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Sternenzitadelle

Sternenzitadelle

Titel: Sternenzitadelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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Beschützer, der unseren Vorfahren den Zug der Raumschiffe zum Geschenk machte …«
    Ghë fühlte sich nicht wohl und rutschte auf ihrem quietschenden Klappstuhl hin und her. In den bombastischen, mit Nachdruck vorgetragenen Worten des kleinen Mannes, der in seinem pompösen Gewand mit dem breitkrempigen Hut auf der Bühne stand, erkannte sie versteckte Drohungen. Sofort versuchte sie, ihren Verdacht zu unterdrücken; einmal, weil sie fürchtete, von den Vigilanten erkannt zu werden, und zudem weil sie fürchtete, ihr aufkeimender Verdacht sei ein Zeichen einer beginnenden Geisteskrankheit.
    »Wir allein sind die geliebten Söhne der Erde«, verkündete der Herrscher Kwin. »Dieser Status impliziert Rechte, aber vor allem Pflichten. Die Erde braucht uns in demselben Maße, wie wir sie brauchen. Früher einmal wurde sie atomar verseucht, weil unsere wahnsinnigen Vorfahren das zuließen, und unsere vornehmste Pflicht wird es sein, die Erde von dem Übel zu befreien, das sie befallen hat«, tönte Kwin mit hohlem Pathos weiter.
    Entsetzen überkam Ghë, ein unerklärliches Entsetzen, das sie erschaudern ließ.
    »Unsere Vorfahren waren keine Opfer der nuklearen Pest. Nein, das war nicht das Übel. Zehntausend Jahre sind seitdem vergangen, und wie unsere Erinnerungshüter versichern, hatte die Erde inzwischen genug Zeit, um sich zu regenerieren. Aber wir wissen nicht, welcher Natur dieses Übel ist: Nur in unserer Hymne ist davon die Rede, es betrifft unsere Zukunft. In seiner großen Weisheit hat unser Beschützer El Guazer die Kasten geschaffen, eine Einrichtung, in der jeder nach seinen Fähigkeiten
zum Wohle der Gemeinschaft beitragen kann. Doch sind die Kasten nicht nur dieser Aufgabe verpflichtet, nein, sie waren auch damit beauftragt, unsere Rückkehr auf die Erde vorzubereiten, die Basis einer neuen Kultur zu schaffen. Seit Beginn unserer Irrfahrt hat eine jede von ihnen im Geheimen daran gearbeitet, einen Erwählten ausfindig zu machen, den Besten unter den Seinen. Diese zwölf Erwählten sind nun bekannt. Es sind zwölf wie die zwölf Kasten, zwölf, wie die zwölf Magnet-Söhne in unserer Hymne. Wenn die Erde in Sichtweite ist, wird eines unserer Raumschiffe von dem Zug abgekoppelt, und diese zwölf werden an der Spitze der Eingreiftruppe stehen, eine Truppe der Kastenlosen …«
    Ghë hatte sich immer gefragt, wozu die Kastenlosen nützlich waren – manchmal hatte sie sogar geglaubt, diese Menschen seien nichts als Schmarotzer –, jetzt bekam sie die Antwort: Die Gemeinschaft hatte sie wie Haustiere gehalten, um sie bei der Rückkehr zur Erde in vorderster Front gegen dieses unbekannte Böse kämpfen zu lassen. Sie waren keine Schmarotzer, sondern sollten als Stoßtrupp dienen.
    »Sobald die Versammlung aufgehoben ist, werden die Warner die Kastenlosen auf ihre militärische Aufgabe vorbereiten und ihnen entsprechende Instruktionen für die Landung erteilen …«
    »Warum instruiert ihr sie nicht öffentlich und mit lauter Stimme?«, hätte Ghë am liebsten geschrien. Wieder lief ihr ein kalter Schauder über den Rücken.
    »Von jetzt an messen wir die Zeit nicht mehr nach dem SALG-System, sondern nach der auf der Erde gültigen Zeitrechnung. Den Berechnungen der Astromen nach erreichen wir in fünf Erdentagen das Sonnensystem …«

    Ghë sah sich um und stellte fest, dass viele Frauen und Männer wütend waren und aufgebracht über die Rede Kwins, so wie sie.
    »Doch ehe wir unsere Seele erheben, wollen wir uns in einem Harmonischen Virnâ vereinen, unserem letzten Virnâ im All. Es begebe sich jetzt ein jeder auf sein kryptogenes Niveau und bereite sich auf die Trance vor.«
     
    »Folge mir, Schwester Ghë!«
    Der Mann war aus einem Seitengang aufgetaucht, hatte ihr Handgelenk ergriffen und sie in einen dieser engen, den Technikern vorbehaltenen Nebengänge gezogen. Nachdem sie sich von ihrer Überraschung erholt hatte, versuchte sie, sich freizumachen. Vergeblich. Da schrie sie laut auf.
    »Beruhige dich, Schwester Ghë. Ich will dir nichts tun.«
    »Lass mich los! Du tust mir weh.«
    »Nur etwas Geduld. Wir dürfen uns von den Vigilanten nicht erwischen lassen. Bald wirst du wissen, warum.«
    Da hatte Ghë jeden Widerstand aufgegeben. Der Gang wurde immer enger. Noch nie war sie so weit in das Innere des Raumschiffs vorgedrungen. Es war heiß und stickig, und sie rang nach Luft, während die Gedanken in ihrem Kopf rasten. Was wollte dieser Virnâ-Priester von ihr?
    »Verzeih mir, dass ich so

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