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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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den Saal mit dem Kryotron; sie holten den DewarBehälter heraus und entnahmen ihm das Futteral, in dem das unschätzbar kostbare Geschoß enthalten war. Dann vollzogen sie an ihm ihre schändlichen »Parameterberichtigungen«, deren Folgen jeder zur Genüge besichtigen kann, wenn er sich nur ein wenig in dieser gräßlichen Welt umsieht, in der wir leben. Später wetteifer ten sie darum, nach Entschuldigungen zu suchen, indem sie behaupteten, daß sie nur die »besten Absichten« gehabt und sogar mit Ruhm gerechnet hätten (!), zumal sie ja zu dritt waren.
      Auch eine Dreieinigkeit! Wie sie unter dem Druck der Beweise und im Kreuzfeuer der Fragen gestehen mußten, hatten sie sich die Arbeit geteilt. Ast A. Roth, einst Student in Göttingen (aber Heisenberg selbst hatte ihn hinausgeworfen, weil er pornographische Bilder in den Astonschen Spektrographen gelegt hatte), »befaßte sich« mit der physikalischen Seite der Schöpfung und verpfuschte sie gehörig. Durch seine Schuld stimmen die sogenannten schwachen Einwirkungen nicht mit den starken überein, und die Symmetrie der Verhaltensgesetze ist fehlerhaft. Jeder Physiker wird im Fluge meine Worte verstehen. Demselben Roth unterlief ein Fehler beim einfachen Addieren, was dazu führte, daß die Elektronenladung, wenn man sie gegenwärtig berechnet, eine unendliche Größe erlangt. Wegen dieses Schafskopfes kann man auch nirgends die Quarden finden, obwohl aus der Theorie hervorgeht, daß sie vorhanden sein müßten! Als Ignorant, der er ist, vergaß er, eine Korrektur in der Dispersionsformel vorzunehmen! Auch der Umstand, daß interferierende Elektronen in krassem Widerspruch zur Logik stehen, ist sein »Verdienst«. Und wenn man bedenkt, daß das Dilemma, über das ein Heisenberg sich sein ganzes Leben lang den Kopf zerbrach, ausgerechnet dessen schlechtester und dümmster Schüler verursacht hat!
      Übrigens hat er sich ein noch schlimmeres Vergehen zuschulden kommen lassen. Mein Schöpfungsplan sah Kernreaktionen vor, denn ohne sie gäbe es ja keine Strahlungsenergie der Gestirne, aber ich hatte die Elemente der Urangruppe kassiert, damit die Menschheit nicht schon in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, das heißt vorzeitig, Atombomben erzeugen könnte. Sie sollte die Kernenergie nur als eine Synthese der Wasserstoffkerne im Helium beherrschen, und weil das schwieriger ist, wäre diese Entdeckung nicht vor dem einundzwanzigsten Jahrhundert zu erwarten gewesen. A. Roth führte die Uraniden jedoch wieder in das Projekt ein. Leider konnte man ihm nicht nachweisen, daß er auf Geheiß eines gewissen imperialen Nachrichtendienstes gehandelt habe, was mit den Plänen einer militärischen Vorherrschaft zusammenhing…. aber eigentlich verdiente er auch so einen Prozeß wegen Völkermordes, denn wäre er nicht gewesen, dann hätte man im zweiten Weltkrieg keine Atombomben auf japanische Städte abgeworfen.
      Der zweite »Spezialist« aus dieser famosen Dreieinigkeit, E. Bubb, hatte einst ein medizinisches Studium absolviert, doch wegen zahlreicher Vergehen hatte man ihm das Recht entzogen, eine Praxis zu unterhalten. Er nun »widmete sich« der biologischen Seite und »vervollkommnete« sie dementsprechend. Was mich betrifft, so hatte ich folgendermaßen überlegt: Die Welt ist so, wie sie ist, und die Menschheit verhält sich so, wie sie sich eben verhält, weil all das auf zufällige, also auf die erste beste Weise anläßlich eines Verstoßes gegen die grundlegenden Gesetze entstanden ist. Man braucht nur einen Augenblick zu überlegen, um zu der Schlußfolgerung zu gelangen, daß es unter solchen Bedingungen noch schlimmer hätte sein können! Es entschied ja so etwas wie eine Lotterie – wenn der »Schöpfer« eine fluktuierende Laune des Nichts war, das sich ungeheuerlich und scheußlich verschuldete, indem es die metagalaktische Blase ohne Sinn und ohne Plan aufblähte!
      Ich hatte erkannt, daß man gewisse Merkmale des Kosmos, wenn man sie richtig retuschierte und korrigierte, belassen konnte, wie sie waren, deshalb erarbeitete ich gewissenhaft nur das, was notwendig war. Hinsichtlich des Menschen verfuhr ich jedoch äußerst radikal. Die Pfuscherei, die ich vorfand, strich ich in einem Zuge aus. Die oben erwähnte Laubhaftigkeit, die die Behaarung des Körpers ersetzen sollte, hätte der Verwirklichung einer neuen Lebensethik gedient, aber der Herr Bubb hielt die Haare für wichtiger, denn sie waren ihm – man beachte! – »zu schade«! Aus

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