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Sternenzitadelle

Sternenzitadelle

Titel: Sternenzitadelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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paar Sekunden später flatterten die Vögel wütend kreischend auf.
    Fracist bewaffnete sich mit weiteren Steinen, die er in seine Hosentasche steckte, und begann mit dem Abstieg. Er kam langsamer voran als gedacht. Er war kein geübter Bergsteiger und wählte oft die falsche Route. Wegen der Hitze musste er sich manchmal im Schatten eines Felsvorsprungs ausruhen. Doch ständig überwachte er die Raubvögel, und wenn sie der Gestalt zu nahe kamen, bewarf er sie mit Steinen und zwang sie zur Flucht. Dann freute er sich.
    Als Fracist unten angekommen war und sich der Gestalt näherte, sah er, dass es eine Frau war. Sie lag auf dem Rücken und war so bleich, dass er sie im ersten Moment tot glaubte. Doch dann stellte er fest, dass sich ihre Brust regelmäßig hob und senkte. Sie atmete – und sie war haarlos.
    Offensichtlich hatte sie aus dem Fluss trinken wollen, war aber ein paar Meter vor dem Ufer zusammengebrochen. Mit ihrer fehlenden Behaarung und der weißen Blässe ihrer Haut – selbst auf Syracusa, wo ein solcher Teint außerordentlich geschätzt wurde, hatte Fracist noch nie jemanden gesehen, der so blass war – war sie ein Mensch, der einem Leben in der Wüste überhaupt nicht angepasst war. Wie war sie hierhergekommen?
    Die Raubvögel hatten sich inzwischen heiser schreiend wieder in die Lüfte erhoben, als sich Fracist neben die Frau kniete und vorsichtig ihren Kopf hob. Sie öffnete die wimperlosen Augen und sah ihn abwesend an. Sie musste sehr krank sein, wenn nicht dem Tode nahe.
    Fracist trug sie vorsichtig zum Flussufer, schöpfte Wasser mit der hohlen Hand und befeuchtete ihre Lippen. Ihre
Stirn war glühend heiß, ihre Arme und Beine waren gerötet. Wahrscheinlich hatte sie einen Sonnenstich.
    Fracist zog seine Tunika aus, tauchte sie ins Wasser und kühlte ihren Kopf.
    Dann legte er sie in den Schatten eines Baums und flößte ihr ein paar Tropfen Wasser ein. Obwohl sie ihre hellblauen Augen weiter geöffnet hielt, reagierte sie nicht. Ihre Seele verließ langsam ihren Körper. Doch Fracist wollte nicht, dass sie starb. Er ahnte, dass diese Frau ihn von seinem gestörten Verhalten Frauen gegenüber heilen würde.
    Als er nachdenklich den Blick über den dahinströmenden Fluss gleiten ließ, fielen ihm die grafischen Symbole in einem antiken Papier-Buch wieder ein. Jetzt habe ich die Gelegenheit, die zwölf Inddikischen Grapheme anzuwenden, dachte er. Vielleicht helfen sie. Aphykit hat sicher nicht zufällig darüber gesprochen.
    Er stand auf und ging zum Flussufer. Die Sonne brannte auf seinem nackten Oberkörper. Soviel er auch grübelte, er konnte sich nicht erinnern, wie er diese heilenden Symbole anwenden sollte, die er damals in der verbotenen Bibliothek gefunden und sich gemerkt hatte.
    Schließlich ging er zu der jungen Frau und kniete sich neben ihren Kopf. Ihr starrer ausdrucksloser Blick beunruhigte ihn zutiefst. Er horchte, das Ohr an ihr Herz gelegt. Es schlug ganz schwach.
    Intuitiv einem inneren Impuls folgend, gab er nach und spürte sofort eine nie gekannte Energie in sich. Ihn durchströmte eine Kraft, die aus einem anderen Raum, aus einer anderen Zeit kam und durch ihn ihre Wirkung entfaltete.
    Mit dem Zeigefinger zeichnete er die Grapheme der Heilung auf den Körper der Unbekannten. Er begann mit dem Kopf und beendete sein Werk auf dem Unterbauch. Er arbeitete
ohne Zögern, so als wisse er, welches Symbol zu welchem Organ gehöre, und stärkte auf diese Weise die Selbstheilungskräfte dieses zarten Wesens, das wie ein verletzter Engel auf die Erde, auf einen ausgedörrten Boden herabgefallen war – er säte Leben.
    Als Fracist seine Arbeit beendet hatte, zog er seine Hose aus, zerschnitt sie mit einem scharfen Stein und fertigte daraus eine einfache Decke, mit der er die junge Frau bedeckte. Dann wachte er stundenlang an ihrem Krankenlager, bis die Sonne hinter den Bergen versank. Die Grapheme hatte er noch mehrere Male gezeichnet.
    Abends überkam ihn das unwiderstehliche Verlangen, ein Bad im Fluss zu nehmen – seit seiner Kindheit in Duptinat hatte er das nicht mehr getan. Das kühle Wasser erfrischte und stärkte ihn. Er trocknete sich mit Blättern ab und betrachtete den Vollmond, der inzwischen aufgegangen war.
    Nachdem er sich vergewissert hatte, dass seine Schutzbefohlene friedlich schlief, glitt auch er in einen unruhigen Schlaf voller Albträume.
     
    Ein schriller Schrei weckte ihn.
    Zartrosa Wolken trieben am frühmorgendlichen Himmel dahin.
    Die junge Frau

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