Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
erwiderte er schließlich, fügte dann aber hinzu, »zumindest taten sie das einmal.«
Als unser Gespräch sich dem bemitleidenswerten Zustand von Wirtschaft und Politik zuwandte, äußerte er ein paar sehr harte Meinungen über den Mangel an starken Führungskräften in der Welt. »Ich bin enttäuscht von Obama«, sagte er. »Er hat Probleme, zu führen, weil er davor zurückschreckt, Leute zu beleidigen oder ihnen auf den Schlips zu treten.« Er erriet meine Gedanken und pflichtete mit einem kleinen Lächeln bei: »Stimmt, dieses Problem hatte ich nie.«
Nach zwei Stunden wurde er ruhig, und ich erhob mich vom Bett, um den Raum zu verlassen. »Warte«, flüsterte er und bedeutete mir, mich wieder zu setzen. Er brauchte ein oder zwei Minuten, um wieder genug Kraft zum Sprechen zu sammeln. »Ich war ziemlich nervös wegen dieses Projekts«, sagte er schließlich und meinte seine Entscheidung, an diesem Buch mitzuwirken. »Ich war wirklich beunruhigt.«
»Warum hast du es getan?«, fragte ich.
»Ich wollte, dass meine Kinder mich kennen«, erwiderte er. »Ich war nicht immer für sie da, und ich wollte, dass sie wissen, weshalb, und dass sie verstehen, was ich getan habe. Als ich krank wurde, habe ich außerdem begriffen, dass andere Leute nach meinem Tod über mich schreiben würden, und sie wüssten rein gar nichts. Sie würden alles falsch darlegen. Also wollte ich sichergehen, dass jemand hört, was ich zu sagen habe.«
Er hatte während der zwei Jahre nie eine Frage zu dem gestellt, was ich in das Buch aufgenommen oder welche Schlüsse ich gezogen hatte. Aber jetzt sah er mich an und meinte: »Ich weiß, dass in deinem Buch eine Menge Dinge stehen werden, die ich nicht mögen werde.« Es war mehr eine Frage als eine Feststellung, und ich erwiderte, sicher, das stimmt schon. »Dann ist es gut«, sagte er. »Dann sieht es nicht so aus, als wäre es auf Anweisung geschrieben worden. Ich werde es erst einmal nicht lesen, weil ich mich nicht aufregen will. Vielleicht lese ich es in einem Jahr – wenn ich dann noch da bin.« Er schloss erschöpft die Augen, und ich ging leise hinaus.
Während des Sommers verschlechterte sich sein Gesundheitszustand, und Jobs musste sich langsam mit dem Unabänderlichen auseinandersetzen: Er würde nicht mehr als CEO zu Apple zurückkehren. Es war Zeit, zurückzutreten. Er rang wochenlang mit der Entscheidung, diskutierte sie mit seiner Frau, Bill Campbell, Jony Ive und George Riley. »Eines der Dinge, die ich für Apple tun wollte, war, ein Beispiel dafür zu geben, wie eine einwandfreie Übergabe der Leitung ablaufen muss«, erzählte er mir. Er machte Witze über all die holprigen Übergänge, die das Unternehmen in den letzten 35 Jahren durchgemacht hatte. »Es war immer ein Drama, wie in einem Land der Dritten Welt. Eines meiner Ziele war, Apple zum besten Unternehmen der Welt zu machen, und eine ordnungsgemäße Nachfolgeregelung ist der Schlüssel dazu.«
Die beste Zeit und der beste Ort, die Übergabe bekannt zu geben, so seine Entscheidung, war die reguläre Board-Sitzung des Unternehmens am 24. August. Er wollte es persönlich tun, statt nur ein Schreiben zu schicken oder das Telefon zu benutzen. Also musste er sich zusammennehmen und essen und wieder Kraft gewinnen. Am Tag vor der Sitzung war er der Ansicht, dass er es schaffen, aber auf einen Rollstuhl angewiesen sein würde. Man traf Vorkehrungen, ihn zum Firmensitz zu fahren und so unauffällig wie möglich in den Sitzungsraum zu schieben.
Er kam kurz vor elf Uhr an, als die Mitglieder des Board ihre Komiteeberichte beendet und andere Routinegeschäfte abgewickelt hatten. Die meisten wussten, was nun kommen würde. Aber statt direkt das Thema anzusprechen, das jedem auf der Seele lag, gingen Tim Cook und der CFO Peter Oppenheimer die Quartalsergebnisse und Pläne für das kommende Jahr durch. Dann sagte Jobs ruhig, dass er etwas Persönliches mitzuteilen habe. Cook fragte, ob er und die anderen Führungskräfte den Raum verlassen sollten. Nach einer Pause von mehr als 30 Sekunden entschied Jobs, dass sie gehen sollten. Als nur noch die sechs externen Board-Mitglieder im Raum waren, begann er laut einen Brief zu verlesen, den er in den letzten Wochen diktiert und mehrmals überarbeitet hatte. »Ich habe immer gesagt, dass, wenn einmal der Tag kommt, an dem ich meine Pflichten und die in mich gesetzten Erwartungen als CEO von Apple nicht mehr erfüllen kann, ich der Erste sein werde, der Sie davon in Kenntnis setzt.
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