einer wasserreichen Höhle mit üppiger Vegetation. Dieses Gewässer, in dem sich die Strahlen des gelben Gestirns von Platonia, Soäcra, spiegelten, gehörte zu dem unterirdischen Ozean Niger Grande – einem weit verzweigten Netz aus Seen, die durch Flüsse, Bäche und Wasserfälle miteinander verbunden waren und während der Regenzeit durch sintflutartige Niederschläge gespeist wurden.
Da die Erosion ein Leben auf dem Planeten unmöglich machte, hatte es sich umso üppiger in unzähligen Avens, Höhlen, Grotten und anderen Hohlräumen im Gestein entwickelt.
Geologische Formationen boten Schutz gegen die Hitze, ließen aber den Regen hindurch und filterten ihn. Dieses feuchtwarme Klima hatte eine wuchernde Vegetation hervorgebracht: riesige leuchtende Farnpflanzen, die bei Einbruch der Nacht für Helligkeit sorgten; große Blumen mit durchsichtigen Blütenkronen, die einen betäubenden Duft ausströmten; Phanerogame mit schirmartig geformten Blättern; Obstbäume, die drei- oder viermal im Jahr abgeerntet werden konnten. Den Genuss der aus Mohnpflanzen gewonnenen Halluzinogene hatte die Kirche verboten, doch die Ureinwohner frönten weiterhin den alten Bräuchen während ihrer traditionellen Feste.
Dieser Überfluss der Tropen zusammen mit einem überbordenden Fischreichtum des Ozeans Niger Grande – man konnte die Tiere praktisch mit der Hand fangen – hatte die Platonier der Tropen zu einem Volk von Müßiggängern werden lassen. Die Platonier des Nordens hingegen lebten in Avens, in denen dichte Nadelgehölze wuchsen, und waren deshalb zu einem fleißigen Volk geworden, dessen Arbeitskultur der der anderen Welten des Zentrums ähnelte.
Beide Völker unterschieden sich auch in physischer Hinsicht. Die Nordländer hatten schwarze Haut und krauses Haar, sie waren groß und athletisch und trugen Kleider. Die Südländer waren kleiner – nicht größer als ein Meter fünfzig –, ihre Haut war bronzefarben und ihr Haar glatt und schwarz.
Trotz aller missionarischer Bemühungen setzten sie sich über das imperiale Dekret hinweg, das die Nacktheit verbot, weil sie als rückständig und gotteslästerlich angesehen wurde.
»Ich bin fest entschlossen, das zu ändern, Pater Hectus«, fuhr Kardinal Kill fort. »Sie haben diesen … diesen Eingeborenen
gegenüber eine erstaunliche Nachsicht an den Tag gelegt. Was das betrifft, sind Sie leider nicht der Einzige …«
Pater Hectus Bar, der Leiter der kreuzianischen Mission, biss sich auf die Lippe. Der unerwartete Besuch des Kardinals und des Großinquisitors, des Scaythen Wyroph, kam zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Vor ein paar Stunden hatte er einen Messacode von seinem alten Freund Maltus Haktar bekommen, im dem er ihn über die sehr wahrscheinliche Rematerialisierung von sechs oder sieben Personen im Missionshaus informierte. Sein Mitplanetarier hatte ihn gebeten, den Reisenden die zwei Deremats zur Verfügung zu stellen. Obwohl der Oberste Gärtner keine weiteren Erklärungen abgegeben hatte, wusste Hectus Bar, dass es sich um illegale Transfers handelte. Sein Jugendfreund Maltus Haktar hatte ihn einst für das
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