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Sternschnupperkurs

Sternschnupperkurs

Titel: Sternschnupperkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jill Mansell
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höchstwahrscheinlich längst nicht mehr hochmodern.
    Dennoch gab es eine Ehrfurcht einflößende Anordnung von Knöpfen, Gleitschaltern und Schiebern. Lucille, deren einzige frühere Erfahrung mit einem Aufnahmestudio in einem muffigen, kleinen Treppenschrank bestand, war zutiefst beeindruckt.
    Doch dann hörte sie auf, sich im Raum umzusehen und richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Musik, denn dafür hatte Jaz sie schließlich hergebeten.
    Er will meine Meinung hören, dachte Lucille und staunte über ihre eigene Vertrauensseligkeit. Es war, als würde Eric Clapton das Krümelmonster um einen Rat bitten.
     
    »Und?«, fragte Jaz drei Minuten später, als die letzten Noten verklungen waren.
    Die winzigen Härchen in Lucilles Nacken reckten sich nach oben. Sie sah auf ihre Fingerknöchel – sie waren weiß. Nur sehr wenige Songs hatten diese tiefe Wirkung auf sie.
    Laut sage sie: »Tja, ich denke, du bist
vollkommen
verrückt.«
    Jaz schaute sie ausdruckslos an. »Warum?«
    »Wenn du das geschrieben hast, dann verstehe ich beim besten Willen nicht, warum du es nie veröffentlicht hast. Ich meine, ich weiß ja, dass Hardrock dein Ding war, aber du hättest es doch als Single veröffentlichen können.« Lucilles Augen waren vor Staunen ganz groß geworden. Sie streckte ihm ihre Hände entgegen. »Schau mich an … ich zittere immer noch!
So
gut ist es. Und ich wette, du hast es nie für eins deiner Alben in Betracht gezogen, weil es so anders war … Himmel, was für eine Verschwendung!«
    »Der Song ist für dich«, sagte Jaz. »Ich möchte, dass du ihn bekommst. Ich will, dass du ihn aufnimmst. O Gott, nicht weinen!«
    »Das kannst du nicht tun.« Lucille war wütend auf sich selbst – und es fehlte ihr eindeutig ein Taschentuch, darum war sie gezwungen, sich mit dem Saum ihres schlüsselblumengelben Tops die Augen zu trocknen. »Du kannst mir nicht den besten Song überlassen, den du je geschrieben hast, nur weil ich dir
leid
tue.«
    »Das ist es doch gar nicht.« Jaz schüttelte den Kopf und strich sich die Haarsträhnen aus dem Gesicht. »Du tust mir nicht leid.«
    »Doch, du bemitleidest mich«, fuhr Lucille ihn an. »Weil ich nicht einmal dann einen anständigen Song schreiben könnte, wenn mein Leben davon abhinge! Also beschwichtigst du dein Gewissen, indem du einen deiner alten Songs ausgräbst, eine kleine Nummer, die du irgendwann mühelos in zehn Minuten zu Papier gebracht hast, als du gerade mal völlig anders drauf warst, und jetzt gibst du ihn mir als eine Art …
Trostpreis
…«
    »Aber …«
    »Nein, lass mich ausreden.« Lucille hielt die zitternden Hände hoch, die Worte kamen immer schneller. »Es tut mir leid, wenn ich undankbar klinge, und wahrscheinlich hast du es wirklich gut gemeint, aber was mich betrifft, finde ich es herablassend. Ich fühle mich wie eine Robbe, die keinen Ball auf der Nase balancieren kann, aber du wirfst mir trotzdem eine Sardine zu.«
    Ihr ging der Atem aus. Sie presste die Lippen zusammen und starrte angestrengt auf die graue Styroporwand, unfähig, Jaz in die Augen zu schauen.
    »Fertig?«, fragte er zu guter Letzt.
    Lucille nickte. »Ja.«
    »Das ist alles? Bist du sicher?« Er hob die Augenbrauen. »Wenn ich jetzt etwas sage, versprichst du dann, mich nicht zu unterbrechen?«
    O Gott, jetzt habe ich ihn wütend gemacht, dachte Lucille. Er hält mich für eine pampige, undankbare Kuh, und er ist zutiefst beleidigt.
    Eine Kombination aus Stolz und PMS musste daran schuld sein, anders war es nicht zu erklären.
    Lucille fühlte sich zittrig, als sie ihre Zöpfe in den Nacken warf und sagte: »Schieß los.«
    Auweia, das erinnerte total an einen patzigen Teenager.
    »Ich danke dir wirklich
sehr
«, erwiderte Jaz seidenweich. »Also gut, siehst du den Aktenschrank da drüben? Da drin sind alle meine alten Bänder, in der dritten Schublade von unten. Songs, die ich angefangen und nie vollendet habe. Songs, die ich nicht verwendet habe. Ideen für Songs, die nie umgesetzt wurden.«
    »Ja
und

    Zum Teufel, man höre mir nur zu, dachte Lucille, insgeheim über sich selbst entsetzt.
    »
Und
aus diesem Aktenschrank stammt der Song nicht! Den Schrank habe ich seit über drei Jahren nicht aufgeschlossen. Was du gerade gehört hast, ist keiner meiner alten Songs. Ich habe ihn heute Nachmittag geschrieben. Und zu deiner Information: ich habe ihn nicht in zehn Minuten aus dem Ärmel geschüttelt.« Ruhig fügte er hinzu: »Und es war auch keineswegs mühelos, das kann

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