Sternschnupperkurs
pechschwarzen Dunkelheit hatte Baxter Probleme, seinen Stock zu finden. Sie hörte, wie er danach schnüffelnd durch das Unterholz krachte. Hin und wieder sah sie sein Schwanzende wedeln.
Es war überhaupt nicht merkwürdig, seine Probleme mit Baxter zu bereden, fand Suzy. Eigentlich fühlte es sich sogar tröstlich an, richtiggehend therapeutisch.
Sie hielt sich an den Weg und hob ihre Stimme, damit er sie hören konnte. »Die Sache ist die, Leo ist der, den ich eigentlich mag. Ich wollte nicht, dass es so kommt, aber es ist so gekommen. Und meine Gefühle für ihn sind ganz anders als die Gefühle, die ich für Harry hatte. Eigentlich habe ich noch nie für jemanden so empfunden.«
Baxter keuchte jubilierend und kam durch das Gras auf sie zugelaufen. Der Stock ragte verwegen aus seiner Schnauze, und er sah aus wie Groucho Marx, der an einer Zigarre nuckelt.
Suzy nahm ihm den Stock ab und warf ihn erneut in den tintenschwarzen Himmel.
»Eigentlich jagt es mir Angst ein«, rief sie ihm hinterher. »Leo denkt, ich sei furchtbar. Ich sei eine Schande. Nicht gut genug, um seinen kostbaren Bruder zu heiraten. Und dabei will ich Harry gar nicht heiraten. O Gott, Baxter, was soll ich nur tun?« Suzys Stimme hob sich zu einem Wehklagen. »Wie kann ich aufhören, so für Leo Fitzallan zu empfinden? Ich denke dauernd an ihn, weiß du, die ganze Zeit! Ich frage mich, wie er ohne Kleider aussieht. Um Himmels willen, was ist, wenn ich mich in ihn verliebe? Wie kann ich verhindern, dass ich mich in jemand verliebe, der mich nicht liebt?«
»Du musst mit ihm poppen!«, rief eine Männerstimme aus den Tiefen der Büsche. Suzy merkte, wie ihr das Herz abrupt bis zum Hals schlug. Wimmernd vor Entsetzen stolperte sie nach hinten, und einen verrückten Augenblick lang fragte sie sich, ob Baxter womöglich sprechen konnte.
Andererseits sprach er wohl doch nicht. In der nächsten Sekunde kam Baxter nämlich wie eine Kanonenkugel aus den Büschen geschossen und warf sich förmlich in Suzys Arme.
Na toll, gut gemacht, Baxter,
so
ein tapferer Hund.
Gleichzeitig bebten die Büsche, aus denen Baxter explodiert war, vor übermütigem Gelächter. Eine zweite Männerstimme rief: »Ja, du musst den Typ antesten. Möglicherweise ist er ja völlig nutzlos!«
Eine sehr affektierte Männerstimme, wie Suzy bemerkte.
»Eine schnelle Nummer reicht vielleicht aus, um dich für immer von ihm zu befreien«, fiel die erste Stimme ein. Ebenfalls ganz entschieden affektiert. »Womöglich ist sein Penis nur so groß wie eine Erdnuss.«
»Oder vielleicht bricht er alle Geschwindigkeitsrekorde«, fiel der Zweite ein. »Alles ist vorbei, bevor es überhaupt angefangen hat. Gott, ich
hasse
es, wenn mir so was passiert.«
»Vielleicht ist er ja auch schwul? Was hast du gesagt, wie er heißt? Leo Fitzirgendwas? Hm, da klingelt zwar nichts bei mir, aber wenn du willst, ziehe ich Erkundigungen ein.«
Weitere Lachsalven aus den Tiefen der Büsche. Das schwule Paar fand das eindeutig höchst erheiternd.
Wenigstens hüllte die Dunkelheit sie alle ein. Suzy war froh, dass die beiden nicht sehen konnten, wie sie errötete. Und noch froher war sie, dass sie ihr Gesicht nicht erkennen konnten. Na schön, sie hatten gehört, wie sie etwas zutiefst Peinliches sagte, aber sie konnten sie nicht identifizieren. Sie war anonym.
Entspanne dich, dachte Suzy, die Handfläche fest gegen das Brustbein gepresst, während sie versuchte, ihr panisch pochendes Herz dazu zu bringen, langsamer zu schlagen. Grundgütiger, wie sollte Joggen gesund sein, wenn einem solche Sachen passierten?
Ein Auto fuhr hinter ihr heran und tauchte sie in Scheinwerferlicht. Instinktiv hob sie einen Arm, versteckte ihr Gesicht vor den Zwischenrufern aus der Hecke.
Dann sagte Suzy mit lauter Stimme – sehr clever, wie sie fand: »Komm schon, Buster, wir müssen weiter.«
»Aha!«, krähte die erste Männerstimme triumphierend. »Hast du das gehört? Sie hat Angst, dass wir sie erkennen – vor einer Minute hat sie den Hund noch Baxter gerufen!«
»Fass!«, murmelte Suzy leise. »Fass und töte, Baxter,
bitte
!«
Aber Baxter war viel zu sehr damit beschäftigt, zu wimmern und seinen riesigen, haarigen Leib an ihre Beine zu pressen, als dass er den Helden spielen konnte. Er stupste die Schlüssel in Suzys Hand an und wünschte sich nichts sehnlicher, als in die Sicherheit des Autos zurückzukehren.
36. Kapitel
»Du bist also doch nicht nach Schottland gejoggt«, sagte Leo, als Suzy ihm
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