Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
Organspendeportale; jeden Abend sah sie nach, wie viele Patienten auf den Listen standen, welche MELD-Werte sie hatten und wie lange sie schon warteten. »Ich rechnete mir aus, dass er in Kalifornien erst weit nach Ende Juni eine Leber bekommen hätte, und die Ärzte glaubten, seine Leber würde höchstens noch bis April durchhalten«, erinnerte sie sich. Also fragte sie herum und fand heraus, dass es rechtlich zulässig ist, sich in zwei Bundesstaaten gleichzeitig auf die Warteliste setzen zu lassen. Etwa drei Prozent der Betroffenen machen von dieser Möglichkeit Gebrauch, die von den Vergabeeinrichtungen akzeptiert wird, auch wenn Kritiker einwenden, dass sie reiche Patienten bevorzugt. Potenzielle Organempfänger müssen allerdings zwei Bedingungen erfüllen: Erstens müssen sie das gewählte Krankenhaus innerhalb von acht Stunden erreichen können, was für Jobs dank seines Privatjets kein Problem war, und zweitens mussten die Ärzte dieser Klinik den Patienten zuvor persönlich in Augenschein nehmen, ehe er dort auf die Liste gesetzt werden konnte.
George Riley, der Anwalt aus San Francisco, den Apple oft um Rechtsgutachten ersuchte, war ein Tennessee-Gentleman der alten Schule und mochte Jobs. Seine Eltern waren beide Ärzte am Methodist University Hospital in Memphis, Tennessee, gewesen, er selbst war dort geboren und ein Freund James Easons, der die Transplantationsstation leitete. Easons Station war eine der besten und gefragtesten landesweit; 2008 hatten er und sein Team 121 Lebern verpflanzt. Er hatte nichts dagegen, wenn sich jemand von außerhalb in Memphis zusätzlich auf die Liste setzen ließ. »Das hat nichts mit Vordrängen zu tun«, meinte er. »Es geht letztlich um die freie Arztwahl. Manche Patienten aus Tennessee reisen für eine Behandlung nach Kalifornien oder auch woandershin und jetzt kommen eben Patienten aus Kalifornien nach Tennessee.« Riley organisierte für Eason einen Flug nach Palo Alto, damit dieser die erforderliche persönliche Untersuchung dort vornehmen konnte.
Ende Februar hatte Jobs dann seinen Platz auf der Warteliste in Tennessee (zusätzlich zu dem in Kalifornien) und das nervöse Warten begann. In der ersten Märzwoche verfiel er zusehends, und er würde wahrscheinlich erst in 21 Tagen für eine Transplantation an der Reihe sein. »Es war schrecklich«, erinnerte sich Laurene. »Es sah nicht so aus, als würde er lange genug durchhalten.« Jeder Tag war schlimmer als der vergangene. Mitte März stand er auf Platz drei der Liste, dann auf Platz zwei, und endlich war er der nächste Kandidat. Aber dann vergingen Tage, ohne dass ein Spenderorgan zur Verfügung stand. Erst die bittere Tatsache, dass der bevorstehende St. Patrick’s Day und die March Madness (Memphis nahm 2009 an dem Basketballturnier teil und war regionaler Austragungsort) zu vermehrten alkoholbedingten Autounfällen führen würden, ließ die Chance auf einen Leberspender wieder steigen.
Tatsächlich kam am Wochenende des 21. März 2009 ein junger Mann bei einem Unfall ums Leben, der sich als Organspender zur Verfügung gestellt hatte. Jobs flog mit seiner Frau nach Memphis. Sie landeten kurz nach vier Uhr morgens und wurden von Eason in Empfang genommen. Auf dem Rollfeld wartete ein Wagen und die Aufnahmeformalitäten für das Krankenhaus wurden während der Fahrt erledigt.
Die Transplantation verlief erfolgreich, aber nicht ohne Beunruhigung. Als Jobs’ alte Leber entfernt wurde, fanden die Ärzte Flecken auf dem Bauchfell. Außerdem war die ganze Leber von Tumoren durchsetzt, was vermutlich bedeutete, dass es weitere Metastasen in anderen Organen gab. Der Krebs hatte anscheinend eine Mutation durchgemacht und wuchs schnell. Gewebeproben und weitere genetische Sequenzierungen folgten.
Einige Tage später war ein weiterer Eingriff erforderlich. Bei der Narkose bestand Jobs darauf, dass sein Magen nicht ausgepumpt wurde; prompt atmete er einen Teil des Mageninhalts ein und trug eine Lungenentzündung davon. Eine Weile sah es so aus, als würde er nicht überleben. Später erinnerte er sich:
Ich bin bei dieser Routinesache fast gestorben, weil sie es vermasselt haben. Laurene war bei mir und holte die Kinder dazu, weil ich die Nacht womöglich nicht überleben würde. Reed sah sich gerade mit einem von Laurenes Brüdern verschiedene Colleges an. Wir holten ihn mit einem Privatflugzeug bei Dartmouth ab und erzählten ihm, wie es stand. Auch die Mädchen wurden mit dem Flugzeug gebracht. Man glaubte, es
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