Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
und immer noch in der Uniform seiner ehemaligen Unverwundbarkeit«. Apple gab eine Presseerklärung heraus, in der es fälschlich hieß, Jobs’ Gewichtsverlust sei auf »eine harmlose Erkrankung« zurückzuführen. Im folgenden Monat, als die Fragen nicht verstummen wollten, ließ die Firma verlauten, Jobs’ Gesundheitszustand sei »seine Privatangelegenheit«.
Joe Nocera kommentierte in der New York Times den Umgang mit Jobs’ Gesundheitsproblemen. »Man kann sich einfach nicht darauf verlassen, dass Apple die Wahrheit über seinen CEO sagt«, schrieb er Ende Juli. »Unter Mr. Jobs ist bei Apple eine Kultur der Geheimniskrämerei entstanden, die dem Unternehmen bisher in vielerlei Hinsicht geholfen hat – die Spekulationen darüber, welche neuen Produkte Apple bei der jährlichen Macworld jeweils präsentieren wird, sind eines der besten Marketing-Tools der Firma. Aber dieselbe Kultur vergiftet jetzt die Unternehmensführung.« Außer der Standardantwort von Apple, Jobs’ Gesundheit sei seine Privatsache, erhielt Nocera bei der Arbeit an seiner Kolumne plötzlich auch einen Anruf von Jobs selbst. »Hier spricht Steve Jobs«, fing er an. »Sie glauben, ich bin ein arrogantes Arschloch, das meint, über dem Gesetz zu stehen, und ich glaube, Sie sind ein Schleimer, der sich nicht an die Fakten hält.« Nach dieser ziemlich drastischen Einleitung bot ihm Jobs tatsächlich einige Informationen zu seinem Gesundheitszustand an, unter der Bedingung, dass Nocera sie nicht veröffentlichte. Nocera hielt sich daran, durfte aber immerhin schreiben, dass Jobs’ Krankheit zwar nicht harmlos sei, aber »auch nicht lebensbedrohlich, und sein Krebs nicht zurückgekehrt« sei. Damit hatte Jobs Nocera mehr gesagt, als er seiner eigenen Unternehmensführung und den Aktionären preisgeben wollte, aber immer noch nicht die ganze Wahrheit.
Teilweise wegen der Sorge um Jobs’ Gewichtsverlust sank der Kurs der Apple-Aktie von 188 Dollar Anfang Juni 2008 langsam bis auf 156 Dollar Ende Juli. Es half auch nicht gerade, als Bloomberg News Ende August versehentlich den vorgefertigten Nachruf auf Jobs veröffentlichte, der dann beim bekannten Gossip-Blog Gawker landete. Jobs ließ es sich nicht nehmen, bei seiner jährlichen Musikveranstaltung einige Tage später das berühmte Mark-Twain-Zitat zu bringen: »Die Berichte über meinen Tod sind stark übertrieben«, erklärte er bei der Vorstellung einer neuen iPod-Serie. Seine hagere Erscheinung wirkte allerdings nicht besonders vertrauenserweckend. Anfang Oktober war der Aktienkurs auf 97 Dollar gefallen.
Im selben Monat hatte Doug Morris von Universal einen Termin bei Jobs in der Firma. Stattdessen lud Jobs ihn zu sich nach Hause ein. Morris war überrascht, wie krank Jobs war und was für starke Schmerzen er offensichtlich hatte. Morris sollte in Kürze bei einer Gala der Krebshilfeorganisation City of Hope in Los Angeles geehrt werden und lud Jobs ein, mit ihm zu kommen. Jobs ging Wohltätigkeitsveranstaltungen gewöhnlich aus dem Weg, aber diesmal sagte er zu, sowohl der guten Sache wegen als auch, um Morris einen Gefallen zu tun. Bei der Gala, die in einem Festzelt am Strand von Santa Monica stattfand, erklärte Morris vor den 2000 Gästen, dass Jobs der Musikindustrie neues Leben einhauche. Das Musikprogramm – mit Auftritten von Stevie Nicks, Lionel Richie, Erykah Badu und Akon – zog sich bis nach Mitternacht hin, und Jobs bekam heftigen Schüttelfrost. Jimmy Iovine gab ihm ein Kapuzensweatshirt und Jobs behielt die Kapuze den ganzen Abend über auf. »Er war so krank, so verfroren, so dünn«, erinnerte sich Morris.
Brent Schlender, erfahrener Technologiejournalist bei Fortune , wollte die Zeitschrift im Dezember verlassen und sein Schwanengesang sollte ein gemeinsames Interview mit Jobs, Bill Gates, Andy Grove und Michael Dell sein. Es war schwierig zu organisieren gewesen und Jobs sagte nur wenige Tage vor dem angesetzten Termin plötzlich ab. »Wenn jemand fragt weshalb, sagen Sie einfach, ich bin eben ein Arschloch«, erklärte er. Gates war zunächst verärgert, aber dann erfuhr er von Jobs’ Gesundheitszustand. »Natürlich hatte er einen sehr, sehr guten Grund«, meinte Gates. »Er wollte es nur nicht sagen.« Das wurde noch deutlicher, als Apple am 16. Dezember bekannt gab, dass Jobs nicht, wie ursprünglich angekündigt, im Januar auf der Macworld auftreten würde, dem Forum, das ihm seit elf Jahren als Plattform für die Vorstellung neuer Produkte diente.
Die
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