Sternstunde der Liebe (German Edition)
genauso wie den Wind in seinen Haaren. Sie war seine Weggefährtin und Geliebte, sein unverrückbarer Leitstern. Ihre Freunde und Familienangehörige sangen am Ufer, riefen ihnen gute Wünsche nach.
Quinn ließ ihr Hummerfangboot an und fuhr mit Michael voraus, begleitete ihn aus der kleinen Bucht hinaus. Die Stimmen verklangen in der Ferne, und alles, was er noch hören konnte, war der Wind in den Segeln, die Wellen, die gegen den Schiffsrumpf schwappten, und das Tuckern von Quinns Motor.
»Und vergesst nicht, ihr zwei habt mir versprochen, zur Schule zu gehen!«, rief er ihnen zu.
»Und du vergiss nicht, dass du versprochen hast, vorsichtig zu sein und gesund und munter nach Hubbard’s Point zurückzukehren«, rief Quinn zurück.
»Mach ich. Ich stehe zu meinem Wort.«
»Ich auch«, erwiderte sie.
Sie hatten die rote Tonnenboje am nördlichen Ende von Wickland Shoal erreicht, wo Sixtus sich links halten und Hubbard’s Point hinter sich lassen würde.
»Wir warten, bis du am Horizont verschwunden bist«, sagte Quinn und umkreiste die Clarissa mit ihrem Boot, dann drosselte sie den Motor, damit Sixtus die Ruderpinne umlegen und sein Schiff ausrichten konnte. Die Segel erschlafften, dann füllten sie sich wieder, wobei die Schaluppe Kurs nach Osten nahm, am Leuchtturm von Wickland Rock vorbei.
»Viel Glück in der Schule, Kinder«, rief Sixtus und segelte davon.
»Gib auf die Gewässer vor Point Jude Acht«, schrie Quinn ihm nach. »Dort kann es ein bisschen ungemütlich werden.«
»Mache ich!« Sixtus lächelte; er wusste, dass sie auf den Schiffbruch anspielte, den Allie und sie erlitten hatten, als sie nach Martha’s Vineyard gesegelt und in einen Orkan geraten waren.
Er sah ein letztes Mal zum Kap hinüber, zu all den schindelgedeckten Cottages mit ihren bunten Fensterläden und verwilderten Gärten, den amerikanischen Flaggen, die im Wind wehten. Hubbard’s Point war von Angehörigen der Arbeiterklasse gegründet worden, von mittellosen irischen Einwanderern; sie hatten die Weitsicht besessen, direkt an dem Meer, das sie nach Amerika gebracht hatte, Wurzeln zu schlagen. Er liebte das Land über alles und wusste, dass er immer ein Stück von ihm in seinem Herzen tragen würde, wohin es ihn auch verschlug. Als sein Blick auf das alte grüne Haus der Mayhews fiel, sprach er ein Gebet für die neuen Besitzer und deren Zukunftspläne – dass sie an den Wesensmerkmalen dieses Ortes festhalten würden –, und sah zu Rumer und Zeb hinüber, die immer noch auf dem Kai standen und ihm nachwinkten.
Er hob den Arm zu einem letzten Abschiedsgruß. Seine Hände machten ihm nun kaum noch zu schaffen; die morschen Knochen in seinem Rücken knarzten ein wenig, genau wie bei seinem alten Boot, aber die Sonne schien auf ihn herab und linderte die Schmerzen.
»Vergiss nicht, dass wir dich lieben!«, schrie Quinn ihm zu.
»Bestimmt nicht«, rief Sixtus über das blaue Wasser und die Kluft zwischen den beiden Booten zurück, die zunehmend größer wurde. »Und vergesst ihr nicht, dass ich euch ebenfalls liebe. Geht zur Schule, Kinder, und lernt alles, was es zu lernen gibt!«
»Machen wir, Grandpa«, schrie Michael; seine Worte klangen wie ein Schwur, den er niemals brechen würde.
Und damit umrundete Sixtus Larkin die Landspitze und die Boje, nahm Kurs auf das offene Meer und segelte geradewegs in den Atlantik hinein, seinem Schicksal entgegen.
17
A m Nachmittag, als Sixtus davongesegelt war und alle Nachbarn sich zerstreut hatten, ließ sich Rumer von Zeb nach Hause bringen. Sie gingen den Hügel hinauf, vorbei an der Stelle hinter der Garage, wo ihr Vater die Clarissa startklar gemacht hatte. Im Gras waren Holzspäne und Kleckse vom Bootslack und von der Farbe für den Schiffsboden zu sehen – Spuren der Knochenarbeit, die er bei der Instandsetzung des Bootes geleistet hatte.
Als sie das Haus betraten, wehten die Vorhänge in der frischen Brise. Die Musik wirkte immer noch in ihr nach. Die Wandteppiche mit dem Einhorn sahen kraftvoller und lebendiger aus als jemals zuvor. Zeb war bei ihr, an ihrer Seite, und als sie barfuß im Cottage stand, wollte sie nur noch eines, mit ihm tanzen, sich im Einklang mit der Musik, dem Wind und den Geistern vom Kap bewegen.
»Möchtest du eine Tasse Tee?«, fragte sie, während ihr Puls raste.
»Gerne«, sagte Zeb, ohne den Blick von ihr zu lösen.
Als sie den Kessel unter den Wasserhahn hielt, zitterten ihre Hände. Zeb bemerkte es und füllte ihn für sie. Ahnte
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