Sternenzitadelle
einer Horde Bestien zu sein.
Und genau das waren sie, diese Männer, nur von Instinkten geleitete wilde Tiere, unter denen das unerbittliche Gesetz des physisch Stärkeren galt.
»Wir fahren in Gruppen von jeweils drei Lastwagen«, instruierte er sie. »Um ihnen keine Zeit zur Selbstverteidigung zu lassen, greifen wir mehrere Dörfer gleichzeitig an.«
»Das ist doch totaler Quatsch!«, mischte sich Augen-Stecher ein. »Ihre Späher haben uns sicher bereits bemerkt und sich organisiert. Wir müssen sie sofort überfallen, alle zwanzig Lastwagen auf einmal!«
Die anderen Männer murrten und wandten sich von ihm ab.
»Na prima! Zwanzig Lastwagen, eine ideale Zielscheibe«, sagte Whu ironisch.
Da merkte Augen-Stecher, dass er mit seiner Meinung allein war, und hielt den Mund.
»Zwei Angriffe auf jeden Ort«, fuhr Whu fort. »Nicht mehr. Vergesst nicht eure Atemmasken und die Sauerstoffflaschen. Ein Schwefelsturm könnte aufkommen. Jedes Team handelt selbstständig, nach den Anweisungen
seines Kams. Ganz gleich, wie das Resultat der Razzia aussieht, wir treffen uns hier bei Einbruch der Nacht. Auf Nachzügler wird nicht gewartet. Noch Fragen?«
Zwar warfen die Kams einander fragende Blicke zu, doch alle blieben stumm. Whu teilte die Lastwagen in sechs Gruppen zu je drei Fahrzeugen ein und setzte sich an die Spitze der zwei verbleibenden Fahrzeuge. Die Männer bestiegen ihre Trucks. Am fahlen Himmel kreisten Raubvögel und stießen heisere Schreie aus.
Als die beiden Laster unter dem Befehl Whus über die staubige Hauptstraße ins Dorf fuhren, trafen die Männer auf keinen Widerstand. Offensichtlich hatten die Abrazzen den verheerenden Angriff auf ihre Siedlungen vor sechzehn Jahren vergessen.
Die Kanoniere saßen in seitlich befestigten, schwenkbaren Kästen und richteten ihre Kanonen auf die Hütten aus Strohlehm. Davor saßen Kinder, oder sie spielten am Ufer des Bewässerungskanals. Die Männer, die sich an die Wände der Käfige klammerten – deshalb wurden sie auch Affen genannt –, öffneten die Klappen ihrer Gefängnisse.
Die Frauen begriffen sofort, dass die Kinderdiebe zurückgekehrt waren. Sie hatten unter den Vordächern ihrer kleinen Häuser gesessen und sprangen nun auf und stießen schrille Schreie aus. Durch das Geschrei alarmiert, kamen jetzt auch die Männer, mit altmodischen Gewehren bewaffnet, aus ihren Hütten.
Die Kinder liefen schreiend in alle Richtungen davon, die meisten jedoch die Hauptstraße entlang.
Whu stand auf einer schmalen Plattform hinter der Fahrerkabine und sah sie wie eine in Panik geratene Herde vor seinem Laster davonrennen. Staub wirbelte auf; das Licht
blendete; die Männer schrien aufgeregt. Das Jagdfieber hatte sie ergriffen.
Drei Netzkugeln wurden abgeschossen und trafen. In dem Moment öffneten sich die Netze und stülpten sich, Flügeln gleich, über die Fliehenden. Jetzt mussten die Netze nur noch eingeholt werden und die kleinen zappelnden Körper in die Käfige gesperrt werden.
Diese Arbeit erforderte viel Geschick, denn sonst wurden die Kinder verletzt und konnten nicht mehr verkauft werden.
Whu warf kurz einen Blick über die Schulter. Durch die Käfiggitter hindurch sah er drei Mütter seinem Lastwagen hinterherlaufen. Ein vergebliches Unterfangen! Er hörte trotz des Motorenlärms ihre verzweifelten Schreie …
Ein seltsames Gefühl überkam ihn, nicht Furcht, sondern eine dunkle Vorahnung, eine leise innere Stimme, dass diese Razzia in einem Blutbad enden würde, in unendlichem Leid.
Obwohl den Menschenfängern von diesen nur mit einem Lendenschurz bekleideten und schlecht bewaffneten Männern, die jetzt die Straße säumten, kaum Gefahr drohte. Die Frauen liefen wie aufgescheuchte Hühner umher und versuchten verzweifelt, ihre Kinder einzusammeln.
Jetzt schossen die Männer auf die beiden Laster. Doch ihre Gewehre richteten kaum Schaden an. Nur einer der Männer wurde getroffen und fiel zu Boden, worauf seine Kameraden sofort zu schießen begannen.
Whu klopfte viermal auf die Fahrerkabine. Der Fahrer bremste scharf und legte sofort den Rückwärtsgang ein. Bis der andere Fahrer das Manöver begriffen hatte, verging etwas Zeit, und so waren die beiden Lastwagen kurz darauf mehr als dreihundert Meter getrennt.
Der Himmel hatte sich inzwischen verfinstert. Heftiger Wind war aufgekommen, der nichts Gutes verhieß. Ein Schwefelsturm näherte sich ihnen.
Vielleicht ist dieser Sturm der wirkliche Feind, dachte Whu an die dunkle Vorahnung,
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