Sternhagelverliebt
den fünf Tagen, die ich mir das Hirn über den perfekten Titel zermartert habe.
Ich betrachte den Zeitschriftenstand. Er ist fest verschlossen, und der Besitzer ist nirgends zu entdecken. Verdammt! Wann wird er geöffnet? Ich werfe einen Blick auf das Schild. Neun Uhr. Natürlich. Um neun Uhr muss ich vier Blocks von hier im 29 . Stockwerk sein. Verflucht seist du, Universum!
Doch vielleicht kann ich mir ja einfach ein Exemplar nehmen? Ich könnte meinen Schlüssel benutzen, um die Plastikverpackung …
Nein, nein, nein! Ich werde den ersten Tag vom Rest meines Lebens nicht damit beginnen, etwas zu stehlen. Schon wieder.
Obwohl … Ich könnte etwas Geld liegen lassen, denn dann wäre es kein Diebstahl, oder? Aber was passiert, wenn andere Leute sich auch Zeitschriften nehmen und kein Geld dalassen? Dann habe ich zwar nichts geklaut, doch ich habe eine Situation geschaffen, die andere Menschen zum Stehlen einlädt, und das ist mindestens genauso schlimm, stimmt’s?
Dir bleiben noch
20
Minuten, um den ersten Tag vom Rest deines Lebens zu beginnen. Vergiss das Magazin. Du hast genug Zeit, um es später zu lesen. Außerdem hast du ja alles schon live erlebt. Geh endlich weiter!
Voller Bedauern, aber entschlossen verlasse ich den Zeitschriftenstand. Ich erreiche den modernen Empfangsbereich von
The Line
um acht Minuten vor neun und schlendere zuversichtlich zu der rothaarigen Rezeptionistin mit dem Nasenring.
»Kate Sandford – melde mich zum Dienst.«
»Hä?«
Der Satz hat schon bei John Kerry nicht funktioniert. Nächster Versuch.
»Mein Name ist Kate. Heute ist mein erster Tag.«
»Tatsächlich?«
Oh, mein Gott! War das alles ein Scherz? Hat Bob mich reingelegt?
Ich probiere es ein letztes Mal, ehe ich in totaler Panik aus dem Gebäude flüchten werde.
»Ich soll mich um neun Uhr mit Elizabeth treffen.«
Ihr Blick wird klarer. »Ach, richtig. Sie hat da etwas erwähnt. Ich werde ihr kurz Bescheid geben.«
»Danke.«
»Du kannst da vorn Platz nehmen.«
Nervös setze ich mich auf das Sofa und betrachte die Zeitschriften auf dem Couchtisch. Die Ausgabe von
Gossip Central
von letzter Woche liegt da, doch was nützt das?
»Kate? Schön, dich wiederzusehen?«, sagt Elizabeth ein paar Minuten später. Sie trägt eine enge dunkle Jeans und dazu ein pinkfarbenes ärmelloses Hemdchen.
Stilvoll und komisch sprechend wie immer.
Ich erhebe mich und schüttele ihr die Hand. »Danke, Elizabeth. Freut mich auch.«
»Großartig? Komm mit?«
Sie führt mich in einen Flügel des Büros, wo sich eine lange Reihe von Arbeitsnischen befindet, die mich an das Klatsch-Callcenter im 27 . Stock erinnern. An einem leeren Arbeitsplatz, der gegenüber von einem großen Büro mit Glasfront ist, bleibt sie stehen.
»Also, das hier ist dein Arbeitsplatz?«
Ich betrachte die schlichten Trennwände aus Stoff. Darin stecken einige verstreute Reißzwecken, außerdem gibt es ein schickes Telefon und einen Schreibtischstuhl.
»Perfekt.«
»Bist du bereit, anzufangen?«
Sicher, nur … Wieder einmal bin ich hier, um einen Job anzutreten, und weiß nicht mal genau, worum es eigentlich geht. Ich schätze, das ist typisch für mich.
»Äh … Also, was genau sind meine Aufgaben?«
»Du kümmerst dich erst einmal um die kleineren lokalen Bands? Und erstattest mir Bericht? Aber auf der Redaktionssitzung werden wir das vertiefen? Um elf?«
»Gut, großartig.«
»Die Sitzung findet im ›Nashville Skyline‹-Zimmer statt? Du erinnerst dich?«
Werde ich das jemals vergessen dürfen?
»Ja. Und die Geschichte tut mir echt leid.«
Sie zeigt mir ihre Zähne. »Kein Problem? Ich glaube, man sollte die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen?«
»Danke.«
»Warum richtest du dich nicht erstmal ein? Ach, und ich habe etwas für dich?« Sie geht in ihr Büro, nimmt etwas von ihrem Schreibtisch und bringt es mir. »Ich dachte, dass du das hier vielleicht lesen möchtest?«
Beinahe ehrfürchtig nehme ich die neueste Ausgabe von
Gossip Central
aus ihren Händen entgegen. Ein so großer Teil meines Lebens scheint mit diesen glänzenden Seiten verbunden zu sein.
Sie geht in ihr Büro, und ich setze mich an meinen Schreibtisch, um meinen Artikel zu lesen. Zwölf Seiten, voller greller Bilder von Amber und Connor. Am Anfang steht mein Name. Berichterstattung und Story von Kate Sandford. Das bin ich, das bin ich!
Mein Handy piept. Es ist eine SMS von Amber.
Lies es. Es ist perfekt. ☺
Danke.
Das Telefon klingelt
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