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Stevens, Chevy

Stevens, Chevy

Titel: Stevens, Chevy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Still Missing
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ich ohnehin nicht
ertragen, ganz gleich, was ich für das Baby empfand. Ich fragte mich, was meine
Familie und Luke wohl davon halten würden, dass ich schwanger war. Ich konnte
mir nicht vorstellen, dass Luke das Kind meines Vergewaltigers in den Armen
hielt und es in der Welt willkommen hieß. Es fiel mir schon schwer genug, mich so zu
sehen.
    Man hätte
meinen können, ich sei froh gewesen, dass der Psycho weg war, doch stattdessen
wurde ich mit jedem Tag ängstlicher. Ich wartete darauf, dass die Tür aufging,
betete darum, dass sie sich öffnete. Ich hasste ihn, aber ich konnte es kaum
erwarten, ihn wiederzusehen. Ich war vollkommen von ihm abhängig.
    Da ich
nicht wusste, wie lange er fort sein würde, rationierte ich das Essen, das er
mir dagelassen hatte. Er war nicht da, um mir zu sagen, ob es Zeit zum Essen
war, also versuchte ich, dem Rhythmus meines Körpers zu folgen, aber ich hatte
die ganze Zeit Hunger. Ich wusste, dass vielen Schwangeren am Anfang übel ist,
aber mir war nie schlecht, ich war nur müde und hatte ständig Hunger.
    Mein Leben
lang war ich so oft wie möglich im Freien gewesen - im Sommer bin ich jeden
Abend schwimmen gegangen und im Winter am Wochenende Ski gefahren. Aber jetzt
hockte ich da und starrte die vier Wände an. Unaufhörlich wanderte ich in der
Hütte auf und ab. Vor Jahren hatte ich im Zoo einen Bären gesehen, der am Zaun
entlanglief, von einem Ende des Käfigs zum anderen. Er hatte schon eine tiefe
Furche in den Boden gelaufen. Ich weiß noch, dass ich mich fragte, ob er wohl
lieber tot wäre, als so ein Dasein zu fristen.
    Wenn ich
nicht auf und ab lief, lehnte ich mich an die Wand und überlegte, was sich auf
der anderen Seite befinden könnte, oder ich saß im Badezimmer und presste ein
Auge gegen mein Loch in der Wand. Wenn die Sonne schien, warf das Loch einen kleinen
Lichtpunkt auf die Badezimmertür, und ich verbrachte Stunden damit zuzusehen,
wie er zentimeterweise weiterkroch, bis er schließlich verschwand.
    Ohne ihn
gab es auch keine Romane, also erfand ich eigene Filme. Ich malte mir aus, wie
meine Mom zu Hause darum betete, dass es mir gut ginge, mit der Polizei sprach,
im Fernsehen um meine Rückkehr flehte. Ich sah Christina und Luke vor mir, wie
sie jedes Wochenende die Wälder nach mir durchkämmten, zusammen mit Emma, die
versuchte, meine Fährte aufzunehmen. Das Beste aber war das Bild, in dem Luke
die Hüttentür zertrümmerte und mich in die Arme schloss.
    Ich
stellte mir vor, dass Mom sogar mit dem Trinken aufgehört und eine
Selbsthilfegruppe gegründet hatte, um mich zu suchen und zu befreien, so wie
diese Mütter von vermissten Kindern. Ich träumte davon, dass sie eine Eingebung
hätte - dass sie begriff, wie sie mich mein Leben lang behandelt hatte, und
alles wiedergutmachen wollte. Sobald ich gerettet war, würden wir uns durch
diese Geschichte näherstehen als je zuvor.
    Ich hätte
nie gedacht, dass ich Waynes blöde Witze einmal vermissen würde oder die Art,
wie er mir das Haar zerzauste, als wäre ich immer noch zwölf. Aber jetzt
begann ich mit Gott zu feilschen und versprach ihm, dass ich mir tausend von seinen
schwachsinnigen Geschäftsideen anhören würde, wenn ich einfach nur nach Hause
gehen könnte.
    Ich
verbrachte viel Zeit damit, meinen Bauch zu berühren und mich zu fragen, wie
das Baby wohl aussehen würde. In manchen der Bücher gab es Fotos von Föten in
verschiedenen Stadien, und ich fand jedes einzelne davon widerlich. Ich war
ziemlich sicher, dass mein Baby gut aussehen würde, aber was für ein Kind würde
es wohl sein, mit dem Psycho als Vater?
     
    Nach fünf
endlosen Tagen kehrte der Psycho zurück.
    »Setz dich
aufs Bett, Annie«, sagte er, als er hereinkam. »Wir müssen uns unterhalten.«
Ich setzte mich mit dem Rücken zur Wand, er setzte sich neben mich und ergriff
meine Hand.
    »Ich war
in Clayton Falls, und ich wünschte wirklich, ich müsste dir das nicht sagen
...« Langsam schüttelte er den Kopf. »Aber die Suche nach dir wurde
eingestellt.«
    Nein!
    Sein
Daumen beschrieb sanfte Kreise auf meiner Hand. »Alles in Ordnung, Annie? Ich
bin sicher, dass es ein ziemlicher Schlag für dich ist.«
    Ich
nickte.
    »Ich muss
zugeben, dass ich überrascht war, dass dein Haus so schnell zum Verkauf
angeboten wurde, aber vermutlich hatten sie das Gefühl, dass das Leben
weitergehen muss.« Wut verdrängte den Schock bei dem Gedanken, dass mein Haus
verkauft werden sollte - ein dreistöckiges viktorianisches Gebäude, in

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