Sternschnupperkurs
sich in Erinnerung, dass sie nur versucht hatte, alles möglichst simpel zu halten. Simpel und schlicht. Aber kam es dann jemals so? Nein, nie.
»Martin war dort, sturzbetrunken und kurz davor, sich in böse Schwierigkeiten zu bringen. Ich habe ihm angeboten, ihn nach Hause zu fahren. Dann hat er mich auf einen Kaffee eingeladen, aber in Wirklichkeit brauchte er nur jemand zum Reden. Darum habe ich die letzten vier Stunden damit verbracht, seinen endlosen Schilderungen über seine Frau und seine Kinder zu lauschen und wie elend es ihm jetzt geht. Ich habe drei Tassen schwarzen Kaffee getrunken, weil ihm die Milch ausgegangen ist. Ich habe sieben Erdnüsse und einen halben Reiskeks gegessen, denn mehr gab es in der Bude seines Freundes nicht. Und wir hatten keinen Sex. Was ist, darf ich jetzt die Pizza aufessen oder wäre es dir lieber, wenn ich mir eine neue bestelle?«
»Bediene dich«, sagte Harry. »Kein Grund, pampig zu werden. Ich habe ja nur gefragt.«
»Ich gehe jetzt.« Celeste, die neben ihm auf dem Sofa saß, rekelte ihre Streichholzarme und gähnte.
»Hör mal, es tut mir leid«, sagte Suzy zu ihr. »Aber du hättest nicht so lange bleiben müssen. Man kann Harry auch mal allein lassen, weißt du.«
»Ist schon in Ordnung.« Mit einem Schulterzucken suchte Celeste unter dem Sofa nach ihren Pailettenpantoffeln. »Es war nett. Wir hatten Spaß.«
Suzy war überrascht, dass Celeste wusste, was Spaß war – wo doch Langeweile ihr Fachgebiet zu sein schien. »Was habt ihr gemacht?«
»Alles Mögliche. Wir haben unser Horoskop in der
Cosmopolitan
gelesen.«
Wow.
»Die Videos haben wir uns gar nicht angeschaut«, erzählte Harry eifrig. »Stattdessen kam im Fernsehen
Dumm und dümmer
.«
Ooh.
»Das war echt lustig.« Celeste kicherte.
Hmm.
»Und wir haben uns unterhalten. Stundenlang.«
»Über uns. Und über dich. Und …« Celeste spielte ihre Trumpfkarte aus. »Wir haben Boggle gespielt.«
Wie bitte?
Jetzt war Suzy wirklich verblüfft. Boggle? Celeste? Die Frau, die den Thesaurus für eine Dinosaurierart hielt?
»Also schön, ich bin dann weg. Man sieht sich.« Celeste lächelte Harry unbestimmt zu.
»Kannst jederzeit vorbeischauen«, bot Harry großzügig an.
Du darfst nur nicht jedes Mal einen Etzdorf-Schal erwarten, dachte Suzy, die die Troddelenden des Schals aus Celestes offener Prada-Tasche herauslugen sah.
Nachdem Celeste gegangen war, täuschte Suzy Müdigkeit vor. Sie zog ihr silber-grünes Outfit aus, duschte und machte sich bettfertig.
Na ja,
sofa
fertig.
»Komm schon, du hast doch mehr zu bieten«, scherzte Harry, als sie ihm einen geschäftsmäßigen Gutenachtkuss auf die Wange hauchte.
»Harry, du weißt es bereits, weil ich es dir nämlich schon einmal gesagt habe. Ich liebe dich nicht, ich werde dich nicht heiraten, und je eher du diese Neuigkeit den Leuten von
Hi!
mitteilst, desto besser.«
»Aber ich liebe dich«, beharrte Harry unverdrossen. »Und ich werde dich dazu bringen, deine Meinung zu ändern.«
Seine Gelassenheit war nervig. Es war, als wollte man einen Zeugen Jehovas davon überzeugen, dass man wirklich
nicht
an Gott glaubte. Abrupt wechselte Suzy das Thema.
»Hast du mit Celeste wirklich Boggle gespielt?«
»Nicht richtig. Sie hat nur die Buchstaben eine Weile herumgeschoben.« Harry sah dermaßen gut aus, dass er sogar umwerfend wirkte, wenn er wie ein Nilpferd gähnte. »Na schön, Süße. Gute Nacht.«
Die Schlafzimmertür schloss sich. Während Suzy ihre blassrosa Überdecke ausschüttelte und sie auf das Sofa legte, entdeckte sie die Boggle-Schachtel unter dem Sofa.
Das stellte sich Celeste also unter einem Boggle-Spiel vor.
Sorgfältig hatte sie auf dem Vierer-Raster den folgenden Spruch arrangiert:
SUZY
ISTJ
ASOO
FETT
Suzy lachte in sich hinein, glitt unter die Decke und schlief ein.
37. Kapitel
»Herrje, wie spät ist es? Ich habe gar nicht gehört, wie du gestern Nacht heimgekommen bist.« Suzy öffnete ein verklebtes Auge und sah Lucille an, die sich vor ihr auf den Boden setzte, nachdem sie ihr eine Tasse Tee hingestellt hatte.
»Das liegt daran, dass ich gestern Nacht auch nicht heimgekommen bin. Ich bin eben erst gekommen.«
»Mein Gott, es kommt mir so vor, als hätte ich nur vier Stunden geschlafen.« Suzy stöhnte und versuchte, die Beine auszustrecken. »Wie spät ist es?«
»Zwanzig nach sechs.«
»Wie bitte? Abends?«
»Morgens«, sagte Lucille
» NEIN !«, jammerte Suzy und riss ihre Augen entsetzt auf, als ihr klar
Weitere Kostenlose Bücher