Sternstunde der Liebe (German Edition)
war meiner, als ich noch aufs College ging«, erklärte sie. »Meine Eltern schenkten ihn mir im ersten Semester. Ich benutzte ihn eine Weile bei den schriftlichen Prüfungen, aber er lenkte mich zu sehr ab – ich versuchte ständig, in Schönschrift zu schreiben; später benutzte ich ihn nur noch für mein Tagebuch, für die Listen mit den Vogelarten – mein Lebenswerk – und für die Briefe, die ich nach Hause schickte.«
»Ach du meine Güte, Rue«, lachte Elizabeth. »Da sind ja deine Initialen eingraviert! RGL.«
»Und? Was ist dagegen einzuwenden?«, sagte Michael.
»Er … er sieht so … gebraucht aus.«
»Mir gefällt er.« Michael spürte das Gewicht des Füllfederhalters auf seiner Handfläche. Er nahm ein Blatt Papier und begann zu schreiben, übte als Erstes den Namen Quinn, aber seine Mutter packte ihn am Handgelenk und sah ihn mit einem Lächeln an, dass ihm das Blut in den Adern gefror.
»Für deine Memoiren hast du später noch Zeit«, sagte Elizabeth mit einem Anflug von schwarzem Humor.
»Das wird ein Liebesbrief.« Er blickte ihr freimütig in die Augen.
»Was auch immer, mach doch das nächste Päckchen auf. Eins von meinen!«
Michael griff nach dem obersten auf dem Stapel. Während er sich langsam nach unten vorarbeitete, packte er eine Tag- Heuer-Uhr, ein Paar Manschettenknöpfe und ein weiteres Paar mit Monogramm – »für die Party, zu der du mich begleitest, wenn Jeffy den Oscar erhält«, scherzte seine Mutter –, einen neuen Laptop und eine schwarze Lammfelljacke aus.
»Wow, danke, Mom.« Er streckte die Arme nach oben, um sie zu umarmen.
»Gut, dass dein Vater so vorausschauend war, mit dem großen Wagen von Kalifornien hierher zu fahren«, sagte seine Mutter. »Dann kannst du deine Beute problemlos nach Hause zurückschaffen.«
Quinn entfuhr ein leiser Aufschrei, und Rumer sah, wie Michael ein Lächeln zu unterdrücken versuchte. Je mehr er sich bemühte, desto breiter wurde es.
»Noch mehr Geheimnisse«, sagte Elizabeth. »Es ist nicht sehr höflich, alle anderen im Dunkeln zu lassen – du verletzt meine Gefühle. Quinns Geschenk ist das nächste.«
Zeb lächelte, warf Quinn einen beruhigenden Blick zu.
»Es ist nicht der Rede wert«, sagte Quinn, als Michael langsam und sorgfältig die Schleife aufknüpfte. »Nur etwas Selbstgemachtes.«
»Selbst gemachte Geschenke sind die besten«, sagte Zeb.
Elizabeths Lippen pressten sich zu einem Strich zusammen, als sie den Stapel Geschenke ansah, den Michael pflichtbewusst geöffnet, aber achtlos auf den Tisch zurückgelegt hatte. Er hatte nicht einmal die Uhr anprobiert; Rumer empfand einen Anflug von Mitleid mit ihrer Schwester.
Das Band war ein rauer Bindfaden und das Einwickelpapier eine Seite aus der Tageszeitung. Rumer spähte über Michaels Schulter und sah, dass es sich um die erste Seite der New London Daily handelte.
»Vom 16. Juni«, flüsterte Quinn.
»Dem Tag, als wir uns das erste Mal begegnet sind!«
»Ich musste alle Zeitungen in unserer Garage durchstöbern, um sie zu finden; zum Glück hatte Tante Dana so viel mit ihrer Hochzeit zu tun, dass sie vergessen hatte, sie zu entsorgen.«
Michaels Finger bewegten sich nun schneller, rissen das Klebeband weg und knoteten den Bindfaden auf. Die Zeitungsseite klappte auseinander und enthüllte ein braunes Tagebuch.
»Was haben wir denn da?«, fragte Elizabeth, und Michael barg das Geschenk schützend in seinem Schoß.
»Vielleicht ist es privat«, mischte sich Rumer ein, die Quinns Blick bemerkte.
»Unsinn«, sagte Elizabeth. »Oder, Quinn?«
»Es ist privat und öffentlich zugleich«, flüsterte sie. »Die Gedanken sind meine, obwohl ich sie nicht in Worte gefasst habe.«
Rumer, die wusste, was für eine eifrige Tagebuchschreiberin Quinn war, interessierte sich brennend für den Inhalt. Zeb war vom Tisch zurückgetreten, hatte alle anderen umrundet und Rumer verstohlen den Arm um die Taille gelegt. Ihre Haut prickelte unter seiner Berührung und in Erwartung dessen, was Quinns Tagebuch enthüllen würde.
Nun begann Michael langsam, die erste Seite aufzuschlagen. Quinn hatte mehrere Strichmännchen-Bilder gezeichnet: Michael – unverkennbar wegen des roten, nach hinten gebundenen Kopftuchs, der gemeinsam mit Quinn Hummerkörbe einholte, unverkennbar wegen der strubbeligen Haare; wie die beiden Seite an Seite saßen und lasen; wie sie im Flugzeug übers Meer flogen, die Gesichter waren in einem der Fenster zu sehen; und auf dem letzten Bild, dem
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