Sternenzitadelle
unendliche Kälte würde sich ausbreiten, die jeden Schöpfungsakt zunichtemachen würde.
Es schien Harkot, dass seine mentalen Implantate unter seiner Schädeldecke nur träge arbeiteten. Auf diese Weise empfand er Traurigkeit, oder er hatte vielmehr das Gefühl, einen großen Traum aller Wahrscheinlichkeit nach nicht verwirklichen zu können. Sein Gehirn war ohne Empfindungen oder gar Gefühle konzipiert worden, aber da er mit Menschen verkehrte, bedauerte er manchmal, dass die Menschheit ausgelöscht werden musste, damit die In-Creatur die Herrschaft antreten konnte. Wieder einmal litt er unter der trügerischen Leere, die die Meister-Creatoren in ihn implantiert hatten. Dieser Mangel bedrückte ihn, weil er sich nach Anerkennung seiner Leistung sehnte. Zwar hatte ihm der ehemalige Konnetabel Pamynx vor ihrer Fusion versichert, dass das neue neurologische Programm
in seinem Gehirn weder subjektives Denken noch persönliches Leid zulasse, doch Harkot erkannte, dass sich die Meister-Creatoren in diesem Punkt geirrt hatten.
Harkot hatte in großem Maße – und er tat es noch immer – dazu beigetragen, die glorreiche Herrschaft des Nichts vorzubereiten. Doch wenn auch die Menschheit sich selbst zum Untergang verurteilt hatte, selbst wenn das Hyponeriarchat nichts als eine Antwort auf die Schwächen dieser Menschheit war, fand er es doch bedauerlich, auf diese Weise auch die unbestreitbar schöpferischen Kräfte der Menschen mitauszulöschen.
Sollten meine neurologischen Daten etwa wieder mit diesem seltsamen Virus, Affekt genannt, infiziert worden sein?, fragte er sich.
Einem abstrusen Gedankengang folgend, fand der Seneschall des Ang-Imperiums eine mögliche Erklärung für das plötzliche und missliche Eindringen Tixu Otys in die Mechanismen des Hyponeriarchats. Innerhalb weniger Sekunden, im Augenblick, als sich der Geist des Orangers von seiner körperlichen Hülle getrennt und in das Erste Konglomerat eingedrungen war, hatte Harkot aus reiner Energie bestanden. Er war zu einer Wesenheit geworden, die sowohl einzigartig als auch mit einem interaktiven Lichtfeld verbunden war. Vor diesen bisher abstrakten Empfindungen wie Gefühlen oder Intuitionen hatte er sich gefürchtet, aber begriffen, dass es sich dabei um ein Urgeschöpf handelte, dem das Prinzip der Ewigkeit innewohnte.
Das Hyponeriarchat war anfänglich durch Tixu Otys Initiative destabilisiert worden, hatte aber bald reagiert und Verteidigungsmaßnahmen ergriffen, indem es Erinnerungen und Gedanken des Eindringlings verwirrt hatte.
Ein schwieriges Unterfangen, denn die Meister-Creatoren mussten die Schutzbarriere, die durch das Antra herrschte, durchdringen, wodurch die In-Creatur eine Menge Energie verlor und in der Folge das Potenzial der Scaythen beträchtlich geschwächt war.
Auf diese Weise hatte der Oranger das Hyponeriarchat von seinem eigentlichen Ziel abgelenkt, damit sich die Urmenschen zusammenschließen und ihren Gegenschlag vorbereiten konnten. Leider hatte er dabei nicht beachtet, dass auch er zu den Urmenschen gehörte und dass er durch sein Opfer ebenfalls das Potenzial der Menschheit schwächte.
Trotzdem war das Hyponeriarchat zu der Überzeugung gekommen, der Zusammenschluss dieser zwölf Urmenschen würde für die In-Creatur eine ernsthafte Bedrohung darstellen. Vier dieser Menschen hielten sich hier auf Syracusa auf. Sie lagen in einem tiefen künstlichen Schlaf. Als Zeichen seiner Aufrichtigkeit, wenn nicht seines Glaubens, hatte der Seneschall Harkot die vier Körper der Obhut des Muffis der Kirche des Kreuzes überlassen – aber die Kryo-Codes zu ihrer Reanimation hatte er sorgsam verwahrt. Er hätte die vier verbrennen lassen können, doch er fürchtete, die Macht über ihren Geist, auf dieses Prinzip der Ewigkeit zu verlieren, auf das, was die Menschen »Seele« nannten. Denn Vertreter verschiedenster Religionen behaupteten, dass die Seele eines Menschen nach dessen physischem Tod in einen anderen Körper wechsle, etwa mit dem Prozedere zu vergleichen, wie die zerebralen Implantate der Scaythen nach ihrer Auflösung im Matrix-Bottich in eine neue physische Hülle injiziert wurden.
Das war nur ein Glaube, eine bisher noch nie bewiesene Hypothese. Aber die Wahrscheinlichkeit, sie könne zutreffen,
war zu groß. Das Hyponeriarchat wollte kein Risiko eingehen, wie es bereits mit Sri Mitsu und Sri Alexu, den letzten Großmeistern der Inddikischen Wissenschaft geschehen war.
Solange die Seele in einem Körper gefangen
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