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Sterntaucher

Sterntaucher

Titel: Sterntaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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bejubelt werden, weil sie schön sind und groß und zeitlos irgendwie. Sie sterben nicht. Sind immer da. Sie kommt wieder, und wir denken, daß sie nie weggewesen ist, wie die Sterne, die du in der Nacht am Himmel siehst und dennoch am Tag nicht vergißt. Und weißt du, was noch wichtiger ist? Daß wir wieder reden und einander anschauen können, einfach lachen und reden und glücklich sein, wir drei. Stell dir vor, alles wird wieder, wie es war, dann wirst du auch nicht mehr schreien in mir drin, wirst dir die Augen reiben und dich wundern, was du verpaßt hast in deinem elenden Leben.
    Man kann das doch praktisch angehen, oder? Man setzt eine Anzeige in die Zeitung, ich weiß jetzt nicht, was da stehen soll, aber sie wird sie lesen und wissen, daß wir warten, und sie wird wieder dasein und uns in die Arme nehmen wie früher, wenn es geregnet hat und wir spielen wollten und nicht konnten. Wenn das blöde Tropfen vor dem Fenster nicht aufhören wollte, hat sie uns an sich gedrückt und gesagt, daß wir die Welt nur richtig sehen können, wenn die Sonne scheint.
    Das blöde Tropfen, plopp, plopp. Er schaltete den Fernseher wieder aus und hörte erneut den tröpfelnden Hahn. Billa stand davor, als könnte sie durch ihre pure Anwesenheit das Ding dazu bewegen, damit aufzuhören – wie sah sie denn wieder aus? Geh mir aus den Augen, wollte er sagen, geh sterben und laß mich hier allein, stell dich irgendwo an, wo es warme Suppe gibt, da fällst du nicht auf. Ein Anziehungspunkt für die Menschen am Licht soll meine Kneipe werden, denk sie dir wie die Sonne, um die sich die Erde dreht, da kann ich Finsternis nicht gebrauchen.
    »Der ist verstopft«, murmelte sie.
     
    »Wenn er verstopft wäre«, sagte er, »würde er nicht tropfen, dann käm überhaupt nichts raus.«
    Doch sie schüttelte den Kopf und ließ es tropfen, schaute fahrig und lustlos, als sei es ja eigentlich egal. An diesem anderen Tag hatte sie sich mit einem Fleischermesser an dem Hahn zu schaffen gemacht, was aber auch nichts nutzte – ich hab ihr das Messer weggenommen, Robbi, weil ich es selber versuchen wollte, das Messer, wo ist es geblieben?
    Geh sterben, alte Kuh. Hau ab.
    Er schloß die Augen – hatte Robin das nicht gesagt? Nochmal von vorn, warum brummte es im Kopf und schob sich etwas Dunkles vor seine Augen, schwarze Krallen wie die Hand vom Tod? Robin brüllte, ja, so war das gewesen, Robin stand hier. Genau hier trommelte er mit seinen Fäusten auf den Tresen und keifte, aber warum? Das Geld, es war das Geld – Dorian hatte ihm fünfzig Mark gegeben, gut, da mußte er doch nicht ausrasten, gab es doch keinen Grund. Doch so war er gewesen. Manchmal kam er, stänkerte und haute wieder ab. Aber jetzt ging er nicht, warum?
    Krallen vor seinen Augen, die schwarze Hand vom Tod. Mit kleinen Schritten ging er zu den Tischen herüber, ließ sich auf einen Stuhl fallen und preßte die Handballen auf die Augen. Stimmen, Gewisper waren die ganze Zeit in seinem Kopf gewesen, nun war es still, er sah nur noch Bilder. Er sah Robins Gesicht und dann sah er auch das Blut. So viel Blut auf dem Boden, viel mehr als bei Kemper. Ganze Pfützen davon, Blut auf dem Boden, nein, ich will das nicht sehen, warum hilfst du mir nicht, warum kommst du nicht und hältst mich fest, Mama, hilf mir doch, komm.
    Robin war hier drin gestorben, so mußte es gewesen sein, denn jetzt hörte er wieder den Schrei. Wer schrie denn, er selber, Robin, Billa? Sei still. Hör auf zu schreien.
    »Geht’s dir nicht gut?« Sie kam mit einem Handfeger auf ihn zu und fing an, unter den Tischen zu fegen. Aber so ging das doch nicht, das machte man, bevor der Laden öffnete, man konnte nicht fegen, wenn Gäste da waren, man fegte auch nicht, sondern putzte und lüftete und stellte frische Aschenbecher hin. Hör zu, Robbi, meine Kneipe wird sauber sein und wird gut riechen, glaubst du mir das?
    »Ich hab solches Kopfweh«, murmelte er.
    »Willst du ein Aspirin?« Sie kroch unter den Tischen herum, weswegen er sie kaum verstand.
    »Nein, davon bekomme ich Magenbluten.«
    »Ach was, doch nicht, wenn du mal eine nimmst.«
    »Doch, das steht auf dem Beipackzettel.« Er massierte sich die Schläfen, hinter denen sie wieder anfingen zu brummen, seine Geister, seine Teufel, seine Mörder.
    »Heb mal die Beine hoch.« Sie rutschte auf ihn zu. »Das steht auf dem Beipackzettel, daß Dorian Kammer Magenbluten kriegt?«
    »Halt doch die Klappe«, sagte er. Robin war hier drin gestorben, doch was

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