Stiefbruder - Liebe meines Lebens
mhm, ja“, sprudelte es aus mir heraus. Ich lachte blöd und übertrieben, verschränkte meine Finger im Schoß und glühte vor mich hin.
„Na Gottseidank!“ Meine Stiefmutter schlug die Hände zusammen.
Bald verabschiedeten die Frauen sich zur Nachtruhe. Jakob erhob sich, um es ihnen gleich zu tun, da streckte ich rasch meine Hand nach ihm aus und hielt ihn fest. Er blickte an sich runter, auf meine Finger, als wäre er total erstaunt wo die denn gerade her gekommen waren. Als erwarte er, dass sie wieder verschwinden würden wenn er einfach weiter ging, setzte er seinen Weg fort. Ich verstärkte den Griff und zerrte an ihm.
„Warte“, flüsterte ich um zu vermeiden, dass Claudia oder meine Stiefmutter etwas mitbekamen. Ohne mich anzusehen brummte Jakob:
„Worauf?“
„Das weißt du genau“, erinnerte ich ihn. Jakob warf einen prüfenden Blick in die Hütte, machte dann einen Schritt auf mich zu und beugte sich zu mir herunter. Dabei stützte er sich an der Lehne meines Stuhls und dem Tisch auf.
„Clemens …“, sagte er, da fing ich schon seine Lippen ein. Jakob verließ ein überraschtes Stöhnen, aber dann machte er den Mund weich und empfänglich. Ich legte meine Hände an seine Wangen und strich mit den Fingern über die Stoppeln auf seinem Kiefer. Hungrig suchte ich nach seiner Zunge, die nur zu willig mit meiner zu tanzen begann.
„Übrigens, Jakob!“, rief meine Stiefmutter von drinnen und wir prallten auseinander. Sie trat durch die Tür nach draußen, warf ihrem Sohn einen strengen Blick zu und bat: „Könntest
du
Clemens morgen heimfahren? Claudia und ich wollen noch einen Umweg machen und ins Outlet-Store fahren.“ Dann wandte sie sich an mich:
„Ich glaube das interessiert dich nicht, oder Clemens?“
Ich grinste so breit, dass meine Mundwinkel fast hinter den Ohren verschwanden und schüttelte energisch den Kopf. Nein, ein Outlet-Store interessierte mich tatsächlich nicht – aber mit Jakob stundenlang allein im Auto sitzen, dem konnte ich absolut etwas abgewinnen.
„Muss das sein?“, brummte Jakob mürrisch und mein Herz stolperte über den Stein der Enttäuschung.
„Es ist doch nur ein kleiner Umweg, hab dich nicht so!“, schalt meine Stiefmutter, ging offenbar davon aus, dass damit die Sache erledigt war und verschwand wieder in der Hütte. Jakob drehte sich zu mir herum, wirkte geknickt und meinte:
„Das ist nicht gut. Das ist
gar nicht
gut.“
„Aber das ist doch toll! Da sind wir allein und ungestört“, plapperte ich begeistert.
„Eben!“, knurrte Jakob grimmig, seufzte lautstark und stützte sich mit einer Hand an der Fassade der Hütte ab. Irgendetwas quälte ihn, er dachte nach, grübelte, wog ab und stieß sich schließlich von der Wand ab.
„Na gut. Mir wird was einfallen.“
Ohne mich noch eines Blickes zu würdigen ging er hinein, wahrscheinlich um sich schlafen zu legen.
Mir schwirrte der Kopf.
Was
wollte ihm einfallen? Warum war es so ein Problem für ihn mich heimzubringen? Mein Zuhause lag praktisch auf dem Weg – falls es das war, aber ich ahnte, dass es nicht die Strecke war, die ihm Sorgen bereitete.
Es lag an mir und an dem, was zwischen uns vorgefallen war. Wollte er mich nicht? Sah er darin einen Fehler? Mich machte das ganz unrund und nervös, es zerriss mich regelrecht.
Ich saß noch eine Ewigkeit auf der Terrasse, spähte in die Nacht, sah zu, wie die Flammen der Kerzen versiegten und verlagerte dann mein Grübeln ins Bett. Immer wieder sah ich die Bilder des Nachmittags vor mir, wie er da vor mir stand, ohne Shirt, verlegen zu Boden sah. Wie er mich angesehen hatte, geküsst, berührt. Da war doch etwas! Das konnte doch nicht nur eine billige Reaktion auf sexuelle Reize gewesen sein, wie Tobias sie bei mir einst ausgelöst hatte!
Der Wolkenbruch [ 2001]
Die Leitplanke verschwamm durch die Geschwindigkeit zu einem grauen Streifen und ich spielte damit, immer wieder auf einen Punkt – meist einen der Reflektoren – zu fokussieren und damit einen kleinen Teil des Blechs scharf zu sehen. Seit wir von der Hütte losgefahren waren, hatte Jakob kein Wort mehr gesprochen. Doch, er hatte:
„Bitte, schnall' dich an“, gesagt, sich dann der Straße zugewandt und seitdem fixierte er konzentriert die Fahrbahn. Mehrmals hatte ich ihn angesprochen, etwas gefragt, und aus seiner Reaktion konnte ich schließen, dass er es gehört hatte, aber er hatte offenbar beschlossen mich zu ignorieren. Die ersten Minuten zusammen mit ihm im kleinen
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