Stevens, Chevy
jetzt, was er wollte - ich
sollte mich wehren und ihm meinen Schmerz und meine Angst zeigen.
Wenn sich
in meinem Magen irgendetwas befunden hätte, das ich hätte herauswürgen können,
dann hätte ich gekotzt. Ihn meine wahren Gefühle sehen zu lassen war schlimmer,
als so zu tun, als ob es mir gefiele, vergewaltigt zu werden.
Am vierten
Tag, den ich allein verbrachte, fiel es mir schwerer, Traum und Realität
auseinanderzuhalten, weil ich immer mehr schlief und immer weniger wach war.
Manchmal war ich überzeugt, ich würde halluzinieren, denn obwohl ich hellwach
war, hörte ich Lukes Stimme und roch sein Rasierwasser. Doch wenn ich die Augen
aufschlug, sah ich nichts anderes als diese verdammten Hüttenwände.
Mir wurde
klar, dass ich meinen Plan vor lauter Schwäche womöglich vergaß, also dachte
ich mir einen Reim aus, damit ich mich leichter daran erinnerte. Während ich in
den Schlaf glitt und wieder aufwachte, sagte ich mir unablässig in eintönigem
Singsang den Text vor.
Der Psycho
ohne Herz braucht von mir Angst und Schmerz. Der Psycho ohne Herz braucht Angst
von mir und Schmerz.
Am fünften
Tag begann ich mir Sorgen zu machen, dass ich verhungern würde, ehe er
zurückkam. Den größten Teil des Tages verbrachte ich im Bett oder mit dem
Rücken an der Wand in der Ecke. Ich wartete darauf, dass sich die Tür öffnete,
und sang murmelnd meinen Reim, aber ich nickte immer wieder ein. Ich glaube, es
war früher Abend, aber ich war so schwach, dass ich das Gefühl hatte, es müsste
schon später sein. Das Schloss in der Tür klickte, und er kam herein. Ich war
tatsächlich froh, ihn zu sehen - ich würde nicht verhungern. Besonders froh war
ich darüber, dass er allein war, doch dann fragte ich mich, ob Christina
womöglich bewusstlos und gefesselt im Van lag.
Er schloss
die Tür und starrte mich an. Sein Bild verschwamm vor meinen Augen. Der Psycho
ohne Herz braucht von mir Angst und Schmerz ...
Am ganzen
Körper zitternd und mit unsicherer Stimme sagte ich: »Gott sei Dank, ich hatte
solche Angst. Ich ... ich dachte, ich müsste hier ganz allein sterben.«
Er hob die
Augenbrauen. »Würdest du lieber mit jemandem zusammen hier sterben?«
»Nein!«
Als ich den Kopf schüttelte, drehte sich der Raum. »Ich will nicht, dass
überhaupt jemand stirbt. Ich habe nachgedacht ...« Meine Brust zog sich
zusammen. »Christina, ist mit Christina alles in Ordnung?«
Er
schlenderte zu einem der Barhocker, setzte sich und stützte das Kinn auf eine
Hand. »Und wie es mir geht, ist dir egal?«
»Nein,
natürlich nicht, aber ich dachte nur ... wollte nur wissen ...« Der Psycho
verschwamm, dann konnte ich ihn kurz scharf sehen, ehe sein Bild erneut
verwischte. »Ich hab's vermasselt. Total vermasselt. Letztes Mal.«
Seine
Augen wurden schmal, und er nickte.
»Aber ich
habe einen Plan. Pass auf ...«
»Du hast
einen Plan?« Er richtete sich auf.
Was zum
Teufel redete ich da? Ich grub meine Fingernägel in die Innenfläche meiner
Hand. Ich konnte den Raum wieder klarer sehen. »Wie wir es schaffen können,
dass es funktioniert.«
»Interessant,
aber ich habe ebenfalls ein wenig nachgedacht. Es ist klargeworden, dass ich
ein paar Entscheidungen treffen muss, und ich glaube nicht, dass dir die Alternativen
gefallen.«
Zeit, die
Würfel rollen zu lassen. Langsam kam ich auf die Beine. Der Raum begann sich
erneut zu drehen. Ich stützte mich mit der Hand an der Wand ab, schloss die
Augen, holte ein paarmal tief Luft. Als ich die Augen wieder aufschlug,
starrte der Psycho mich an. Vollkommen ausdruckslos.
Ich
umklammerte meinen Bauch, taumelte auf ihn zu und setzte mich auf den Hocker
ihm gegenüber.
»Ich
glaube, das verstehe ich. Du hast dir so viel Mühe gegeben, und ich habe dir
eine Menge Ärger gemacht, stimmt's?« Die Lider auf halbmast, nickte er langsam.
»Die Sache
ist die, als wir es versucht haben ... ein paar Sachen von dem, was ich gesagt
habe ... das war nicht wirklich ich. Ich dachte nur, dass du das vielleicht
hören willst, dass es dich glücklich machen würde.«
In seinem
Gesicht regte sich immer noch nichts, aber er sah mir aufmerksam in die Augen.
Die besten Lügner halten sich so eng wie möglich an die Wahrheit. Ich machte
einen weiteren tiefen Atemzug.
»Ich hatte wirklich Angst, vor dir und vor den Gefühlen, die du bei mir
auslöst, aber ich wusste nicht ...« Er nahm das Kinn aus der Hand und setzte
sich aufrecht hin. Ich musste schneller reden.
»Jetzt
habe ich es verstanden,
Weitere Kostenlose Bücher