Sternenzitadelle
Shari hatte auf einer Seite seines Körpers einen entsetzlichen Schmerz verspürt, und eiskalter Schweiß hatte ihn vom Kopf bis zu den Füßen wie ein Leichentuch umhüllt. Denn er war sich gewiss, dass auf Ephren ein Unglück geschehen war. Doch weil der Kontakt zu Oniki und Tau Phraïm noch nicht unterbrochen war, hatte er beschlossen, seinen Plan durchzuführen. Es war bereits zu viel Zeit verloren gegangen, und der Blouf – das alles verzehrende Böse – gewann immer mehr Macht, auch wenn Tixu sein Ausbreiten hatte verlangsamen können.
Sobald wir Aphykit, Yelle und die beiden Jersaleminer befreit haben, reise ich zum Planeten Ephren, dachte Shari. Aber es genügt nicht, sie wiederzubeleben, nein, wir müssen einen Weg finden, die vier in eine andere Welt zu transportieren, weil nur Aphykit die Kunst beherrscht, auf ihren Gedanken zu reisen. Am besten geschieht das mit den Deremats der Kirche, die sich in der Nähe in einer Reparaturwerkstatt befinden. Diese Geräte sind zwar veraltet, aber sie funktionieren, denn sie werden von einigen hochgestellten Mitgliedern des Episkopats regelmäßig für Geheimreisen benutzt, das habe ich mit eigenen Augen gesehen, überlegte Shari.
Die Zweite Nacht war hereingebrochen, als die Gefährten den kaiserlichen Palast erreichten. Obwohl Jek auch dieses Gebäude während seiner mentalen Reisen mehrmals besucht hatte, war er von der Majestät des Herrschersitzes überwältigt. Er thronte hell erleuchtet auf einem Hügel am Rand Romantiguas wie ein Diadem auf dem Haupt einer Königin. Sie gingen in den öffentlichen Park. Die mit rosafarbenem
Steinsalz bedeckten Wege und Alleen funkelten und glänzten im Schein der schwebenden Lichtkugeln. Die beiden Halbmonde der orangeroten Nachtgestirne standen über den hoch aufragenden Wachtürmen der Gedanken. Diener, Scaythen, Interlisten und Geistliche drängten sich auf der von Säulen gesäumten Freitreppe vor dem Palast. Ständig neu ankommende Taxikugeln und Personenairs spien ununterbrochen Menschen aus, Besucher der transparenten Kathedrale, die mit der Residenz des Imperators durch einen Gravitationskorridor verbunden war.
Jek spielte eine Weile mit einem Vogel, der seine Schwanzfedern zu einem farbenprächtigen schillernden Rad ausbreitete. Shari gelang es unter großen Mühen, die Kontrolle über sich selbst wiederzugewinnen.
Wir haben nur wenig Handlungsspielraum, dachte er, und ich darf mich auf keinen Fall durch irgendwelche Gefühle ablenken lassen. Es geht um die Zukunft der Menschheit. Schließlich haben wir unsere Aktion gut vorbereitet und seit unserem Besuch im Tempel der Inddikischen Annalen sowohl den Kaiserpalast als auch den Bischöflichen Palast bis in den letzten Winkel ausgeforscht und ständig das Umstellen des Codes überwacht.
Vier Standardstunden zuvor hatten beide beschlossen, dass die Zeit zum Handeln günstig sei. Zuerst waren sie auf den Planeten Marquisat gereist und hatten dort letzte Vorbereitungen getroffen. Außer der Kleidung hatten sie Waffen gekauft, kurzläufige Todeswellen, die sie in einer Innentasche ihrer Jacken trugen. In einer Dependance des Gesundheitsamts hatten sie für die Reanimation bestimmte Medikamente gestohlen und diese, exakt dosiert, in Spritzen aufgezogen. Diese Spritzen trug Shari, von einer flachen Schachtel geschützt, unter seinem Colancor am Körper.
Doch ehe sie das Medikament den vier kryogenisierten Menschen injizierten, mussten sie noch den jeweiligen genetischen Code hinzufügen.
»Hast du auch alles behalten?«, fragte Shari Jek. »Wir haben noch etwa eine Stunde Zeit, ehe die Codes woanders platziert werden …«
Der Anjorianer hörte auf, mit dem Pfau zu spielen und sah den Mahdi ernst an.
»Als Erstes hole ich den Code aus dem Safe der kaiserlichen Staatskasse«, antwortete er schnell, als würde er eine Lektion aufsagen. »Dann den Code, der in der Magnetkugel im Hauptquartier der Purpur-Garden aufbewahrt wird. Daraufhin stoße ich in dem Raum zu dir, wo Yelle und die anderen liegen. Diese drei Aktionen dürfen nicht länger als fünf Sekunden dauern …«
Nachdem Jek diese Worte ausgesprochen hatte, wurde ihm erst bewusst, dass alles von diesen wenigen Sekunden abhing, nicht nur sein Leben, sondern auch das von Yelle, Aphykit, San Francisco und Phoenix und die Zukunft seiner Eltern sowie aller Menschen. Ein kalter Schauder überlief ihn.
»Fünf Sekunden! Auch mir bleibt nicht mehr Zeit für die beiden anderen Codes«, sagte Shari mehr zu sich
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