Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus
Kieber ins Rollen kamen, so ähnlich waren die Folgen. Der eine lebt heute unter Polizeischutz, der zweite sitzt im Gefängnis, der dritte ist auf der Flucht und lebt mit einer neuen Identität im Ausland. Einige von ihnen haben kräftig kassiert, am Ende sind sie trotzdem nicht die Gewinner. Sobald die Informationen und Daten übergeben worden waren, begann die Jagd auf den Überbringer. Selbst Whistleblower, die kein Geld genommen haben, wie der Schweizer Rudolf Elmer , wurden in ihrer Heimat geächtet. Nur der abgebrühte Lieferant der CD mit den Daten der Credit Suisse ist bis jetzt unsichtbar und anonym geblieben. Vermutlich handelt es sich um einen gewöhnlichen Banker, der Zugang zu Daten hatte und über die notwendige Intelligenz verfügt.
Der Kauf von CDs mit Bankdaten in den letzten Jahren war umstritten. Er hat aber entscheidend dazu beigetragen, dass die Steuerfestungen Liechtenstein und Schweiz einbrachen.
Diskretion mit Folgen
Vor einigen Jahren wurde in Schulungen für Mitarbeiter einer Schweizer Großbank eine Folie mit einer Frage an die Wand geworfen: Bewegen wir uns nicht im Bereich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung? Die Antworten der Anwesenden fielen zum Teil etwas gewunden aus. Zum einen sei doch der Steuerschuldner für die vollständige Erklärung seiner Einkünfte verantwortlich. Zum anderen dürfe die Bank bei deutschen Kunden nicht alle ihre Möglichkeiten nutzen. So dürften offenkundig nicht deklarierte Gelder beispielsweise nicht in der Bankniederlassung in Singapur versteckt werden. Die deutschen Behörden verstünden da keinen Spaß.
Strafrechtlich sind zwar die Steuersünder die Haupttäter, doch haben sie häufig Gehilfen, die ihnen den rechten Weg weisen. Vereinfacht gesagt ist Gehilfe, wer von der Haupttat weiß und diese physisch und psychisch fördert. Das kann der Vorschlag eines steuersparenden Anlagemodells sein oder auch der Rat, das Geld auf jeden Fall in die Schweiz zu schaffen, weil es dort keinen gläsernen Kunden gibt.
Im Fall der Credit Suisse , die nach dem Auftauchen der CD erklärte, dass sie die jeweilige Steuersituation ihrer Kunden nicht kenne, liegen den Finanzbehörden gegenteilige Informationen vor: In bankinternen Schätzungen ging die Bank bereits 2004 davon aus, dass rund 88 Prozent der deutschen Anleger, die ihr Geld in die Schweiz zur Credit Suisse gebracht hatten, vermutlich Schwarzgeld versteckten. Der Anteil der möglichen Steuerhinterzieher in den deutschen Filialen der Credit Suisse wird in diesen Dokumenten lediglich auf zehn Prozent geschätzt.
Beihilfe zur Steuerhinterziehung wurde auch der LGT Bank in Liechtenstein vorgeworfen. Durch den Ankauf der CD flogen 2008 hunderte Steuersünder auf, die eine halbe Milliarde Euro bei der Bank versteckt hatten. Zu den prominentesten gehörte der frühere Vorstandschef der Deutschen Post, Klaus Zumwinkel . Er wurde zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung und zu einer Million Euro Geldbuße verurteilt. Der Springreiter Paul Schockemöhle kam hingegen mit einer hohen Geldstrafe davon. Doch meist bleiben die Steuerhinterzieher anonym. Zumwinkel , der große Summen in einer Stiftung in Liechtenstein versteckt hatte und von den Medien vorgeführt wurde, ist da eine Ausnahme. Er verkörperte mit seinem Verhalten den raffgierigen Reichen.
Eigentlich geht es in den Verfahren aber um Zahlen, weniger um Schicksale. Mithilfe der CDs wurden Steuerfestungen geschleift und es floss viel Geld in die Staatskassen. Alles in allem wurden bisher für alle CDs in den vergangenen Jahren rund zehn Millionen Euro von Staats wegen gezahlt – die eingegangenen Gelder beliefen sich auf weit über eine Milliarde Euro. Die mit dem CD-Ankauf ausgelösten Selbstanzeigen erbrachten den Hauptanteil dieser Summe.
In den beiden zuvor beschriebenen Fällen ermitteln die Behörden gegen die Mitarbeiter der Banken wegen Mithilfe zur Steuerhinterziehung. Das Verfahren gegen die LGT wurde zwischenzeitlich gegen Zahlung von 46,5 Millionen Euro eingestellt. Die Ermittlungen gegen die Credit Suisse werden dagegen mit ungewöhnlicher Intensität weiterbetrieben. Etliche der erwischten Kunden haben die Ermittler darauf hingewiesen, dass schwarze Vermögen in Lebensversicherungen umgelagert wurden. Nun prüfen die Fahnder unter anderem, ob – anders als bei normalen Lebensversicherungen – die Kunden weiter auf das Geld zugreifen konnten. In diesem Fall wären die Lebensversicherungen nur ein Deckmantel für Steuerhinterziehung gewesen.
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