Sternstunde der Liebe (German Edition)
Blockhaus in Maine ein. Das würde einiges erklären.«
»Was erklären?«
»Das Fernweh in seinen Augen. Das deutet darauf hin, dass er sich in Aufbruchstimmung befindet …«
Rumer runzelte die Stirn, musterte ihren Vater. Die Schmerzen, die mit seiner Arthritis einhergingen, waren dieses Jahr ziemlich schlimm, und er setzte kaum noch einen Schritt vor die Tür.
»Mir scheint, er will nur zu Hause bleiben und an seinem Boot arbeiten«, sagte sie. »Er hat einen ganzen Monat gebraucht, um es abzuschleifen und neu zu streichen. Vielleicht möchte er im Juli bei der Classic Boat Parade mitsegeln.«
»Möglich.«
Rumer versuchte, sich zu entspannen. Sie hielt sich vor Augen, dass sie durch eine enge und langjährige Freundschaft verbunden gewesen waren, die hier, an diesem Ort, ihren Anfang genommen hatte: in Hubbard’s Point. Doch die Erinnerung bewirkte lediglich, dass sie den Verlust noch schmerzlicher empfand. Ihr Herz klopfte so schnell, dass sie befürchtete, er könne auf die kurze Entfernung spüren, wie sie nach Atem rang.
»Du trägst deine Brosche«, sagte er.
Rumer blickte an sich herunter und berührte die Anstecknadel, die sie von ihren Eltern zum Abschluss der Junior High School geschenkt bekommen hatte. Sie hatten zwei aus Gold anfertigen lassen, eine für Elizabeth und eine für sie, Nachbildungen des Leuchtturms von Wickland Shore.
Ihre Mutter hatte ihnen gesagt, dass sich die Broschen kaum merklich voneinander unterschieden – die Mädchen waren nie in der Lage gewesen, diesen Unterschied zu erkennen. Sie hatten sie mit Vergrößerungsgläsern untersucht, bei grellem Licht – nichts. Sie hatten die Stufen, die Mauersteine und die ringförmigen äußeren Zonen der Fresnel-Linsen gezählt. Ihre Mutter hatte sich gefreut, die beiden so begeistert zu sehen; sie konnten betteln, so viel sie wollten, sie weigerte sich standhaft, das Geheimnis des Unterschieds preiszugeben.
»Was willst du von mir?«, fragte Rumer nach einem Moment des Schweigens.
»Das solltest du eigentlich wissen«, erwiderte er heiser. Sie standen dicht beieinander. Es ging ein stetiger Wind, und eine Haarsträhne wehte Rumer in die Augen. Zeb streckte die Hand aus und schob sie ihr sacht hinter das Ohr, als sei diese Geste die natürlichste Sache der Welt. Seine Berührung jagte ihr einen Schauer über den Rücken, und sie wich zurück.
»Also was?«
»Ich möchte deine Freundschaft wiedergewinnen.«
Sie hatte das Gefühl, als ob ein D-Zug durch ihren Brustkorb raste, der die Schienen niederwalzte. Immer noch bebend nach seiner Berührung, hätte sie ihm am liebsten einen Fausthieb verpasst, ihn ungespitzt in den Boden gerammt, um ihm vor Augen zu führen, wie verrückt sein Ansinnen war.
»Das ist nicht mehr möglich«, sagte sie. »Und das solltest du wissen.«
»Wir sind zusammen aufgewachsen. Wir haben uns alles anvertraut, selbst die größten Geheimnisse.«
»Es gibt inzwischen neue, Zeb. Die alten zählen nicht mehr.«
Edward hatte inzwischen mitbekommen, dass sie sich unterhielten. Er stand wie angewurzelt da, seinen Drink und Annabelles in der Hand. Rumer sank das Herz, als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte. Er sah aus, als sei er am Boden zerstört, als hätte er Rumer dabei ertappt, wie sie ihn verriet. Sie lächelte, winkte ihm zu. Sie konnte es kaum erwarten, ihm zu versichern, dass es keinen Grund zur Sorge gab. Ihr Lächeln gefror, aber sie winkte unverdrossen.
»Du täuschst dich, Rue«, sagte Zeb leise. »Die alten zählen mehr als alles andere.«
»Wenn das so wäre, hattest du eine seltsame Art, mir das zu zeigen«, konterte sie, um einen gleichmütigen Tonfall bemüht.
»Ich war jung und dumm.«
Die Worte trafen sie mitten ins Herz. Was für einen Sinn machte es, ihr das jetzt zu erzählen? Sie sah zum anderen Ende des Zeltes hinüber und entdeckte Michael, der gerade mit Quinn sprach. Er war hoch gewachsen und attraktiv, in allem eine Mischung aus Elizabeth und Zeb.
»Ich habe damals einen großen Fehler begangen.«
»Finde ich nicht.« Rumer betrachtete seinen Sohn.
»Rumer.« Zebs Stimme klang eindringlich, und als Rumer den Blick hob, sah sie, wie Edward eilends das Zelt durchquerte.
»Du hast eine Entscheidung getroffen und damit unsere Familien entzweit. Die Beziehung zwischen dir und mir war noch das Mindeste; ich habe außerdem meine Schwester verloren.«
»Die Beziehung zwischen uns beiden war nicht das Mindeste«, entgegnete Zeb ruhig. »Bei weitem nicht.«
Doch dann,
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