Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
wirklich mochte. Es konnte richtig lustig mit ihm sein – er ist klug, witzig. Aber er hatte auch eine dunkle Seite. Sein Ego hat irgendwann die Oberhand gewonnen. Anfangs war Eisner mir gegenüber vernünftig und fair, aber im Lauf der Jahre, die ich mit ihm zu tun hatte, lernte ich seine dunkle Seite kennen.
2004 bestand Eisners größtes Problem darin, dass er den katastrophalen Zustand seiner Animationsabteilung nicht erfasste. Die beiden letzten Filme, Der Schatzplanet ( Treasure Planet )und Bärenbrüde r ( Brother Bear ), waren des Vermächtnisses von Disney nicht würdig und machten sich auch in der Bilanz nicht gerade gut. Zugkräftige Animationsfilme waren die Lebensader des Unternehmens, sie lieferten die Vorlagen für Attraktionen in den Themenparks, Spielzeug und Fernsehfilme. Toy Story hatte zu einem Fortsetzungsfilm geführt, einer »Disney on Ice Show«, einem Toy Story Musical, das auf den Disney-Kreuzfahrtschiffen gezeigt wurde, einem Direct-to-Video-Film mit Buzz Lightyear, einem digitalen Buch, zwei Videospielen, einem Dutzend Actionfiguren, von denen 25 Millionen Stück verkauft wurden, einer Bekleidungslinie und neun verschiedenen Attraktionen in Disney-Themenparks. Bei Der Schatzplanet war das nicht der Fall.
»Michael kapierte nicht, dass Disneys Probleme im Animationsbereich mehr als dringlich waren«, erklärte Iger später. »Das zeigte sich daran, wie er mit Pixar umging. Ihm war nicht klar, wie sehr er Pixar tatsächlich brauchte.« Hinzu kam, dass Eisner gern verhandelte und ungern Kompromisse einging, eine eher unglückliche Kombination, wenn man es mit dem ähnlich gepolten Jobs zu tun hatte. »Jede Verhandlung erfordert Kompromisse«, sagte Iger. »Und die Kunst, Kompromisse zu schließen, beherrscht keiner von beiden.«
Ein Weg aus der Sackgasse eröffnete sich 2005 an einem Samstagabend, als Iger einen Anruf des früheren Senators George Mitchell und einiger anderer Mitglieder des Disney-Board erhielt. Sie teilten ihm mit, dass er in wenigen Monaten Eisners Position als CEO bei Disney übernehmen würde. Am nächsten Morgen rief Iger zuerst seine Töchter an und anschließend Steve Jobs und John Lasseter. Ohne Umschweife erklärte er ihnen, dass er Pixar sehr schätze und zu einer Einigung gelangen wolle. Jobs war hocherfreut. Er mochte Iger, und es gab zu seinem Erstaunen sogar etwas, was sie verband. Seine Exfreundin Jennifer Egan war an der University of Pennsylvania die Mitbewohnerin von Igers Frau Willow Bay gewesen.
Im Sommer bevor Iger offiziell Eisners Nachfolge antrat, unternahmen er und Jobs einen Probelauf in Sachen Vertragsverhandlungen. Apple wollte in Kürze einen iPod auf den Markt bringen, der nicht nur Musik, sondern auch Videos abspielen konnte. Um den Absatz anzukurbeln, musste man Fernsehserien anbieten, aber Jobs wollte nicht in aller Öffentlichkeit darüber verhandeln, weil das Produkt wie üblich bis zu dem Augenblick, in dem er es auf der Bühne enthüllte, geheim bleiben sollte. Die beiden erfolgreichsten amerikanischen Serien, Desperate Housewives und Lost, wurden von dem zu Disney gehörenden Sender ABC produziert, für den Iger verantwortlich war. Iger, der mehrere iPods besaß und sie den ganzen Tag in Gebrauch hatte, angefangen beim Morgensport um fünf Uhr früh bis spät in die Nacht, hatte bereits darüber nachgedacht, wie sich der neue iPod für Fernsehserien nutzen ließe. Deshalb bot er sofort an, die beliebtesten ABC-Serien dafür zur Verfügung zu stellen. »Innerhalb einer Woche hatten wir den Vertrag unter Dach und Fach, und das, obwohl die Sache nicht ganz einfach war«, sagte Iger. »Es war wichtig, weil Steve sehen sollte, wie ich arbeite, und weil es jedem zeigte, dass Disney sehr wohl mit Steve zusammenarbeiten konnte.«
Zur Vorstellung des iPod video hatte Jobs das California Theater in San José gemietet, und er lud Iger als Überraschungsgast ein. »Ich war noch nie bei einer seiner Produktvorstellungen gewesen, deshalb hatte ich keine Ahnung, was für ein Riesenereignis das war«, erinnerte sich Iger. »Das hob unsere Beziehung auf eine ganz neue Ebene. Er sah, dass ich mich für Technik interessierte und bereit war, ein Risiko einzugehen.« Jobs gab seinen gewohnten virtuosen Auftritt, stellte die Leistungsmerkmale des neuen iPod vor, erklärte, er gehöre »mit zum Besten, was wir je gemacht haben«, und dass der iTunes Store ab sofort auch Musikvideos und Kurzfilme verkaufen würde. Wie üblich beendete er die Präsentation
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