Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
sie raus, Bruder.‹ Meine Gedanken wirbelten durcheinander. Ich überlegte, ob ich vielleicht die Wagentür gegen seine Beine knallen und mich aus dem Staub machen könnte, aber es bestand die hohe Wahrscheinlichkeit, dass er mich erschießen würde. Also reichte ich ihm ganz langsam und vorsichtig die Blue Box.« Es war eine seltsame Art von Raub. Der Junge gab Jobs eine Telefonnummer und sagte, er werde die Blue Box später bezahlen, wenn sie funktioniere. Als Jobs die Nummer wählte, war er tatsächlich am Apparat; er hatte nicht kapiert, wie die Blue Box funktionierte. Jobs überredete ihn auf seine diplomatische Art, sich mit ihm und Wozniak an einem öffentlichen Ort zu treffen. Doch schließlich bekamen sie kalte Füße und beschlossen, auf eine weitere Begegnung mit dem bewaffneten Räuber zu verzichten, auch wenn sie sich damit die Chance entgehen ließen, vielleicht doch noch ihre 150 Dollar einzukassieren.
Diese Episode bahnte den Weg zu ihrem größeren gemeinsamen Abenteuer. »Wären da nicht die Blue Boxes gewesen, hätte es auch keinen Apple gegeben«, überlegte Jobs später. »Davon bin ich hundertprozentig überzeugt. Woz und ich lernten, miteinander zu arbeiten, wir gewannen die Überzeugung, dass wir technische Probleme lösen könnten, und stellten auch tatsächlich etwas her.« Sie hatten ein Gerät mit einer kleinen Platine gebaut, das künftig Infrastruktur im Wert von Milliarden Dollar kontrollieren würde. »Das hat uns wirklich Selbstvertrauen gegeben.« Woz gelangte zu derselben Überzeugung. »Es war vermutlich keine gute Idee, sie zu verkaufen, doch es vermittelte uns einen Vorgeschmack, was wir mit meinem Ingenieurtalent und seiner Vision erreichen könnten«, sagte er. Das Blue-Box-Abenteuer diente als Muster für eine Partnerschaft, die bald entstehen sollte. Wozniak würde der liebenswürdige Zauberer sein, der eine coole Erfindung macht, die er gern auch einfach nur verschenken würde, und Jobs würde herausfinden, wie er sie benutzerfreundlich gestalten, abpacken, vermarkten und ein paar Dollar damit verdienen konnte.
Kapitel 3 Der Aussteiger: Turn on, tune in …
Chrisann Brennan
Zum Ende seines Abschlussjahres an der Homestead, im Frühling 1972, traf sich Jobs immer häufiger mit einem Hippiemädchen namens Chrisann Brennan, die ungefähr in seinem Alter, aber immer noch in der elften Klasse war. Sie hatte hellbraunes Haar, grüne Augen, hohe Wangenknochen und war sehr attraktiv. Ihre Eltern trennten sich gerade, was sie sehr verletzlich machte. »Wir arbeiteten zusammen an einem Animationsfilm, trafen uns dann immer öfter, und sie wurde meine erste richtige Freundin«, erinnerte sich Jobs. Chrisann drückte es später so aus: »Steve war irgendwie verrückt und das machte ihn anziehend für mich.«
Jobs’ Verrücktheit war jedoch eine, die er kultiviert hatte. Er hatte seine bis heute andauernden Experimente mit zwanghaftem Diäthalten – ausschließlich mit Obst und Gemüse – begonnen und war folglich gertenschlank. Er lernte, Menschen anzuschauen, ohne zu blinzeln, und perfektionierte langes Schweigen, das er dann durch einen plötzlichen Wortschwall unterbrach. Diese seltsame Mischung aus Intensität und Distanziertheit verlieh ihm, zusammen mit seinem schulterlangen Haar und dem zotteligen Bart, die Aura eines durchgeknallten Schamanen. Er war durchaus charismatisch, gleichzeitig aber auch unheimlich. »Er schlurfte durch die Gegend und wirkte leicht verrückt«, so Chrisann. »Er war voller Angst, die ihn wie ein dunkler Schleier einhüllte.«
Damals hatte Jobs angefangen, LSD einzuwerfen, und auf einem Weizenfeld außerhalb von Sunnyvale machte er auch Chrisann damit vertraut. »Es war unglaublich«, sagte er. »Ich hatte mir oft Bach angehört. Plötzlich spielte das Weizenfeld Bach. Noch nie hatte ich etwas so Unglaubliches erlebt, ein solches Hochgefühl. Ich fühlte mich wie der Dirigent dieser Sinfonie, und Bachs Komposition kam durch das Weizenfeld auf mich zu.«
Nachdem Jobs im Sommer 1972 sein Abschlussexamen gemacht hatte, zog er mit Chrisann in eine Hütte in den Hügeln von Los Altos. Eines Tages verkündete er es seinen Eltern. Sein Vater war wütend. »Nein, das wirst du nicht, nur über meine Leiche.« Erst vor Kurzem hatten sie Streit wegen Marihuana gehabt, und wieder einmal setzte Jobs junior seinen Willen durch. Er verabschiedete sich einfach und ging.
Chrisann widmete sich während dieses Sommers hauptsächlich der Malerei. Sie hatte
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