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Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn - Wenn mich jemand sucht – ich bin im Kühlschrank

Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn - Wenn mich jemand sucht – ich bin im Kühlschrank

Titel: Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn - Wenn mich jemand sucht – ich bin im Kühlschrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn
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Ernährungswissenschaften der Universität Wien die Rolle der Lektine als erheblich überschätzt bewertet. Nach ihren Erkenntnissen entbehrt eine blutgruppenspezifische Ernährung jeglicher Grundlage. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schätzt die meisten pflanzlichen Lektine als unbedenklich ein. Die Stiftung Warentest schrieb sogar: »Eine Verklumpung von Blutzellen […] wurde bisher in keinem einzigen Fall festgestellt. Und Belege dafür, dass Erkrankungen durch die Blutgruppendiät positiv beeinflusst werden, fehlen ebenfalls.«
    Das wusste ich damals alles noch nicht. Allerdings gab ich nicht aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse auf, sondern weil ich einfach mal wieder nicht durchhielt. Frustriert rief ich Rainer an, meinen sicheren Hafen, mein treues Auffangbecken, der mich erst einmal auf ein paar Country Potatoes zu sich nach Hause einlud. In dieser Nacht wurden wir ein Paar.
    Meine Oma war ganz glücklich, als sie Rainer kennenlernte.
    »Der hat so liebe Augen«, sagte sie. »Jetzt brauche ich mir endlich keine Sorgen mehr um dich zu machen. Nun bist du in guten Händen.«
    Am nächsten Tag war Oma tot.
DA WAREN ES NUR NOCH ZWEI
Gewicht: 87 Kilo
Gefühlslage: Haltet die Welt an – ich will mal aussteigen!
    Oma wäre nicht Oma gewesen, wenn sie einfach so gestorben wäre. Ihr Tod war nicht nur spektakulär, sondern auch sehr spontan – wie ihre Besuche. Und diese »Überraschung« war ihr wirklich gelungen. Aber der Apfel fällt ja nicht weit vom Stamm. Dass mein Vater so früh gestorben war, war zwar schrecklich, aber leider auch abzusehen gewesen. Dass der Krebs den Wettlauf gegen den Alkohol gewonnen hatte, war dabei die eigentliche Überraschung. Ich bin mir nicht sicher, inwiefern der Tod meines Vaters meine Mutter tangierte, aber für meine Oma war dieses Ereignis der Nagel, der sich zwei Jahre lang gemächlich, aber immer tiefer in ihren Sarg bohrte. Denn ihr Otto war ihr Ein und Alles gewesen. Dabei war er noch nicht einmal wirklich »ihr« Otto. Mein Vater war nämlich das leibliche Kind einer Krankenschwester. Und das kam so:
    Meine Oma wünschte sich nichts sehnlicher als ein Kind und verlor insgesamt sieben: Vier noch während der Schwangerschaft, zwei starben bei der Geburt und eins im Kindbett. Meine Oma war, wie man sich vorstellen kann, über ihre Nachwuchssituation todunglücklich. (Ich denke, diese Tatsache erklärt auch ihre Puppenkollektion.) Gegen Ende des Krieges wurde mein Opa verwundet und kam ins Krankenhaus. Dort lernte er eine blonde und – wie man an mir sehen kann – gut aussehende dänische Krankenschwester kennen, die er noch im Krankenbett schwängerte. Oma bekam davon Wind und aus Verzweiflung (einerseits aus Sehnsucht nach einem Kind, andererseits aus Angst vor dem Gerede der Leute) nahm sie den unehelichen Nachwuchs kurzerhand auf und adoptierte ihn. Die Krankenschwester hatte nach eigener Aussage kein Interesse an dem Bastard. Somit war er für Oma ab sofort »ihr« Sohn. Sie liebte ihn abgöttisch, den kleinen Otto, den späteren Schwerenöter und Trinker. Eigentlich stellte sie ihr ganzes Leben in seinen Dienst und versuchte stets, all seine Spielchen und Missetaten zu decken – vom Kaninchen bis zum Ehebruch.
    Und dann, zwei für Oma unglaublich schwere Jahre nach Ottos Tod, starb sie – und zwar direkt auf dem Friedhof, denn sie kippte tot auf sein Grab.
    An diesem Tag wollte ich sie eigentlich besuchen, entschied mich aber aufgrund einer extrem starken Erkältung dagegen und fuhr stattdessen zum Arzt. Trotz des vollen Wartezimmers kam ich sofort dran. Die Frau Doktor guckte mich mitleidig an und fragte, wie es mir ginge.
    »Na, scheiße natürlich«, antwortete ich ihr. »Ich bin total erkältet! Meine Nase läuft den ganzen Tag über und mein Schädel brummt wie Hölle.«
    »Oh«, sagte sie andächtig, »dann wissen Sie es noch gar nicht?«
    Nein, wusste ich nicht. Sie erzählte mir die ganze Geschichte und ich fuhr direkt zum Friedhof zu Papas Grab.
    Man könnte denken, es wäre praktisch, wenn jemand auf dem Friedhof stirbt. Allerdings nicht in diesem Fall. Denn meine Oma – wie auch mein Opa – hatte ihren Körper nach dem Tod der Wissenschaft zur Verfügung gestellt und somit durfte ihr Leichnam nicht ohne Weiteres eingesargt werden. Die Leiche musste unverändert innerhalb weniger Stunden nach Münster zur Uni abtransportiert werden. Und das geht nur mit ausgestelltem Totenschein. Ein Totenschein wiederum muss die

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