Sternschnupperkurs
könnte. Ihre scheinbare Abhängigkeit von ihm, dass nur er sie vom Trinken abhalten konnte, war eine machtvolle Form der emotionalen Erpressung gewesen. Jaz wusste natürlich, dass man einem Erpresser niemals nachgeben sollte, aber wenn man gleichzeitig auch wusste, dass man es sich nie verzeihen würde, sollte der schlimmste Fall eintreten, dann war das leichter gesagt als getan.
Kurzum, Celeste war gar keine Alkoholikerin. Und sie hatte von sich aus entschieden, ihn zu verlassen.
Das war eine gute Nachricht. Eine hervorragende Nachricht. Hurra.
Andererseits war sie nicht die Einzige, die ihn verlassen hatte. Auch Lucille war weg. Und das war alles andere als hervorragend.
Soweit Jaz hatte feststellen können, war Celeste nicht der Hauptgrund, warum Lucille abgetaucht war.
Der Hauptgrund war Suzy.
Und was immer auch geschah, Suzy durfte niemals erfahren, was letzte Woche … äh …auf seinem Zimmer im Savoy geschehen war.
»Hallo? Hallo?« Suzy wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht. Spielerisch spritzte sie ihn mit Wasser voll. »Blinzele, wenn du mich hören kannst.«
Jaz spritzte zurück.
»Ich bin froh, dass Celeste keine Alkoholikerin ist«, sagte er. »Jetzt muss ich mich nicht mehr für sie verantwortlich fühlen.«
»Andererseits bist du stinksauer, dass sie dich all die Jahre angelogen hat«, mutmaßte Suzy, als er verstummte. »Dass sie so getan hat, als hätte sie dieselbe Hölle durchlebt wie du.«
»Ja, das auch«, gab ihr Jaz recht. Er rollte sich auf die Seite, und während er mit den Beinen lässig ans andere Ende des Swimmingpools paddelte, fügte er noch hinzu: »Ironischerweise habe ich seit einem Jahr diesen Traum, in dem ich versuche, mit Celeste Schluss zu machen. Sie rastet aus und droht, wieder mit dem Trinken anzufangen. Schon greift sie zur Flasche und hält sie an den Mund. Ich weiß, dass alles meine Schuld ist. Ich will sie unbedingt aufhalten, aber ich kann nicht, meine Füße wollen sich nicht bewegen …«
»Und was geschieht dann?«
Jaz seufzte. »Ich flehe sie an, rufe laut, sie solle es nicht tun.«
»Und dann?«
»Sie will sich nicht abhalten lassen. Am Ende tue ich das Einzige, was mir zu tun bleibt. Ich sage ihr, dass ich es nicht so gemeint habe und dass ich nicht will, dass wir uns trennen. Und das ist es dann. Celeste setzt die Flasche ab, und wir versöhnen uns. Ende des Traumes.«
Mit etwas Glück würde ihn dieser Traum nie wieder heimsuchen.
»Langweilig!« Suzy rümpfte die Nase. »Keine fliegenden Pferde oder sprechenden Tiere? Und du wirst auch nicht von maskierten Fremden verführt?«
»Manchmal muss ich mich sehr über dich wundern. Komm schon, wettschwimmen zur anderen Seite«, forderte Jaz sie auf. »Indisch oder chinesisch?«
»Die geheimnisvollen maskierten Fremden? Sie reden nie, darum bin ich mir nicht sicher, aber ich stelle sie mir immer als Russen oder Kosaken oder so vor, du weißt schon, muskulöse Körper und diese umwerfenden slawischen Wangenknochen …«
»Ich rede davon, was für Essen wir bestellen sollen«, sagte Jaz.
48. Kapitel
Die Nachbarn waren an den Anblick von Suzy gewöhnt, wie sie – im Bademantel über dem Bikini – barfuß zwischen ihrem Haus und dem von Jaz hin- und herrannte. Sie machte sich nur selten die Mühe, Sachen zum Anziehen mitzunehmen. Als Jaz mit dem Essen zurückkam, lümmelte Suzy auf einem der Sofas in seinem Wohnzimmer und sang lauthals zu einem Song auf MTV .
»Es gibt Ente«, verkündete Jaz und hielt die Papiertüte vom Chinesen hoch. »Als Trost. Weil du mir leidtust.«
Sie schaute empört. »Ich brauche dir nicht leid zu tun.«
»Du tust mir aber leid. Du bist von Harry-dem-Helden abserviert worden.«
»O Gott.« Suzy stöhnte. »Werden die Leute das so sehen?«
»Das werden sie, wenn er ihnen das so erzählt.« Jaz genoss das enorm. Er öffnete die dampfenden Kartons. »Und da wir hier von Harry sprechen, glaube ich fast, dass er das genau so erzählen wird.«
»Das sollte doch eigentlich ein
glücklicher
Tag werden«, beschwerte sich Suzy. »Und jetzt hat er ihn total
ruiniert
.«
»Kopf hoch. Trink eine Cola.«
Jaz grinste und hielt ihr eine eisgekühlte Dose hin.
»Du machst wohl Witze.« Suzy wies mit königlichem Finger zur Küche. »Junger Mann, hole er mir eine Flasche Wein! Heute Abend will ich mich betrinken!«
»Mein Gott, du bist hoffnungslos«, erklärte Jaz weniger als eine Stunde später. Er hob eine Augenbraue und fügte hinzu: »Hoffnungslos und
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