Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
dann nicht nur auf Jerry Manock und Terry Oyama, sondern auch auf Steve Jobs eingetragen. »Steve hat zwar keine einzige Linie gezeichnet, aber seine Ideen und Inspirationen haben das Design geprägt«, sagte Oyama später. »Ehrlich gesagt wussten wir nicht, was man sich unter einem ›freundlichen‹ Computer vorstellen sollte, bis er es uns gesagt hat.«
Ebenso intensiv beschäftigte sich Jobs mit dem Design der Bildschirmelemente. Eines Tages stürmte Bill Atkinson begeistert in die Texaco Towers. Ihm war ein genialer Algorithmus gelungen, mit dem er auf dem Bildschirm fast mühelos Kreise und Ovale zeichnen konnte. Die Berechnungen für derartige Darstellungen erforderten eigentlich das Ziehen von Quadratwurzeln, wozu der Motorola-68000-Prozessor nicht imstande war. Atkinson war einen Umweg gegangen, indem er die Tatsache ausnutzte, dass die Summe einer Folge ungerader Zahlen immer das Quadrat einer ganzen Zahl ergibt (zum Beispiel ist 1 + 3 = 4, 1 + 3 + 5 = 9 und so weiter). Hertzfeld erinnerte sich, wie begeistert alle waren, als er seine Demoversion vorführte – außer Jobs. »Ovale und Kreise sind ja schön und gut«, sagte er, »aber wie zeichnest du Rechtecke mit abgerundeten Ecken?«
»Ich glaube nicht, dass wir die brauchen werden«, erwiderte Atkinson und erklärte, das sei ohnehin so gut wie unmöglich. »Ich wollte damals die Grafik so einfach wie möglich halten«, so Atkinson.
»Aber abgerundete Rechtecke sind überall!«, rief Jobs, sprang auf und ereiferte sich. »Schaut euch doch nur mal hier im Raum um!« Er wies auf die Wandtafel, die Tischplatte und andere Gegenstände, die in der Tat abgerundete Ecken hatten. »Und draußen sind noch viel mehr, praktisch überall, wo man nur hinsieht!« Er schleppte Atkinson zu einem Rundgang mit und wies dabei auf Autofenster, Werbetafeln und Straßenschilder. »Innerhalb von drei Querstraßen kamen wir auf 17 Beispiele«, sagte Jobs. »Ich zeigte ihm jedes einzelne, bis er völlig überzeugt war.«
»Als er mir ein Parkverbotsschild zeigte, sagte ich schließlich: ›Okay, du hast recht. Ich gebe auf. Wir brauchen ein abgerundetes Rechteck als Grundfigur!‹« Hertzfeld erzählte weiter: »Am nächsten Nachmittag kam Bill breit grinsend wieder in die Texaco Towers. Sein neues Demo konnte Rechtecke mit elegant abgerundeten Ecken in rasender Geschwindigkeit zeichnen.« Die Dialog- und Dateifenster auf dem Apple Lisa, dem Mac und seitdem auch auf praktisch jedem anderen Rechner hatten abgerundete Ecken.
In seinem Kalligrafiekurs am Reed College hatte Jobs sich für die Typografie der verschiedenen Schriftarten mit ihren Serifen- und Groteskvarianten, ihren Buchstabenproportionen und abgestimmten Zwischenräumen begeistert. »Als wir den ersten Macintosh entwickelten, hatte ich das alles wieder vor Augen«, sagte er später. Weil der Mac eine Bitmap-Darstellung hatte, konnte man ihm eine endlose Zahl von Fonts mitgeben, von elegant bis verrückt, und sie Pixel für Pixel auf den Bildschirm bringen.
Für das Design dieser Schrifttypen stellte Hertzfeld Susan Kare ein, eine Schulfreundin aus einem Vorort von Philadelphia. Sie benannten die einzelnen Fonts nach den Haltestellen auf der alten Main-Line-Vorortbahnstrecke von Philadelphia: Overbrook, Merion, Ardmore und Rosemont. Jobs war fasziniert von der Typografie. Eines Abends kam er vorbei und fing an, sich für die Bezeichnungen der Fonts zu interessieren. »Das sind Kleinstädte, von denen noch nie jemand gehört hat«, beschwerte er sich. »Es müssten Städte mit Weltklasse sein!« Und deshalb, so Kare, gibt es jetzt Schriftarten namens Chicago, New York, Geneva, London, San Francisco, Toronto und Venice.
Markkula und einige andere konnten Jobs’ Besessenheit in dieser Hinsicht nie recht verstehen. »Sein typografisches Wissen war bemerkenswert, und er wollte immer die schönsten Fonts haben«, erinnerte sich Markkula. »Ich fragte immer: ›Fonts? Haben wir nichts Wichtigeres zu tun?‹« Aber die Auswahl an schönen Macintosh-Schrifttypen sollte, als Laserdrucker und Bildschirme mit besserer Grafikfähigkeit dazukamen, das Desktop Publishing ermöglichen und dem Absatz von Apple zusätzlich zugutekommen. Und auf diese Weise wurden alle möglichen Menschen, von Schülerzeitungsredakteuren bis hin zu Müttern, die den Rundbrief des Elternbeirats tippten, mit der aufregenden Welt der Typografie vertraut, die vorher nur für Setzer, angegraute Verleger und andere Tintenkleckser reserviert gewesen
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