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Stieber - Der Spion des Kanzlers Roman

Titel: Stieber - Der Spion des Kanzlers Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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in dem kleinen Aktenschrank aufzubewahren, der auch die Unterlagen
     der Universitäts-Hausmeisterei barg.
    Lamartine schlüpfte wieder in seine Schuhe und öffnete die Tür zur Loge. Dann drehte er sich doch noch einmal um und blickte
     ins Gesicht des Toten. Bjerregaard, den er wegen seiner Unterwürfigkeit nicht gemocht hatte, tat ihm leid. In den Augen des
     Opfers sah er, wie die Tat geschehen war: Ein Mensch, den der gutgläubige Pedell verehrte, den er vielleicht sogar liebte,
     hob unvermittelt die Hand gegen ihn, den körperlich weit Unterlegenen, und schlug ihm, während er ihm in die Augen blickte,
     einen scharfen Gegenstand in den Schädel. Lamartine ging schnell hinaus.
    Lecoq stand mitten in der Loge und rührte sich nicht. Lamartine schoß es durch den Kopf: Wenn er die Leiche entdeckt,bin ich verloren. Er schloß die Tür hinter sich und trat auf den Landsmann zu. Er überlegte noch, was er sagen sollte, da
     stürzte Lecoq schon an ihm vorbei.
    Lecoq war mit wenigen Schritten bei Bjerregaard, ging ebenfalls in die Knie und untersuchte nicht weniger geübt als Lamartine
     den Zustand der Leiche. Allerdings ließ der Geheimdienstchef sich dabei noch weniger Zeit als der Kriminalist vom Quai des
     Orfèvres. Lecoq trat schnell wieder in die Loge zurück – er schien zu befürchten, Lamartine könnte entwischen.
    »Wer ist der Tote?« fragte Lecoq.
    Lamartine antwortete sofort – ebenso schuldbewußt und um seine Entlastung bemüht wie einer der Tatverdächtigen, die er tagtäglich
     auf dem Kommissariat sitzen hatte: »Er heißt Bjerregaard und ist der Pedell der Universität!«
    »Warum haben Sie ihn erschlagen?«
    »Ich habe ihn nicht erschlagen!« Es klang nicht einmal empört.
    Lecoq musterte ihn ruhig. Dann sagte er: »Sie sind ein erfahrener Beamter des Morddezernats, Lamartine. Was würden Sie denken,
     wenn Sie mich an Ihrer Stelle hier vorgefunden hätten?«
    »Daß Sie Bjerregaard erschlagen haben.«
    »Also?«
    »Also was?«
    »Das wissen Sie doch! Entweder Sie besteigen mit mir den nächsten Zug in Richtung Heimat, oder ich liefere Sie auf der Stelle
     der deutschen Polizei aus. Wie ich die Lage in Berlin einschätze, haben Sie in dem Verfahren, das Sie in Paris wegen Kollaboration
     erwartet, bessere Karten als vor einem hiesigen Gericht, das Sie wegen Mordes an einem Deutschen anklagt.«
    »Er war Schwede!«
    »Das ist denen hier doch egal – wenn sie die Möglichkeit haben, der Bevölkerung einen Franzosen als Mörder vorzuführen.«
    »Was hindert mich daran, Sie des Mordes zu verdächtigen, Lecoq? Sie sind auch Franzose, Sie befinden sich am Tatort und Sie
     wären den Deutschen als Mörder ebenso willkommen wie ich.«
    »Die beiden Professoren.«
    »Was sollten sie bezeugen?«
    »Ich habe mich bei ihnen erkundigt   ... ich habe gefragt, ob sie Ihnen begegnet sind.«
    »Und?«
    »Sie sind. Sie haben Sie sogar in die Pförtnerloge schlüpfen sehen.«
    »Ich habe Bjerregaard nicht erschlagen. Ich habe ihn gestern über Stieber befragt. Stieber hat ihn erschlagen oder erschlagen
     lassen   ...«
    »Mir ist meine Version lieber, Lamartine!«
    Der Inspektor mußte sich für einen Augenblick setzen. Er dachte angestrengt nach. Dann wandte er sich wieder an Lecoq. »Erlauben
     Sie mir, meine Sachen aus der Wohnung der alten Wilke zu holen?«
    »Vergessen Sie den Kram! Für den Prozeß in Paris wird man Sie sowieso von Kopf bis Fuß neu einkleiden!«
    »Ich möchte mich von Mia verabschieden!«
    »Was wollen Sie noch von der kleinen Nutte? Lamartine, das ist selbst weit unter Ihrem Niveau – ohne Ihre schwangere Gattin
     beleidigen zu wollen.«
    Lecoqs Worte taten weh – nicht so sehr wegen Jeanne oder seinetwegen, sondern wegen Mia. So durfte Lecoq nicht über sie sprechen,
     fand Lamartine. Er stand auf und sagte: »Gehen wir!«
    Sie verließen die Universität, ohne ein Wort miteinander zu wechseln, und gingen mit schnellen Schritten zum Anhalter Bahnhof
     zurück. Lamartine kam völlig außer Atem – so weit holte der in Anbetracht der nahen Abreise ungeduldige Lecoq aus.
    Als sie das Bahnhofsgebäude betraten, entdeckte LamartineUdo, der sich gerade mit einem älteren, dicklichen Herren unterhielt. Der Herr schien von dem Strichjungen etwas zu wollen,
     der aber schüttelte den Kopf.
    Lecoq faßte Lamartines Ärmel und zog ihn zu einer der zahlreichen Schlangen an die Schalterfront. Die beiden Männer vermieden
     es, sich in die Augen zu sehen. Nachdem ein mit einem prallen

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