Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
Studenten des Reed College nahmen alle drei Aufforderungen ernst; die Abbrecherquote in den siebziger Jahren betrug mehr als ein Drittel.
Im Herbst 1972, als es an der Zeit war, dass Jobs sich immatrikulierte, fuhren ihn seine Eltern nach Portland, doch er spielte mal wieder den Aufsässigen und ließ nicht zu, dass sie mit auf den Campus kamen. Er weigerte sich sogar, sich von ihnen zu verabschieden oder sich zu bedanken. Später gab er diese Szene mit ungewohnter Reue wieder:
Das ist eine der Begebenheiten in meinem Leben, deretwegen ich mich wirklich schäme. Ich war nicht sehr feinfühlig und ich habe ihre Gefühle verletzt, was ich nicht hätte tun sollen. Sie hatten alles getan, damit ich auf das Reed College gehen konnte, aber ich wollte sie einfach nicht um mich haben. Ich wollte nicht, dass irgendjemand erfuhr, dass ich Eltern hatte. Ich wollte als Waise erscheinen, der mit dem Zug durchs Land gefahren und aus dem Nichts aufgetaucht war, ohne Wurzeln, ohne Bindungen, ohne Background.
Als Jobs Ende 1972 aufs Reed College ging, vollzog sich im amerikanischen Campusleben ein grundlegender Wandel. Amerikas Verwicklung in den Vietnamkrieg und die damit einhergehende Welle an Einberufungen waren rückläufig. Die politischen Aktivitäten an den Colleges ließen nach und wurden in vielen nächtlichen Diskussionen im Studentenwohnheimdurch das Interesse an Wegen zur persönlichen Erfüllung ersetzt. Jobs verschlang eine Menge Bücher über Spiritualität und Erleuchtung. Besonders beeindruckte ihn Be Here Now ( Sei jetzt hier ), eine Anleitung zur Meditation und zu den wunderbaren Wirkungen psychedelischer Drogen von Baba Ram Dass (mit bürgerlichem Namen Richard Alpert). »Es war sehr tiefgründig«, sagte Jobs, »und veränderte mich und viele meiner Freunde.«
Der engste dieser Freunde war ein weiterer zottelbärtiger Studienanfänger namens Daniel Kottke, den Jobs eine Woche nach seiner Ankunft am Reed kennenlernte und dessen Interesse an Zen, Dylan und LSD er teilte. Kottke, der aus einem reichen Vorort New Yorks kam, war intelligent, aber leistungsschwach, mit einem netten Hippiegehabe, das durch sein Interesse am Buddhismus noch verstärkt wurde. Für die spirituelle Suche verzichtete er auf materiellen Besitz. Dennoch war er angetan von Jobs’ Kassettengerät. »Steve hatte ein TEAC-Spulentonbandgerät und jede Menge Raubkopien von Dylan«, erinnerte sich Kottke. »Er war echt cool und ein Technikfreak.«
Jobs verbrachte viel Zeit mit Kottke und dessen Freundin Elizabeth Holmes, auch nachdem er sie beim ersten Treffen beleidigt hatte, weil er fragte, wie teuer es käme, sie dazu zu bringen, Sex mit einem anderen Mann zu haben. Gemeinsam trampten die drei zur Küste, diskutierten stundenlang über den Sinn des Lebens, besuchten die Love-Festivals im lokalen Hare-Krishna-Tempel und gingen ins Zen-Center, um kostenlos vegetarisch zu essen. »Wir hatten viel Spaß«, sagte Kottke, »meditierten aber auch viel und nahmen Zen sehr ernst.«
Jobs wurde ein eifriger Besucher der Bibliothek und las gemeinsam mit Kottke weitere Bücher über Zen, darunter Zen-Geist, Anfänger-Geist von Shunryu Suzuki, Autobiographie eines Yogi von Paramahansa Yogananda, Kosmisches Bewusstsein von Richard Maurice Bucke und Spirituellen Materialismus durchschneiden von Chögyam Trungpa. Sie richteten in einer Ecke des Dachgeschosses über Elizabeth Holmes’ Zimmer einen Meditationsraum ein und statteten ihn mit indischen Postern, einem Läufer, Kerzen, Weihrauch und Meditationskissen aus. »An der Decke befand sich eine Luke, die zu einem sehr geräumigen Dachboden führte«, sagte er. »Manchmal warfen wir dort LSD ein, aber hauptsächlich meditierten wir.«
Jobs’ Beschäftigung mit der östlichen Spiritualität, insbesondere mit dem Zen-Buddhismus, war nicht nur eine vorübergehende Laune oder eine Jugendliebhaberei. Er befasste sich in seiner typischen Intensität damit, und die Spiritualität verankerte sich tief in seiner Persönlichkeit. »Steve ist in hohem Maße ein Zen-Buddhist«, so Kottke. »Der Zen-Buddhismus übte einen starken Einfluss auf ihn aus. Man erkennt dies an seiner nüchternen minimalistischen Ästhetik, seinem intensiven Fokus.« Jobs wurde auch stark durch die für den Buddhismus typische Betonung der Intuition beeinflusst. »Ich begann zu erkennen, dass intuitives Verständnis und Bewusstsein bedeutungsvoller waren als abstraktes Denken und intellektuelle logische Analyse«, sagte er später. Seine
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