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Sternstunde der Liebe (German Edition)

Sternstunde der Liebe (German Edition)

Titel: Sternstunde der Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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und sprang zurück.
    Zeb ließ den Fischadler fallen, der jede Feder in seinem Leib zu bewegen schien, um sich in die Lüfte zu schwingen – taumelnd zunächst, doch dann flog er pfeilgerade zum Priel. Die Mädchen feuerten ihn im Hintergrund begeistert an, dann rannten sie zu ihren Rädern und versuchten, ihm zu folgen.
    Rumers Herz hämmerte. Sie hatte noch nie eine so schwierige und dramatische Rettungsaktion in freier Wildbahn erlebt. Sie sah Zeb an, der das Gesicht zum Himmel empor gereckt hatte und beobachtete, wie der Fischadler über der Baumlinie verschwand. Er legte den Arm um sie, zog sie an sich. Sie legte den Kopf in den Nacken, erfüllt von einem unbändigen Glücksgefühl. Er strich ihr sanft über den Rücken, seine Lippen streiften ihre Schläfe. Sie spürte seinen heißen Atem auf ihrer Haut, war benommen von der unfassbaren Art, das Leben zu feiern.
    »Du hast es geschafft, Larkin«, flüsterte er. »Du hast ihm das Leben gerettet.«
    »Wir«, berichtigte sie ihn.
    »Unglaublich! Das war sensationell! Wie er davonflog …«
    »Hast du das gesehen? War das nicht fantastisch?«
    »Ich dachte schon, die Wunde wäre zu tief und du müsstest sie nähen.«
    »Hätte ich bestimmt gemacht, wenn ich meinen Arztkoffer dabeigehabt hätte – aber die Wunde heilt auch von alleine. Tiere in freier Wildbahn überleben viel schlimmere Situationen.«
    »Wirklich?« Zeb zog sie wieder eng an sich, und sie sah in seine blauen Augen. Sie hatte den Eindruck, als hätte er selbst Situationen überlebt, die so grauenhaft waren, dass sie sich ihrer Vorstellung entzogen. Ihre Blicke trafen sich, und sie verharrte reglos in seinen Armen, hielt den Atem an.
    »Wirklich«, erwiderte sie ruhig. Aber sie spürte, wie ihr Blut in Wallung geriet, und zwang sich, tief durchzuatmen; dann trat sie einen großen Schritt zurück, schuf ausreichend Abstand zwischen ihnen. Sie kämpfte gegen das Gefühl an wie gegen ein Fieber, als gelte es, ihre ganze Kraft aufzubieten. »Lass uns fahren, ja?«
    »Rumer …«
    »Ich muss los«, sagte sie zitternd.
    »Noch fünf Minuten, okay?«
    »Ich muss wirklich …«
    »Ich habe dir gerade geholfen, einem Fischadler das Leben zu retten – du wirst bekannt und berühmt werden unter den Tierärzten und Vogelliebhabern weit und breit. Das bist du mir schuldig, Larkin. Lass uns ein paar Schritte gehen.«
    Rumer zögerte, dann zuckte sie mit den Achseln und folgte ihm. Sie befanden sich auf dem Friedhof von Hubbard’s Point, mit Grabsteinen, die bis zum Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zurückreichten. Als Kinder waren Zeb und sie hierher gekommen, um die Toten zu besuchen – obwohl sie nicht viele von ihnen kannten, wussten sie, dass sie vor ihnen auf dem Kap gelebt hatten und ihnen deshalb Ehre gebührte.
    Die Teenager von Hubbard’s Point hatten Séancen auf dem Friedhof abgehalten, auf der Lichtung Football gespielt und hinter dem Gebüsch ihre Unschuld verloren. Als Rumer neben Zeb einherschritt, erhitzt und atemlos, spürte sie, dass die gemeinsamen Erfahrungen ein starkes Bindeglied zwischen ihnen waren.
    Auf der Anhöhe war Mrs. Williams neben ihrem Mann unter einem Grabstein mit Engeln und Seemöwen bestattet.
    »Tragen Sie Rumer nichts nach – es war nicht ihre Idee«, rief Zeb, seine Worte an die Tote richtend, deren Zeitungen er verschandelt hatte.
    »Ich hätte Zeb durchaus daran hindern können«, erwiderte Rumer leise, aus Rücksicht auf Mrs. Williams letzte Ruhestätte.
    »Glaubst du, sie wird uns verzeihen?«
    »Ich hoffe es.«
    »Ich wünsche mir sehr, Verzeihung zu erlangen«, sagte Zeb heiser und nahm Rumers Hand. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass seine Worte nichts mit Mrs. Williams zu tun hatten. Schweigend setzten sie ihren Weg fort, hielten am Grab von Zebs Eltern. Rumer sprach ein stummes Gebet und sah, dass Zeb das Gleiche tat.
    Auch am Grab von Rumers Mutter blieben sie stehen. Es befand sich am Außenrand eines Kreises, in dessen Mitte ihre Ahnfrau Isaiah Randall bestattet war, und in ihren Grabstein waren die Umrisse des Leuchtturms von Wickland Shore und die Worte gemeißelt: »Clarissa Larkin, geliebte Ehefrau und Mutter; möge ihr Licht immerdar leuchten.«
    Rumer fühlte sich jedes Mal tief berührt von den Worten, weil sie so zutreffend waren: Das Licht ihrer Mutter würde immerdar leuchten. Sich der Seereise entsinnend, die ihr Vater zu unternehmen gedachte, sprach sie ein Gebet für ihre Mutter, mit der Bitte, ihm Geleit zu geben. Zeb beugte den

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