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Sternschnupperkurs

Sternschnupperkurs

Titel: Sternschnupperkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jill Mansell
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in eine nebenstehende Hortensie. Dann lehnte sie sich gegen den rauen Stamm des Kirschbaumes und besah sich den Eindringling genauer.
    Es war zu dunkel, um ihr Gesicht erkennen zu können, aber der Umriss der Frau hatte etwas Vertrautes.
    Ebenso der lange Mantel.
    »Sie waren heute Nachmittag auf der Beerdigung.« Suzy sah, wie sich der Kopf bestätigend senkte.
    »Ja.«
    »Sie sind allerdings schon früher gegangen.«
    »Das stimmt.«
    »Warum?« Suzy war fasziniert vom Klicken der Ohrringe, wann immer die Frau nickte. »Warum sind Sie hinterher nicht mit den anderen zum Leichenschmaus gekommen?«
    »Ich fand das unpassend.«
    »Tut mir leid, ich verstehe das alles nicht.«
    »Ich wollte keine Unannehmlichkeiten bereiten, wollte euch nicht noch mehr bekümmern, als ihr das ohnehin schon seid … Ich meine, das Letzte, was wir alle brauchen, ist doch eine peinliche Szene vor Publikum.«
    Die Stimme der jungen Frau zitterte, klang fast ängstlich. Suzy war vollkommen perplex. Vor ihrem inneren Auge spielte sie ein paar Szenarien durch. Plötzlich fiel ihr ein Film ein, den sie in der Vorwoche gesehen hatte. »Mein Gott, wollen Sie etwa andeuten, dass meine Mutter eine
Lesbe
war?«
    Die Frage traf auf verblüfftes Schweigen. Wenigstens hoffte Suzy, dass es sich um ein verblüfftes Schweigen handelte. Möglicherweise war es auch das enttäuschte Schweigen eines Menschen, der nicht erwartet hätte, dass man sein Geheimnis so schnell erriet.
    Nee, Blanche, eine Lesbe. Sicher nicht.
    Das geheimnisvolle Klicken begann erneut, aber dieses Mal schien die junge Frau den Kopf verneinend zu schütteln. Na, das war eine Erleichterung.
    »Ich glaube das einfach nicht. Du musst doch wissen, wer ich bin.«
    »Tut mir leid, nein«, protestierte Suzy. »Wofür halten Sie mich – Medium Suzy, die Gedankenleserin von Weltruhm? Moment, da kommt jemand …«
    Beim Klang herannahender Schritte wirbelte sie herum. Im nächsten Moment wurde ihr eine grell leuchtende Taschenlampe direkt in die Augen gehalten. Suzy blinzelte und hielt einen Arm hoch, um sich vor dem Licht zu schützen.
    Eine verblüffte Männerstimme rief: »Das glaube ich einfach nicht. Herr im Himmel!«
    Die Situation wurde rasch immer abgedrehter. Suzy hatte das Gefühl, als ob ihr Herz wie ein aufgeschreckter Papagei in einem Käfig flatterte. Sie mochte von der Taschenlampe geblendet werden, aber die Stimme erkannte sie sofort.
    »Harry?« Der Schock ließ sie plappern. »Harry Fitzallan? Meine Güte, warum müssen Sie von allen Gärten dieser Welt ausgerechnet in diesen hier marschieren? Ich habe keine Ahnung, was Sie hier wollen, aber Sie unterbrechen gerade ein Ratespiel. Wenn Sie möchten, dürfen Sie sich mir anschließen.«
    Suzy folgerte, dass es sich hier um ein abgekartetes Spiel handeln musste. Ein perfider Plot, um sie wiederzusehen. Außer … und wenn man bedachte, dass er ja Polizist war …
    »Moment mal, ist das ein Undercover-Einsatz?« Suzy wirbelte zu der jungen Frau herum. »Arbeiten Sie mit Harry zusammen?« Sie lächelte. »Oder sind Sie eine international gesuchte Drogenschmugglerin?«
    Harry hielt ein Handy hoch.
    »Ich habe erwartet, dass du zum Auto zurückkommst.« Er sprach mit der jungen Frau, wie Suzy schnell klar wurde. »Er hat vor ein paar Minuten angerufen. Es ist Zeit hineinzugehen.«
    Hineinzugehen, das klang definitiv nach Undercover-Einsatz. Vielleicht war die Frau eine Polizistin in Zivil.
    Suzy hörte, wie die Frau neben ihr tief Luft holte. »Also schön.« Sie wandte sich an Suzy. »Ich bin Lucille.«
    »Wie bitte?« Im Geiste ging Suzy alle Lucilles durch, die sie kannte. Sie kannte keine.
    »Lucille Amory.«
    Suzy starrte sie verständnislos an. Offenbar sollte ihr das etwas sagen, aber sie hatte wirklich nicht die leiseste Ahnung, was.
    »Es tut mir leid, normalerweise kann ich mir Namen gut merken. Könnten Sie …?«
    »Deine Schwester«, meinte Lucille unbeholfen.
    Suzy lachte. »Was?«
    Ihre Schwester hieß Julia, um Himmels willen.
    Harry räusperte sich. »Ich denke, wir sollten jetzt hineingehen.«

4. Kapitel
    Erst als Suzy zur Seite trat, damit Lucille vor ihr durch die Terrassentür gehen konnte, wurde ihr klar, woher das Klicken kam. Hunderte winziger Perlen, die in Dutzende Zöpfe ihres Haares eingeflochten waren, stellten jedes Mal, wenn die junge Frau den Kopf bewegte, Kontakt her.
    Lucilles Haut hatte die Farbe von Röstkaffee mit doppelt Sahne. Ihre Augen waren kastanienbraun. Sie wirkte nervös, sah aber

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