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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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den Haaren könne man doch so schöne Nackenfrisuren, Backenbärte und andere Schnörkel machen! Hier eine neue solidaristischhumanistische Moral und dort Werte, die sich nur mit dem Frisörkanon messen lassen! Ich versichere euch, ihr hättet euch nicht wiedererkannt, wäre nicht dieser Boels E. Bubb gewesen, der in das Elektron aus der Kassette erneut alle Scheußlichkeiten hineinkopierte, die ihr bei euch und bei anderen bemerken könnt.
      Was schließlich den Laboranten Hauffen betrifft, so konnte der zwar nichts von selbst tun, aber er verlangte von seinen Kumpanen, daß sie seine Beteiligung an der Weltschöpfung verewigten. So forderte er – mir zittern die Finger, während ich das schreibe –, sein Name möge an jeder Seite des Firmaments zu sehen sein, als ihm aber Roth erklärte, daß sich die Sterne nicht dauerhaft in Monogramme oder Buchstaben ordnen ließen, verlangte er, daß sie wenigstens zu großen Scharen gruppiert werden sollten, also zu Haufen. So geschah es denn auch.
      Am 20. Oktober, als ich den Finger auf die Tasten des Steuerpults legte, hatte ich natürlich keine Ahnung, was ich da eigentlich schuf. Das zeigte sich erst nach ein paar Tagen, als wir die Berechnungen überprüften und auf den Bändern den Inhalt entdeckten, den die unflätige Dreieinigkeit in unserem Positron fixiert hatte. Der Professor war gebrochen. Was mich betrifft, so gestehe ich, daß ich nicht wußte, ob ich mir selbst oder jemand anderem eine Kugel in den Kopf schießen sollte. Zu guter Letzt behielt jedoch die Vernunft die Oberhand über den Zorn und die Verzweiflung, da ich nun wußte, daß sich nichts mehr ändern ließ. Ich nahm nicht einmal am Verhör der Schurken teil, die die von mir geschaffene Welt verhunzt hatten. Professor Tarantoga sagte mir etwa ein halbes Jahr später, daß die drei Eindringlinge in der Schöpfung eine Rolle gespielt hätten, wie man sie in den Religionen dem Satan zuschreibt. Ich zuckte nur mit den Schultern. Diese drei Esel – was war das schon für ein Satan? Übrigens trage ich sowieso die größte Schuld, denn ich war nachlässig geworden und hatte meinen Posten verlassen. Wenn ich nach Rechtfertigungen suchen sollte, würde ich sagen, auch der Pharmazeut aus Bombay sei schuld daran, denn er hatte mir statt eines Mittels, das die Mücken vertreibt, ein Öl verkauft, das sie anlockte wie der Honig die Bienen. Aber wollte man so verfahren, so könnte man Gott weiß wen bezichtigen, er habe zur Entartung der Natur unseres Seins beigetragen. Ich beab sichtigte nicht, mich zu verteidigen, ich bin für die Welt verantwortlich, so wie sie ist, und für alle Mängel des Menschen, denn es lag in meiner Hand, das eine wie das andere besser zu machen.

    ZWANZIGSTE REISE

    Es begann knapp vierundzwanzig Stunden nach meiner Rückkehr von den Hyaden, einer kugelförmigen Gruppe, die so sternendicht war, daß sich die Zivilisationen darin wie Grütze in einem Topf ausnahmen. Ich hatte noch nicht einmal die Hälfte der Koffer mit den Erinnerungsstücken ausgepackt, und schon wollten mir die Hände den Dienst versagen. Zunächst wollte ich das ganze Gepäck in den Keller tragen und mich später damit befassen, wenn ich mich ein wenig verschnauft hatte, denn die Heimreise war mir sehr lang vorgekommen, und ich sehnte mich nur danach, mich in meinen geschnitzten Sessel neben dem Kamin zu setzen, die Beine auszustrecken, die Hände in die Taschen meiner speckigen Hausjacke zu stecken und mir zu sagen, daß mir außer dem Überkochen der Milch, die ich aufgesetzt hatte, nichts drohe. Denn nach vier Jahren einer solchen Fahrt kann man vom Kosmos genug haben, wenigstens für eine gewisse Zeit. Ich trete ans Fenster, dachte ich mir, und davor gibt es keine schwarze Uferlosigkeit, keine zischenden Protuberanzen, sondern eine Straße, Gärten, Büsche, ein Hündchen erledigt an einem Bäumchen sein Geschäft mit einer solchen Gleichgültigkeit gegenüber den Problemen der Milchstraße, daß einen Freude überkommt.
      Aber wie das mit den Träumen so ist, es wurde nichts daraus. Als ich entdeckte, daß bereits das erste Päckchen, das ich aus der Rakete holte, eine eingedrückte Seite hatte, machte ich mich voller Sorge ans Auspacken. Die Myrdangen waren gut erhalten, aber die Kaleeren waren unten zerdrückt – ich konnte das einfach nicht so lassen. Binnen mehrerer Stunden hatte ich die Deckel der größten Kisten aufgestemmt und die Koffer geöffnet; ich legte die Gransen auf die

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