Sterntagebücher
dahinterkam, daß der Fleck ein Planet war, der sehr rasch größer wurde. Bei der Umkreisung dieses Himmelskörpers beobachtete ich mit nicht geringem Erstaunen, daß seine weiten Kontinente von regelmäßigen geometrischen Mustern und Dessins überzogen waren. Ich landete unter Einhaltung der nötigen Vorsichtsmaßregeln mitten in einer offenen Wüste. Sie war von kleinen runden Scheiben bedeckt, jede von etwa einem halben Meter Durchmesser; hart und glänzend, wie gewalzt, zogen sie sich in langen Reihen nach verschiedenen Seiten hin in figürlicher Anordnung, wie ich sie zuvor aus beträchtlicher Höhe gesichtet hatte. Ich unterbrach vorerst meine Nachforschungen, setzte mich ans Steuer und glitt dicht über dem Boden dahin, nach einer Lösung des Rätsels Ausschau haltend, das mich höchlich beschäftigte. Auf dem zweistündigen Flug entdeckte ich drei schöne große Städte; in einer stieg ich aus – sie war leer; Häuser, Türme und Plätze – alles war wie ausgestorben, nirgends eine Spur Leben, dabei gab es keine Anzeichen eines gewaltsamen Eingriffs oder einer Naturkatastrophe. Mit wachsender Verwirrung setzte ich den Flug fort. Gegen Mittag kurvte ich über einem ausgedehnten Hochplateau. Als ich einen funkelnden Bau bemerkte, in dessen Umgebung sich etwas bewegte, landete ich. Aus der steinigen Ebene ragte ein Palast auf, der in seiner vollen Größe strahlte, als wäre er aus einem einzigen Diamanten geschnitzt; eine breite Marmortreppe führte zu seinem goldenen Portal, davor schwärmte eine etwa hundertköpfige Menge mir unbekannter Wesen. Ich betrachtete sie von nahem und gelangte zu dem Schluß, daß sie, wenn mich meine Augen nicht täuschten, zweifellos lebendig waren; überdies glichen sie uns Menschen, zumal von weitem, fast aufs Haar, so daß ich ihnen unverzüglich den Namen animal hominiforme gab; unterwegs hatte ich mir nämlich schon verschiedene Bezeichnungen zurechtgelegt, um sie für solche Gelegenheiten bereit zu haben. Animal hominiforme, das traf tatsächlich zu, denn die Geschöpfe liefen auf zwei Beinen, hatten Hände, Kopf, Augen, Ohren und Mund; allerdings saß der Mund mitten auf der Stirn, die Ohren waren unter dem Kinn (paarweise zu beiden Seiten), und Augen gab es gleich zehn, die in Kränzen auf den Wangen prangten; aber für einen Weltreisenden, der wie ich auf seinen Fahrten die sonderbarsten Gebilde kennengelernt hatte, mußten diese Wesen eine überraschende Menschenähnlichkeit haben.
Als ich mich ihnen auf eine annehmbare Entfernung genähert hatte, fragte ich sie nach ihrem Treiben. Statt zu antworten, starrten sie eifrig in die Diamantspiegel, die auf der untersten Stufe aufgestellt waren. Ich versuchte, sie aus dieser Tätigkeit herauszureißen, einmal, zweimal, dreimal; als ich aber sah, daß dies überhaupt keinen Erfolg hatte, rüttelte ich vor Ungeduld einen von ihnen heftig an der Schulter. Nun wandten sie sich alle nach mir um, betrachteten verwundert mich und meine Rakete, als hätten sie beide erst jetzt bemerkt, und stellten einige Fragen, die ich bereitwillig beantwortete. Da sie alle Augenblicke das Gespräch unterbrachen, um in die Diamantspiegel zu schauen, fürchtete ich schon, sie nicht gründlich ausforschen zu können, doch ließ sich endlich einer von ihnen bewegen, gewissenhaft meine Neugier zu befriedigen. Mit diesem Indioten nun – so hießen sie, wie er mir sagte – hockte ich mich unweit der Treppe auf einen Stein. Ich durfte froh sein, daß mir der Zufall ihn zum Gesprächspartner bestimmt hatte, denn er zeichnete sich durch überdurchschnittliche Intelligenz aus, wie der Glanz seiner zehn strahlenden Augen verriet. Nachdem er die Ohrlöffel hinter den Schultern angelegt hatte, schilderte er mir die Geschichte seines Stammes. Hier der Bericht: »O fremder Wanderer! Wisse, daß wir ein Volk mit einer langen, herrlichen Vergangenheit sind. Die Bevölkerung dieses Planeten ist seit Urzeiten in Spiriten, Erlauchte und Minderlinge, aufgeteilt. Die Spiriten vertieften sich in das Wesen des Großen Inda, der in einem schöpferischen Willensakt die Indioten erschuf, sie auf dieser Weltenkugel seßhaft machte und diese in seiner unerforschlichen Gnade mit Sternen umgab, die in den Nächten scheinen; ferner entfachte er das Sonnenfeuer, auf daß es unsere Tage erhelle und uns wohltuende Wärme spende. Die Erlauchten setzten die Abgaben fest, legten die Staatsgesetze aus und nahmen sich der Fabriken an, in denen die Minderlinge bescheiden ihr
Weitere Kostenlose Bücher