Sternhagelverliebt
und allem, was geschehen ist, erscheine ich ein paar Minuten zu spät zur Gruppentherapie.
Als ich mich im Gemeinschaftsraum nach einem freien Stuhl umsehe, wird mir schlagartig klar, dass Amber es ernst gemeint hat, als sie zu Zack sagte, sie müsse sich auf eine Vorstellung vorbereiten. Sie trägt eine braune Cordhose und eine braune Bluse. Ihr Haar hat sie zu zwei Zöpfen gebunden. Sogar ihre Zunge schaut ein Stück zwischen ihren Lippen hervor.
Ich unterdrücke ein Lachen, als ich mich auf den Stuhl neben ihr setze. Die Atmosphäre im Raum ist angespannt. Saundras Schultern sind hochgezogen, obwohl sie ihr Bestes tut, um locker und professionell zu wirken.
»Wie ich gerade schon gesagt habe, ist es wichtig, dass wir darüber sprechen, was gestern Nacht mit Candice passiert ist und wie Sie darauf reagieren. Ich weiß, dass einige von Ihnen bereits in den Einzeltherapiesitzungen darüber geredet haben, aber ich dachte, es wäre eine gute Idee, es gemeinsam zu besprechen. Möchte jemand beginnen?«
»Wo warst du?«, stößt Amber aus dem Mundwinkel hervor.
»Ich habe an deinem Fluchtplan gearbeitet«, flüstere ich zurück.
»Echt?«
»Amber, Katie. Gibt es etwas, das Sie gern mit der Gruppe teilen möchten?«
Ambers Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen. »Katie wollte nur wissen, woher Sie den Pullover haben.«
Die gesamte Gruppe bricht in Lachen aus. Saundra trägt einen Pullover, der ihren Oberkörper wie einen Pudel aussehen lässt.
»Ich würde Sie beide bitten, etwas respektvoller zu sein – vor allem angesichts des Themas.«
»Tut mir leid, Saundra. Kommt nicht wieder vor«, sage ich.
Amber wirft mir einen bösen Blick zu. Sie sinkt auf ihrem Stuhl in sich zusammen und starrt aus dem Fenster. Ihre Haltung wäre bestimmt überzeugender, wenn sie nicht in einem Hundekostüm stecken würde.
Der Drehbuchautor hebt seine Hand und fängt an, von seinem eigenen Selbstmordversuch zu sprechen. Doch meine Aufmerksamkeit konzentriert sich auf Amber.
Plötzlich ruft Saundra: »Was ist los, Amber?«
Amber sitzt auf ihrem Stuhl, und irgendetwas, das sie vor dem Fenster sieht, scheint ihr die Sprache verschlagen zu haben.
»Amber? Ist alles in Ordnung?«, frage ich.
Amber hebt eine zitternde Hand und zeigt mit dem Finger auf etwas. »Was zur Hölle macht der denn hier?«
Unsere Blicke folgen Ambers Finger. Der Van, mit dem Amy gerade weggebracht wurde, ist schon wieder zurück. Und heraus klettert …
»Ist das nicht James Bond?«, sagt der Anwalt.
»Nein«, entgegnet Amber mit Grabesstimme. »Das ist der
junge
James Bond.«
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9. Kapitel
Der Affe auf meinem Rücken
I ch stehe am Rand des Weges und binde langsam, ganz langsam meine Laufschuhe zu, um das Joggen so lange wie möglich hinauszuzögern.
Das Frühstück ist vorbei, und die süßlich duftende Luft ist schon sehr warm.
Eine Hitzewelle im Mai! Go, Klimawandel, go.
Ich bin hier, um zu laufen. Ich will nicht, aber ich werde es tun. Ich werde den Vorsatz einhalten, den ich gestern gefasst habe, und mindestens fünf Minuten am Stück laufen – und wenn es das Letzte ist, was ich tue. Oder waren es sechs?
Ich rücke Amys Uhr an meinem Handgelenk zurecht. Ich fand sie als Abschiedsgeschenk auf meinem Bett, als ich nach dem Aufruhr, den Connor Parks’ Ankunft ausgelöst hatte, in mein Zimmer zurückgekehrt war. Amys schlichte Geste brachte mich zum zweiten Mal am gestrigen Tag zum Weinen.
Die abstinente Katie wird verdammt noch mal zu weich. Ich muss hier raus, ehe ich auch noch den letzten Rest Selbstkontrolle verliere.
Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, checkte ich kurz die einschlägigen Internetseiten. Erstaunlicherweise schien niemand zu wissen, dass Connor Parks in der Entzugsklinik war. Also der perfekte Ort für mich, um alle möglichen vertraulichen Dinge über ihn herauszubekommen.
Es ging bergauf.
Langsam richte ich mich nun auf. Meine Bewegungen scheuchen einen Vogel aus seinem Nest auf. Das laute Flappflappflapp seiner Flügel echot durch den Wald.
Ich frage mich, was DJJB (alias Der junge James Bond alias Connor Parks) hier tut. Hat er tatsächlich ein Alkohol-/Drogenproblem oder geht es nur um Amber? Und wieso zur Hölle weiß die Welt nicht, dass er hier ist?
Tja, aus welchem Grund auch immer – ich habe mich bereits darum gekümmert. Oder vielmehr: Bob hat das getan.
Ich kann einen solchen Knüller nicht zurückhalten , antwortete er auf die E-Mail, die ich ihm gestern noch schickte. Selbst wenn
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