Sternschnupperkurs
dass sie etwas Nettes tun und für die beiden Männer in der Küche einen Kaffee kochen könnte. Schwarz, denn es gab keine Milch, aber mit einem Schluck Cognac, der die beiden wärmen würde.
In diesem Moment streckte Leo den Arm aus und zeigte auf den Kirschbaum, den ihr Vater so sehr geliebt hatte. Während er mit dem Landschaftsgärtner sprach und dabei lebhafte Das-muss-alles-weg-Bewegungen machte, verkrampften sich Suzys Finger in den Stangen der Zentralheizung.
Ihr Vater hatte Jahre gebraucht, bis der Garten so war, wie er ihn sich wünschte. Wie konnte Leo Fitzallan es wagen, hier hereinzuplatzen und alles ändern zu wollen?
Ach verdammt, jetzt würde er definitiv keinen Kaffee mehr bekommen.
Sich mit dem Inhalt von Blanches Kleiderschränken zu befassen war seltsamer, als Suzy es sich vorgestellt hatte. Jedes einzelne Kleidungsstück rief das Bild ihrer Mutter darin hervor. Blanche hatte immer Kleidung bevorzugt, die auffiel und originell war; alles, was sie getragen hatte, war markant und hatte einen hohen Wiedererkennungswert.
Beim Anblick von Blanches saphirblauem Samtabendkleid tauchte ein weiteres Bild vor Suzys innerem Auge auf, wie in einer Diashow. Ihre Mutter und ihr Vater, wie sie ihren dreißigsten Hochzeitstag feierten. Mit einer riesigen Party – natürlich die Idee von Blanche – hatten sie dreißig Jahre Eheglück zelebriert.
Ha!
In die Tüte, zusammen mit dem ganzen Rest.
»Ist es in Ordnung, wenn ich den Wasserkessel aufsetze?«, rief Leo von unten.
Herrje.
»Nur zu.«
Diese Frechheit, dachte Suzy empört, als er fünf Minuten später mit einem dampfenden Becher in das Schlafzimmer trat, den er ihr anbot. »Lust auf einen Kaffee?«
»So ist das also.« Suzys Schultern wurden steif, ihre Stimme klang seltsam verzerrt. »Du dachtest, du kannst es dir hier gemütlich machen, wie? Dir kam nicht der Gedanke, dass es höflicher gewesen wäre, erst zu fragen, bevor du dich an Kaffee bedienst, der dir nicht gehört?«
Auweia, sie verlor die Beherrschung …
Leo sah sie gemessenen Blickes an. »Mir war klar, dass ich mich hier mehrere Stunden aufhalten würde, darum habe ich eine Dose mit Kaffee und einen Karton Milch mitgebracht«, erklärte er mit ruhiger Stimme.
Oh.
Mist.
Jetzt sollte ich lächeln und sagen, dass es mir leidtut, dachte Suzy. Ich sollte mich dafür entschuldigen, dass ich überreagierte.
Aber sie brachte es einfach nicht fertig.
Sie bekam die Zähne nicht auseinander. Sie klebten aneinander wie mit Zweikomponentenkleber verleimt.
»Du willst also keinen Kaffee?« Leo hielt ihr den Becher in Nimm-doch-Manier hin.
Suzy, die ihre Coladose vor zwei Stunden geleert hatte und für eine schöne Tasse Kaffee einen Mord hätte begehen können, entschied, dass ihr sein herablassender Ton und seine Duldermiene nicht behagten.
Entschlossen wandte sie Leo den Rücken zu und sagte: »Danke, nein.«
Gegen 15 Uhr hörte es auf zu regnen. Suzy stapelte die ausgebeulten Plastiktüten oben an der Treppe, damit sie am nächsten Tag einfach abgeholt werden konnten. Als sie aus dem Fenster schaute, sah sie den Landschaftsgärtner, der durch den Garten stapfte und hin und wieder einen dünnen Metallstab in den nassen Boden rammte und sich auf einem Block Notizen machte.
Was hatte Leo mit dem Garten vor? Der Gärtner griff nun zu einem Spaten. Noch während sie hinsah, stieß er ihn in die Ecke eines Blumenbeetes, holte einen Spaten voll Erde heraus und rammte erneut den Metallstab in den Boden.
Suzy war frustriert. Das erinnerte sie dunkel an etwas aus ferner Vergangenheit, aber ihr fiel partout nicht ein, an was.
Was soll’s, vergiss es. Weiter geht’s.
Rauf in den Speicher.
40. Kapitel
Blanche hatte die beiden Seiten ihres Lebens perfekt getrennt. Es gab keinerlei Hinweise auf eine andere Existenz. Suzy, die nicht erwartet hatte, etwas zu finden, staunte über die Fähigkeit ihrer Mutter, ihre beiden Familien derart separat zu halten.
Wenigstens würde sich der Kram im Speicher mühelos beseitigen lassen. Da oben war nichts, was das Hausreinigungsunternehmen nicht entsorgen konnte. Sie wischte sich die Hände an ihren Jeans ab und seufzte erleichtert auf.
Na also, fertig. Hurra.
Während Suzy die Hühnerleiter hinunterkletterte, fragte sie sich, ob sie sich nun allein im Haus befand. Sie war stundenlang oben gewesen. Leo und der Landschaftsfuzzi waren wahrscheinlich schon längst abgezogen. Leo, der bestimmt nicht noch einmal angeschnauzt werden wollte,
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