Sternschnupperkurs
kam zu dem Schluss, dass er auf diese Weise das Polyesterhemd ablösen konnte, das ihm auf den rundlichen, schwitzenden Schultern klebte. Douglas sah sehr unbehaglich aus. Da war eindeutig etwas im Busch. Blanche, die fest entschlossen war, sich mit einem großen Knall zu verabschieden, hatte zweifellos einige bizarre letzte Anweisungen erteilt. Suzy konnte sich gut vorstellen, wie viel Vergnügen es ihrer Mutter bereitet hatte, sich abstruse Testamentsbedingungen auszudenken. Falls beispielsweise Julia ihren Anteil erben wollte, müsste sie zuerst nackt die Park Street auf Rollschuhen hinunterrollen … Und Rory würde in einem Gorillakostüm auf einem Dreirad durch Clifton fahren müssen …
Oder würde Mum das von ihr verlangen?
Andererseits hatte es womöglich gar nichts mit den Bedingungen des Testaments zu tun. Vielleicht stand Douglas einfach die unselige Aufgabe bevor, sie davon in Kenntnis zu setzen, dass sie überhaupt nichts erbten, weil ihre Mutter das ganze Geld einem Stamm Amazonasindianer hinterlassen hatte.
Oder einem Pflegeheim für blinde Esel.
Oder irgendeinem Stripper in einem Nachtclub.
Was Blanche betraf, so war nichts unmöglich.
»Es ist 21 Uhr.« Rory sah auf seine Armbanduhr. »Suzy hat recht, die könnten ruhig langsam in die Gänge kommen.«
»Aber das wäre unhöflich«, jammerte Julia.
»Hat sie uns etwa keinen Cent hinterlassen?«, wandte sich Suzy an Douglas, der ebenfalls verstohlen auf seine Uhr sah.
»O nein. Ich meine, ja … Keine Sorge.« Zuckzuck mit der Schulter. »Darum geht es nicht.«
Eine der maskulinen Bridge-Club-Frauen steckte den Kopf durch die Tür. »Gibt’s zufälligerweise noch eine Flasche Single Malt?«
Julia, die perfekte Gastgeberin, wischte sich die Tränen aus den Augen und sprang gehorsam auf die Beine. Suzy legte ihr eine Hand auf die Schulter und drückte sie wieder auf den Stuhl hinunter.
»Es tut mir so leid, offenbar haben Sie es überhört.« Sie schenkte der Frau in der Tür ihr charmantestes Lächeln. »Vor zehn Minuten haben wir die letzte Runde ausgerufen. Die Bar ist jetzt geschlossen.«
»Ich mache uns noch Kaffee«, sagte Rory, als auch die letzten Trauergäste gegangen waren. Er schloss die Haustür und lockerte seine schwarze Krawatte.
»Wenn Sie mich einen Moment entschuldigen würden«, sagte Douglas gedämpft und zog sein Handy aus der Tasche.
Er zog sich diskret in den Wintergarten zurück. Julia seufzte erleichtert auf. »Gebt mir fünf Minuten, damit ich mich frisch machen kann.« Sie eilte nach oben in Richtung Badezimmer.
Die Luft im Wohnzimmer war trübe vor Zigarettenrauch. Als Suzy die Terrassentüren öffnete, strömte die Nachtluft kühl und klar herein. Nieselregen tröpfelte durch das Blätterdach der Bäume.
Suzy kickte sich die Pumps von den Füßen und trat auf die gepflasterte Terrasse. Sie spürte die Regentropfen auf Gesicht und Hals, dann ging sie in den Garten.
Nur ein paar Schritte, um sich für das zu wappnen, was Douglas mit ihnen vorhatte. Außerdem würde sie ihren Füßen die Gelegenheit geben, sich abzukühlen. Schließlich hatte sie den ganzen Tag in besonders gnadenlosen Stilettos verbracht.
Ah, das war besser. Sie tänzelte durch das Gras.
KNIRSCH .
»Ogottogottogottogott«, jaulte Suzy. Ihr wurde übel.
Sie krümmte sich und hielt den linken Fuß so weit wie möglich von sich, hüpfte auf dem Gartenweg auf und nieder und hielt sich dabei an einem überhängenden Kirschbaumast fest.
»Was ist passiert?«, erklang eine besorgte Stimme aus der Dunkelheit. Eine Gestalt trat hinter dem Kirschbaum hervor. »Bist du verletzt?«
Zwei warme Hände packten Suzys Arme. Was ein Glück war, weil sie sonst nämlich vor Schreck umgefallen wäre.
»Ich habe mich nicht verletzt. Ich bin auf eine Schnecke getreten.« Suzys Herz pochte. »Wer sind Sie? Ein Einbrecher?«
»Nein.«
»Wer dann?«
Einen Augenblick lang herrschte Stille. Unterbrochen von: »Kannst du es nicht erraten?«
Verwirrt erwiderte Suzy: »Natürlich errate ich es nicht.«
»Also schön, hör zu, warum kümmern wir uns nicht zuerst um dich?« Es war die Stimme einer Frau, rauchig und angespannt. »Es tut mir leid, aber ich kann mich auf nichts konzentrieren, solange du noch Schneckenreste am Fuß hast.«
Wer immer sie auch sein mochte, damit lag sie nicht ganz falsch. Suzy hüpfte in der Dunkelheit auf und ab und brachte es fertig, den Strumpf herunterzurollen. Angewidert warf sie ihn – mit Schneckenresten und allem –
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