Sternstunde der Liebe (German Edition)
stimmt’s?«
»Ja.«
»Und das sind nicht die Augen, in die du blicken möchtest.«
»Mit Sicherheit nicht.«
»Dann sag mir eines, Sixtus: Welche Augen sind dir dann genehm?«
Sixtus schluckte, spähte in das goldene Licht, das vor ihm auf den Wellen tanzte. Als Kind hatte er seinen Bruder und seine Mutter gehabt, und während seiner Reise nach Nova Scotia war er ihnen wiederbegegnet. Als junger Mann hatte er Clarissa gefunden, die ihm zwei Töchter geschenkt hatte – sie waren ihm geblieben. Aber vor allem hatte er Hubbard’s Point – was viel heißen wollte. Er hatte Rumer, Quinn, Les Dames de la Roche und – für die Dauer ihres Aufenthalts in diesem Sommer – Zeb und Michael, seinen Enkel.
»Die meiner Freunde und meiner Familie«, erwiderte er heiser. »In Hubbard’s Point.«
»Bin froh, dass du das herausgefunden hast, bevor du dich im Shady Acres zur Ruhe setzt, oder wie immer das irische Altersheim auch heißen mag, das du da drüben entdeckt hast.«
»Mit den Schuldgefühlen ist das so eine Sache.«
»Schuldgefühle?«
»Ja. Weil ich eine Tochter habe, der ich etwas zu bedeuten scheine. Genug jedenfalls, um mich nicht abzuservieren.«
»Dir ist offenbar nie in den Sinn gekommen, es könnte daran liegen, dass sie ihren Vater mag, oder? Sicher, du bist alt und ein Störenfried, aber das sind wir alle.«
»Ich bin ein Glückspilz.«
»Unter Berufung auf alle verfügbaren wissenschaftlichen Definitionen und Erfahrungswerte würde ich dir absolut Recht geben. Wobei deine eigenen, knapp dahinter, den zweiten Platz belegen.« Malachy blickte ihn schalkhaft an.
»Dein Wort in Gottes Ohr, Bruder«, sagte Sixtus, als sie die scharfe Biegung von Cape Cod umrundeten und Kurs auf den Heimathafen nahmen.
30
T rotz ihrer Entschlossenheit wusste Rumer, angesichts Elizabeths unmittelbarer Nähe, nicht genau, wie sie mit Zeb umgehen sollte. Sie kam sich verkrampft und linkisch vor, was einem jungen Mädchen angestanden hätte, nicht aber einer erwachsenen, reifen Frau. Aber die Beziehung, die sich zwischen ihnen angebahnt hatte, wurde immer intensiver, und die unerwartete räumliche Distanz verstärkte dieses Gefühl. Es war ausgemacht, dass sie den heutigen Abend gemeinsam verbringen sollten, in Rumers Haus, um Michaels Geburtstag zu feiern. Rumer graute davor.
»Wie ist es so, Elizabeth zu Hause zu haben?«, erkundigte sich Mathilda, als sie früh am Morgen vor der Operation eines betagten Jack-Russell-Terriers am Waschbecken standen und sich die Hände bürsteten.
»Schwierig.« Rumer nahm ihre Handgelenke und Unterarme in Augenschein.
»Wurdet ihr schon immer die Larkin-Mädchen genannt? Bei uns hieß es dauernd die Metcalf-Mädchen. Findest du es nicht auch schade, dass wir unseren Schwestern früher die Hälfte der Zeit am liebsten die Augen ausgekratzt hätten, weil sie sich wieder einmal etwas zum Anziehen ausgeborgt hatten, ohne zu fragen?«
»Seltsam, dass du das erwähnst.« Rumer trocknete ihre Hände ab. »Elizabeth meinte, ich sei unfähig, Grenzen zu respektieren. Grenzen !« Sie sprach das Wort aus, als gehöre es einer Fremdsprache an.
»Wer hat sich denn als Erste über eine solche Grenze hinweggesetzt? Du warst doch diejenige, die Zeb ein Leben lang geliebt hat! Und deine Schwester hat sich dazwischengedrängt und genommen, was sie wollte, oder etwa nicht?«
Rumer horchte mit dem Stethoskop die Brust von Danny – ihrem Patienten – ab. Die Atmung war flach, aber er hatte ein starkes Herz. Seine Besitzer, die Robinsons, liebten den Terrier wie ihr eigenes Kind, von dem Moment an, als er vor sechzehn Jahren zu ihnen ins Haus gekommen war. Rumer holte tief Luft und griff zum Skalpell.
»Ja, hat sie. Aber ich finde es primitiv, mit der eigenen Schwester um einen Mann zu kämpfen.«
»Das ist keineswegs primitiv.« Mattie sah ihr in die Augen. »Man hat nur ein Leben. Wenn man um das eigene Glück kämpfen muss, ist es die Sache doch wert, oder? Du bist klug, Rumer. Für die Haustiere und Tierhalter bist du die Ärztin. Für mich bist du Guru und leuchtendes Vorbild. Aber was dich selbst betrifft …«
»Tappe ich im Dunkeln.« Rumer holte tief Luft.
Sie lächelte, dann wandte sie Danny ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu. Sie zog ein letztes Mal das Röntgenbild zurate, dann setzte sie den ersten Schnitt. Danny hatte mit seinen Besitzern gespielt und einen Golfball verschluckt. Er war am oberen Ende des Dickdarms stecken geblieben und bereitete ihm große Beschwerden. Zu
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