Sternschnupperkurs
Sinn. All diese Gefühle … wo sind sie hin?«
»Hör zu«, sagte Jaz. »Ich würde gern eine lange, tiefschürfende, philosophische Diskussion mit dir über die Natur der menschlichen Gefühle führen. Aber im Grunde bist du doch knülle.«
Suzy verdrehte die Augen und dachte, was für ein herrliches Wort
philosophisch
doch war. Wenn sie es nur aussprechen könnte.
»Bin ich in der Tat, nicht?« Sie strahlte Jaz an. »Du hast schon wieder recht. Meine Güte, was für ein Schlaupelz!«
»Wir sind Freunde, nur darauf kommt es an«, sagte Jaz. »Es wäre echt schade, das aufs Spiel zu setzen.«
»Freunde. Ja. Du hast ja sooooo recht.« Unbeholfen beugte sich Suzy nach vorn und drückte ihm einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. »Und als Freund ist es das Mindeste, dass du jetzt zur nächsten Tanke fährst und mir eine Flasche Wein besorgst.«
»Du wirst morgen früh ohnehin schon einen gewaltigen Kater haben«, sagte Jaz. »Als wahrer Freund werde ich dir jetzt lieber eine Kanne Kaffee machen.«
49. Kapitel
Am folgenden Mittwoch um 19 Uhr arbeite sich Suzy durch einen Berg an Papierkram, als Martin auf dem Heimweg noch im Büro vorbeikam, um einen Schlüsselbund zu deponieren.
»Das war vielleicht eine Zeitverschwendung.« Er seufzte, warf die Schlüssel in eine Schublade, zog sich den Schal vom Hals und setzte sich auf den Rand von Suzys Schreibtisch.
Er hatte einem verheirateten Paar ein sensationelles Haus am Harley Place gezeigt, wie sich Suzy erinnerte. Sie sah zu ihm auf. »Ihnen gefällt das Haus nicht?«
»Oh, es gefällt ihnen schon. Sie können es sich nur nicht leisten. Blöde Touristen. Was ich jetzt brauche, ist ein Drink. Willst du mir Gesellschaft leisten?«
»Danke, nein.«
Martin erkundigte sich mitfühlend: »Wie war dein Tag?«
Suzy legte den Stift zur Seite und rekelte sich. »Mein Tag? Tja, was soll ich sagen? Mein Leben ist momentan ein unglaubliches Desaster, in allen Zeitungen steht, dass Harry-der-Held mich abserviert hat, um sich ein hirnloses, kleines Sexspielzeug auf zwei Beinen zu angeln, meine Schwester ist spurlos verschwunden … im Grunde war mein Tag einfach nur scheiße.«
»Du könntest jetzt definitiv einen Drink vertragen.«
Suzy schüttelte den Kopf. »Nein, wirklich nicht. Ich bin nicht in Stimmung.«
Martin griff nach ihrer Hand und zog sie auf die Beine. Gleich darauf packte er ihren schwarzen Samtmantel und schob ihre Arme hinein. Er baute sich vor ihr auf wie ein Erwachsener vor einem bockigen Kleinkind und knöpfte den Mantel zu.
»Dir geht es nicht gut, mir geht es nicht gut. Vielleicht können wir uns gegenseitig aufheitern.«
Suzy, die ihren Mantel nie zuknöpfte – wie süß! –, musste angesichts seiner Logik lächeln.
»Andererseits schließen wir womöglich einen Selbstmordpakt. Machen allem ein Ende, in meinem Auto, mit einem Schlauch zum Auspuffrohr.«
»Du machst wohl Witze.« Martin wirkte geschockt. »Ich habe die Musik- CD s in deinem Auto gesehen. Unter gar keinen Umständen werde ich mit InSync im Ohr abtreten.«
Suzy lachte, und er umarmte sie. »Siehst du? Schon geht es dir besser. Es ist mir ernst. Wir passen so gut zusammen. Wir müssen einander nur eine Chance geben.«
Von außen gesehen war die Glasfront des Büros so hell erleuchtet wie ein Weihnachtsbaum. Nichts blieb der Phantasie überlassen. Leo, der über Suzys demütigende Situation gelesen und beschlossen hatte vorbeizukommen, um zu sehen, wie es ihr ging, beobachtete die Vorgänge bei Curtis & Co mit einem Wir-sind-nicht-amüsiert-Blick.
Neben ihm auf dem Beifahrersitz erkannte Baxter Suzy wieder und warf sich mit Schwung gegen die Tür, dann scharrte er mit der Pfote am Griff, damit er zu ihr laufen und ihr eine dicke Begrüßung angedeihen lassen konnte.
Leo fiel das kaum auf. Er sah mit wachsendem Entsetzen zu, wie Martin Lord Suzys Gesicht in beide Hände nahm. Gleich würde er sie küssen …
Die Telefonnummer des Büros war noch in seinem Handy gespeichert. Rasch drückte Leo die entsprechenden Tasten. Wenigstens hoffte er, dass es die richtigen Tasten waren, das war im Dunkeln schwer zu sagen.
Endlich hörte er, wie die Verbindung aufgebaut wurde. Eine Sekunde später – ja! – klingelte das Telefon im Büro. Er sah, wie Suzy einen Schritt zurücktrat und etwas zu Martin sagte. Sie griff hinter sich und nahm den Hörer zur Hand.
Leo wusste, dass er jetzt eigentlich auflegen sollte, aber er brachte es nicht zustande. Irgendein innerer Zwang
Weitere Kostenlose Bücher