Sternhagelgluecklich
Ausflüchte erklären zu müssen, fühlt sich unangenehmer an als Schneeregen und ein übler Kater zusammen. Statt zu kneifen und mich dafür den Rest des Tages zu schämen, reiße ich mich zusammen – und bin darüber für den Rest des Tages glücklich.
Auch mit der Eintönigkeit, die vorher so demotivierend gewirkt hat, ist es vorbei: Im Gegensatz zu den eigenen sportlichen Aktivitäten, die sich schnell wiederholen, wird Personal Training nie langweilig. Ständig gibt es neue Übungen, Variationen, Abwechslung. Und Ideen, auf die ich alleine auf dem Laufband oder an den Foltergeräten des Rückentrainings eben nicht kommen würde: Mit einem Rollbrett unter den Füßen im Liegestütz um ein Hindernis herumzukreisen, macht zum Beispiel mindestens so viel Spaß wie auf dem iPhone Angry Birds zu spielen – ist aber besser für die Bauchmuskeln.
Schnee – für mich bisher immer ein sofortiger Dealbreaker, wenn es ums Laufen an der frischen Luft ging – scheint meinen Personal Trainer nur anzustacheln. »Morgen früh um acht im Park«, gibt er mir zum Trainingsende mit auf den Weg. Und natürlich ist das gemeinsame Lauftraining abwechslungsreicher als einsames Joggen. Es gibt nicht nur verschiedene Routen, Temposteigerungen und Intervalle, sondern der lizenzierte Personal Trainer und Ernährungsberater verrät mir auch, warum meine Armbewegungen beim Laufen die Ursache für meine Knieschmerzen sein könnten – und was ich tun kann, um das abzustellen.
Die langen eingeschneiten Treppen im Park scheucht er mich trotzdem mit einem freundlich-diabolischen Grinsen hinauf. Immer und immer wieder. Erst normal, dann schnell, dann zwei Stufen auf einmal, dann drei. »Komm, das schaffst du!«, feuert er mich an, während ich mich dampfend wie eine Lokomotive, aber nur halb so zielstrebig, ein letztes Mal nach oben kämpfe. »Und jetzt brennen die Oberschenkel«, sagt er nonchalant, als wir oben stehen und auf die Stadt unter uns schauen. Dafür fühle ich mich nun nicht mehr wie Ivan Drago im dunklen Hightechlabor, sondern wie Rocky höchstselbst, nachdem er die Treppenstufen in Philadelphia hochgerannt ist – eine Schlüsselszene, die sich in jedem der Filme wiederholt. Ich bin überglücklich – und das, obwohl mir gerade geschmolzener Schnee in den Kragen meiner Sportjacke läuft. Es hat tatsächlich geklappt – mein innerer Schweinehund ist besiegt und liegt winselnd im Schnee. Aber ich hatte ja auch Hilfe.
Als wir durch den Schnee zurück zum Parkplatz gehen, frage ich Marco, ob er das Gefühl hat, mit seinem Job als Personal Trainer seinen Kunden zu mehr Glück und Zufriedenheit zu verhelfen.
»Das ist einer der Gründe, warum ich mir diesen Beruf ausgesucht habe«, sagt er und macht dabei große Atemwolken. »Ich erlebe, wie sie durch das Erreichen einer gewissen Grundfitness mehr von ihrem Leben haben. Ein gesteigertes Selbstwertgefühl, das man durch sportliche Leistung bekommt, trägt viel dazu bei, Glück und Zufriedenheit zu spüren. Sport heißt, dass ich mich mit meinem Körper befasse. Er verstärkt aber auch meine sozialen Kontakte und hilft mir, mit mir selbst im Reinen zu sein. Und das sind in meinen Augen drei extrem wichtige Voraussetzungen für anhaltendes Glück.«
Nach einer weiteren Woche Training kann ich auf alle Fälle eine positive Wirkung feststellen. Nicht nur, dass durch den Sport meine Laune für den Rest des Tages besser ist. Ich habe auch das paradoxe Gefühl, trotz einer gewissen Erschöpfung mehr Energie zu haben. Dass nach einer Weile mein Bauch im Sitzen nur noch zwei statt drei Falten wirft, steigert das Glückslevel zusätzlich. Ebenso die Tatsache, dass plötzlich wieder Hosen passen, die in den letzten beiden Jahren ungetragen und vorwurfsvoll im Schrank hingen.
Das einzige Problem: Dauerhaft zwei Mal pro Woche mit einem Personal Trainer zu trainieren, kann ich mir nicht leisten. Kann Geld also doch glücklich machen? Vielleicht, wenn man es für die richtigen Dinge ausgibt?
Vorleser unerwünscht
Der Muskelkater ist noch nicht ganz abgeklungen, als ich mich auf den Weg zum Seniorenheim mache. Der Leiter der Einrichtung stellt Kekse und Mineralwasser hin. Dann besprechen wir, wie ich mich ehrenamtlich betätigen könnte. »Spielen Sie Skat?«, fragt er mich. »Wir haben eine Skatrunde, die könnten noch ein wenig junge Unterstützung gebrauchen.«
Ich antworte, dass ich leider weder Skat noch andere Kartenspiele jenseits von Maumau und 17 und 4 beherrsche.
»Na, das
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