Sterntaler: Thriller (German Edition)
herauskommen?«
»Indem du beweist, dass nichts von alldem wirklich geschehen ist«, erwiderte Erland. »Aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass das so leicht sein wird.«
Als Peder noch ein Kind war, hatte ein Schulkamerad von ihm einmal ein Gerücht über ihn in Umlauf gebracht. »Peder kriecht der Lehrerin in den Arsch, deshalb kriegt er immer Goldsternchen auf seine Mathearbeiten.«
Obwohl Peder allen zeigen konnte, dass er in den Arbeiten schlicht und ergreifend die richtigen Ergebnisse ausgerechnet hatte, glaubten die anderen Kinder lieber dem Jungen, der behauptet hatte, er würde sich bei der Lehrerin einschleimen. Es war Peders erste Lektion, wie hoffnungslos der Kampf gegen ein Gerücht sein konnte. Manche Dinge konnte man einfach nicht mehr abschütteln.
Dass Rebecca Trolle sich im Internet prostituiert haben sollte, schien ein derartiges Gerücht zu sein. All ihre Freunde hatten davon gehört, doch niemand wusste, woher die Information stammte. Wenn die Polizei Fragen stellte, geriet ein jeder ins Zögern. Niemand wollte dafür verantwortlich sein, das Gerücht verbreitet zu haben, niemand wollte zugeben, dass er den Anfang gemacht hatte.
Interessant war vor allem, dass das Gerücht erst nach Rebeccas Verschwinden aufgetaucht war, ganz so als sollte es die Antwort auf das Warum sein. Warum war sie verschwunden? Na, wohl weil irgendein Sexkunde sie erschlagen hatte.
Peder begrüßte Diana Trolles Freundin und deren Tochter am Empfang. »Wir würden gerne einzeln mit Ihnen reden«, erklärte er. Die Freundin durfte mit Peders Kollegin mitgehen, während er selbst sich der Tochter, Elin, annahm.
Sie sah ängstlich aus, als Peder die Tür zu einem der Besprechungsräume öffnete. Sie blieb auf der Schwelle stehen. Einen Moment lang meinte er fast, sie hinüberjagen zu müssen.
»Bitte, setzen Sie sich.«
Sie setzte sich an die lange Seite des Tisches, er sich ihr gegenüber. Wie sollte er das Verhör am besten gestalten? Auf der einen Seite hatte er nicht übel Lust, das Mädchen durchzuschütteln, es an die Wand zu drücken und zu fragen, wie zum Teufel es so dumme Sachen über eine tote Kommilitonin hatte sagen können. Dann wieder glaubte er nicht, damit den gewünschten Effekt zu erzielen. Elin sah eher wie eine Vierzehnjährige aus als wie eine Frau von fünfundzwanzig Jahren, und Peder hatte Angst, sie könnte jeden Moment in Tränen ausbrechen.
»Ich war’s nicht«, sagte sie, noch ehe Peder sich äußern konnte.
»Wie meinen Sie das?«
»Ich habe mir das alles nicht ausgedacht.«
»Okay. Wer dann?«
»Das weiß ich nicht.«
Peder rutschte auf seinem Stuhl herum, um etwas entspannter zu wirken. »Wann tauchte dieses Gerücht eigentlich zum ersten Mal auf?«
»Ich glaube, kurz nachdem sie verschwunden war. Zumindest meine Freunde und ich hatten zuvor noch nie davon gehört.«
Peder dachte nach. »Was glauben Sie, warum sich jemand so etwas ausdenken sollte?«
Elin zuckte mit den Schultern. »Als sie verschwunden ist, hatten wir Angst, und ich glaube, das Gerücht wirkte wie ein Schutzschild für uns. Wenn das der Grund dafür war, dass sie weg war, dann würde es uns anderen nicht passieren.«
»Weil Sie sich nicht im Internet prostituieren?«
»Genau.« Sie sah aufrichtig aus. Und erleichtert.
»Waren Sie eng mit Rebecca befreundet?«
»Nein, das kann ich nicht behaupten. Wir waren Kommilitonen, gingen auf dieselben Partys. Aber nur zu zweit waren wir selten zusammen.«
»Haben Sie deshalb das Gerücht mit verbreitet? Weil Sie keine engen Freundinnen waren?«
»Ich habe gar nichts verbreitet.«
»Doch, das haben Sie. Durch Sie ist das Gerücht immerhin bis zu Rebeccas Mutter gelangt. Es ist Ihnen ja hoffentlich klar, wie übel das ist.«
Elins Stimme begann zu zittern. »Ich habe es niemandem sonst als meiner Mutter erzählt. Ich konnte doch nicht ahnen, dass sie damit ausgerechnet zu Diana gehen würde! Sonst habe ich es niemandem gesagt! Und selbst wenn, dann hätte das auch nichts mehr ausgemacht.«
»Weil alle anderen es bereits wussten?«
»Ja, so war es.«
Peder beschloss, stur zu bleiben. »Wer hat mit dem ganzen Scheiß angefangen?«
»Ich weiß es doch nicht!«
»Jetzt kommen Sie, Elin. Sie müssen doch sagen können, von wem Sie zum ersten Mal davon erfahren haben.« Seine Stimme war jetzt hart und unversöhnlich. So würde er niemals mit Ylva oder seinen Jungs reden. Die Söhne, knapp drei Jahre alt, waren zu klein, um für ihre Taten zur Verantwortung
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