Sternhagelverliebt
schiebe mir die Haare aus dem Gesicht und mache eine Bestandsaufnahme: Erstaunlicherweise bin ich bis auf ein paar Schnittwunden, eine Menge Schlamm und die Beule, die sich an meinem Hinterkopf bildet, unversehrt.
Meine Schwester sieht mich an, als würde sie einen ihrer Schüler nach verbotenen Gegenständen kontrollieren. »Also, was machst du hier?«
»Ich fahre Mountainbike.«
»Du weißt, was ich meine.«
In meinem Kopf überschlagen sich die Gedanken. Was kann ich sagen? Ich fürchte, ich muss zumindest einen Teil der Wahrheit verraten.
Ich hasse mein verdammtes Leben.
»Sie ist mit mir unterwegs«, antwortet Amber an meiner Stelle und schiebt ihr Rad zu uns. Sie ist voller Schlammspritzer, aber trotzdem sieht sie aus, als würde sie gleich für das Cover des
Outdoor
-Magazins posieren.
Sie mustert mich von Kopf bis Fuß. »Scheiße, Katie. Du bist ein totales Wrack.«
»Danke.«
»Ist alles in Ordnung?«
»Ja, ganz toll.«
»Das ist Amber Sheppard«, meint meine Schwester plötzlich.
»Gott, Chrissie! Zeig doch mal ein bisschen Taktgefühl.«
»Wer ist Amber Sheppard?«, fragt mein Dad.
Amber wirft Chrissie ein reizendes Lächeln zu. »Du musst Katies Schwester sein.«
»So ist es. Woher kennst du Katie?«
Amber wendet sich meinem Vater zu. »Und Sie müssen Katies Dad sein. Es tut mir leid. Es ist meine Schuld, dass Katie hingefallen ist. Ich bin zu schnell gefahren.«
Er lächelt mich liebevoll an. »Katie mochte es schon immer gern schnell.«
Zwei durchtrainierte, sonnengebräunte Typen Mitte zwanzig in engen Shorts und rot-weißen Shirts tauchen auf ihren Fahrrädern auf und kommen schlitternd zum Stehen. Einer von ihnen transportiert ein Spineboard auf dem Rücken.
»Hat jemand um Hilfe gebeten?«
»Sie war’s«, sagen Amber und ich wie aus einem Mund und zeigen auf meine Schwester.
Eine Stunde später bin ich von Kopf bis Fuß untersucht und zur Seilbahn getragen worden, und mein Gesicht ist fast wieder frei von Schlamm. Unterwegs wird Dad darüber informiert, wer Amber ist, und meine Schwester stellt ihr so viele persönliche Fragen, dass selbst Saundra vor Neid erblassen würde. Die einzige Frage, die Amber nicht beantwortet hat, ist die, wie sie mich kennengelernt hat, aber ich weiß, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis es ans Licht kommt. Tatsächlich kommt kurz darauf Carol in das Untersuchungszimmer der Sanitäter.
Ich bemerke, wie Dads Blick auf das
Oasis
-Logo auf Carols T-Shirt fällt und dann zu mir wandert. Ich hole tief Luft und erwarte das Unvermeidliche.
»Katie … arbeitest du in der
Cloudspin Oasis?
«
Oh, Dad. Danke, dass du das zuerst gefragt hast.
»Nein, Dad.«
»Bist du eine … Patientin?«
»Was?«,
platzt Chrissie hervor und starrt mich an. »Du bist was?«
»Ja, Dad.«
»
Du
machst eine Entziehungskur?«
Ich beachte meine Schwester gar nicht und konzentriere mich auf meinen Dad. Er sieht unglaublich traurig aus, doch irgendwie nicht überrascht.
»Ja, das stimmt.«
»Nein!«
Ich werfe Chrissie einen bösen Blick zu. »Würdest du das lassen, Chrissie?«
»Entschuldige«, sagt sie. Sie klingt zerknirscht, sieht jedoch so aus, als würde Weihnachten dieses Jahr schon früher stattfinden.
»Wegen Alkohol?«, fragt mein Dad.
Ich nicke. »Wegen Alkohol.«
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18. Kapitel
Nach Art der Familie
W arum haben Sie Ihrer Familie nicht Bescheid gesagt, dass Sie einen Entzug machen?«, will Saundra am nächsten Tag wissen.
»Ich wollte sie nicht aufregen.«
»Warum, glauben Sie, würde sie das aufregen?«
Ich wollte einfach nicht, dass sie denken, dass … ach, zum Teufel.
»Würde es Sie nicht aufregen, wenn Ihre Tochter eine Entziehungskur machen würde?«
Saundra wirft mir eines dieser ermutigenden Lächeln zu, das mich nie so richtig ermutigen kann. »Ich wäre stolz auf sie, weil sie erkannt hat, dass sie ein Problem hat. Und ich wäre erleichtert.«
»Erleichtert?«
»Einen Suchtkranken in der Familie zu haben kann sehr anstrengend sein.«
»Das glaube ich.«
Saundra betrachtet mich. »Katie, Sie sind eine unabhängige Frau, und ich weiß, dass Sie gern glauben, alle Probleme allein lösen zu können, aber das können Sie nicht.«
»Ich weiß das.«
»Warum versuchen Sie es dann trotzdem?«
»Ich denke nicht, dass ich das tue. Ich bin schließlich hier, oder?«
»Ja, das sind Sie. Und das ist ein wirklich großartiger erster Schritt.«
»Ich dachte, ich wäre schon bei Schritt 5 .«
Sie verzieht den Mund zu einem
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