Sternstunde der Liebe (German Edition)
nicht liebte.
Als sie nun zu ihm hinüberblickte, sah Rumer, dass seine Augen auf ihr ruhten, und runzelte die Stirn. Er verspürte einen Schauder in seinem Innern, als hätte es in Hubbard’s Point gerade ein kleines Erdbeben gegeben. Wider Willen musste er lächeln. Je heftiger sie die Stirn runzelte, desto stärker wurde das Beben.
Ihr Blick verfinsterte sich zunehmend, dann wandte sie ihn ab. Edward schien im Bilde zu sein. Er sah Rumer an und bemerkte die Tränen. Dann schaute er zu Zeb hinüber; eine Warnung stand ihm in das aristokratische Gesicht geschrieben. Er zog ein weißes Taschentuch aus seiner Tasche – zweifellos aus Leinen, wie Zeb vermutete, mit Monogramm, von Hand genäht und leicht gestärkt – und betupfte damit behutsam ihre Augen.
Rumer nickte dankbar, nahm ihm das Taschentuch aus der Hand und putzte sich geräuschvoll die Nase. Die Hälfte der Hochzeitsgäste fuhr zusammen. Edward, mit entgeisterter Miene, rückte kaum merklich von ihr ab.
Zeb beobachtete sie nur und grinste.
Rumer hielt Edwards tropfnasses Taschentuch zusammengeknüllt in ihrer rechten Hand. Sie wünschte, es wäre ein Stein, dann hätte sie ihn Zeb an den Kopf geworfen. Was fiel ihm ein, sie vor der gesamten Hochzeitsgesellschaft derart zu provozieren?
Sie hatte nur kurz einen schwachen Moment gehabt: Kein Wunder, dass man bei einer Hochzeit im Sommer, einem feierlichen Anlass, zu dem sich Gott und die Welt eingefunden hatte, sentimental wurde. Doch dann hatte sie Zeb dabei ertappt, wie er sie anstarrte – grinsend! – und damit die ganze Stimmung zunichte machte.
Die Musik war herrlich: »Give Yourself to Love« von Kate Wolf und »Feels Like Home« von Bonnie Raitt. Reverend Goodspeed nickte den beiden Mädchen zu, die weiße Weidenkörbe aufhoben, mit Rosenblättern gefüllt, und sie bei den Hochzeitsgästen herumgehen ließen.
»Jeder nimmt sich eine Hand voll«, gebot der Geistliche. »Haltet sie an euer Herz und verseht sie mit Segenssprüchen und guten Wünschen.«
»Unmittelbar vor der Küste«, fuhr Reverend Goodspeed fort, »in Sichtweite dieses Zeltes – liegen zwei Schiffswracks auf dem Meeresgrund. An Bord befanden sich wunderbare Menschen, die denjenigen, die heute Hochzeit feiern, sehr, sehr viel bedeuteten. Ich spreche von Elizabeth Randall und Nathaniel Thorn, Mark und Lily Grayson …«
Zeb hörte, wie Quinn tief Luft holte, sah, wie Allie die Hand ihrer Schwester nahm und sie drückte. »Diese wunderbaren Menschen gerieten in einen Sturm – mag sein, dass es eine sternenklare Nacht war, dass der Mond schien, aber sie sahen sich nichtsdestoweniger dem größten Sturm ihres Lebens gegenüber.« Zeb hatte mit einem Mal ein flaues Gefühl im Magen, dachte an seinen letzten Flug zurück, und abermals blickte er zu Rumer hinüber.
»Wir alle gelangen irgendwann an diesen Punkt«, sagte Reverend Goodspeed. »Was ich damit zum Ausdruck bringen will …« Sein Blick schweifte zu Quinn hinüber, und sie lächelte strahlend und nickte.
»Was ich damit zum Ausdruck bringen will, ist die Ermutigung, mit aller Kraft zu lieben, als müsstet ihr euch gegen das schlimmste Unwetter des Jahrhunderts behaupten. Folgt dem Auf und Ab der Wellen, lasst euch von der Brandung treiben, segelt durch mondhelle Gewässer, mit Eis in der Takelage … aber liebt einander bei dieser stürmischen Fahrt durch das Leben. Liebt einander, als könnte jeder Tag der letzte sein …«
Reverend Goodspeed lächelte und forderte Sam und Dana mit einem Kopfnicken auf, sich die Ringe anzustecken. »Und so erkläre ich euch, kraft meines Amtes, zu Mann und Frau. Du darfst die Braut küssen.«
Freunde, Nachbarn, Verwandte und Kinder warfen die Rosenblätter, die sie mit ihren Herzen gesegnet hatten, hoch in die Luft und überschütteten das frisch vermählte Paar mit all der Liebe, die Hubbard’s Point zu bieten hatte.
Edward beugte sich zu Rumer hinab und küsste sie sanft auf die Lippen.
Eine kühle Brise streifte ihren Nacken und sie spürte, dass jemand sie ansah.
»Tolle Hochzeit.« Quinn stand neben dem Büffet, um sich zu vergewissern, dass alle genug Hummer bekamen.
»Wenn man von dem Teil mit dem Schiffbruch absieht.« Michael aß Garnelen aus einer riesigen Muschelschale.
»Was soll das heißen?«
»Ich rede von der Bemerkung, dass man Schiffbruch erleiden kann, ausgerechnet bei einer Hochzeit, wo doch jeder weiß, dass viele Ehen in die Binsen gehen.«
»Das gilt nicht für meine Tante und Sam. Und
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