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Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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jemand besuchen will“, erklärte er, „dann muß er das Boot benutzen. In diesem Fall jagt er sich in die Luft.“
    Liz sah über das Wasser zu dem schemenhaft erkennbaren Stück Land, auf dem Grevilles Haus stand.
    „Wie schön, auf einer Insel zu leben“, sagte sie.
    „Tun wir das nicht alle?“ sagte Greville. „Es gab mal einen Burschen namens John Donne, der hat Gedichte geschrieben und viel nachgedacht. Er war aber ein Irrer. Ein echter Irrer. Er litt unter Größenwahn … Ja, ja, der arme alte Donne war verrückt – ein richtiger Transie.“ Er verstaute die Granaten im Wagen, schaltete die Scheinwerfer aus und schloß die Türen ab. „Das ist doch die Schwierigkeit, daß jeder auf einer Insel lebt und daß keiner weiß, wie man Ruderboote baut … Jetzt komm her und setz dich hier hinten hinein, ich rudere dich nach Hause – ganz genauso, wie sie es früher immer in romantischen Filmen gemacht haben.“
    Liz stieg in das Boot und setzte sich hin. „Es wäre schön, wenn man wieder ins Kino gehen könnte“, sagte sie wehmütig.
    Greville nahm die Ruder, legte ab und lachte plötzlich.
    „Was findest du denn so witzig?“
    „Mir ist gerade eingefallen“, sagte Greville, „daß mindestens neunzig Prozent aller Filmstars überlebt haben müssen – eine Zeitlang zumindest. Daraus kann man ersehen, daß Gott – wenn es einen Gott gibt – einen köstlichen Sinn für Humor haben muß.“
     

11
     
    Von außen und im Mondlicht sah Grevilles Refugium wie eine mißglückte Mischung aus einem heidnischen Tempel im Kleinformat und einer viktorianischen Bedürfnisanstalt aus. Eine breite Treppenflucht führte zu einem kleinen Vorbau, der auf beiden Seiten von winzigen Marmorsäulen begrenzt war. Die gesamte Vorderfront war mit Blöcken aus irgendeinem Stein besetzt; die Seiten und die Rückfront aber waren, wie Liz später entdecken sollte, aus ganz normalen Suffolk-Backsteinen gemauert und hatten völlig normale Fenster. Das steil abfallende Dach war mit Spezialziegeln gedeckt, die dem Ganzen einen leicht japanischen Eindruck gaben, der noch zu seiner ohnehin gemischten Herkunft dazukam.
    Greville band das Boot an und führte Liz die breiten Stufen zu der massiven Doppeltür am Eingang hinauf – ein Ding aus Eiche mit Nägeln und Schmiedeeisenbeschlägen. Er drückte sie auf, tastete an der Innenwand entlang und drückte einen Schalter herab.
    Die elektrische Beleuchtung ging an, und von irgendwo kam das gedämpfte Geräusch eines Generators, der automatisch ansprang.
    „Es ist wunderbar“, sagte Liz und schaute sich das elektrische Licht und das unaufgeräumte, aber bequeme Zimmer an, das es beleuchtete.
    „Es ist das, was passiert, wenn ein englischer Landedelmann einen Akropolis-Komplex mit Pagoden-Komplikationen bekommt“, bemerkte Greville trocken. „Laß uns um Himmels willen ins Bett gehen. Das war heute ein ganz ordentlicher Tag … willst du erst noch was essen?“
    „Das einzige, was ich im Moment will“, sagte Liz, „ist Bewußtlosigkeit.“
    „Die bekommst du umsonst.“
    Das Schlafzimmer war ein kleiner, stickiger Raum, der am hinteren Ende des Wohnzimmers lag. Es sah aus, als hätte sich dies jemand im Nachhinein überlegt – wie es auch der Fall war –, was auch für die winzige Küche galt. Das Schlafzimmer enthielt nichts als ein großes Bett, eine Kommode und einen dicken Teppich, der dem langweiligen Backsteinboden einen Hauch von Luxus und Dekadenz verlieh.
    „Wenn du pinkeln oder größere Geschäfte erledigen willst“, sagte Greville, „mußt du schon hinausgehen. Direkt bei der Küchentür ist so eine Art Toilette.“
    „Ich will überhaupt nichts erledigen“, gähnte Liz, „nur schlafen. Für heute reicht es mir voll und ganz … Schlafen wir zusammen?“
    „Es ist nur ein Bett da“, erinnerte sie Greville. „Wenn du den Boden vorziehst, kannst du ihn haben.“
    „Das nicht, aber auf der anderen Seite glaube ich nicht, daß ich heute abend zum Bumsen in der Lage wäre … Nicht“, fügte sie hastig hinzu, „daß ich hier etwas vorschlagen würde. Es ist nur so, daß ich noch zu wund bin, um darauf auch nur die geringste Lust zu verspüren.“
    „Du enttäuschst mich“, sagte Greville. „Wo ich doch gerade in der richtigen Stimmung für eine Sex-Orgie die ganze Nacht lang bin. Jetzt sei ruhig und leg dich ins Bett.“
    Er ging aus dem Schlafzimmer und verriegelte die Außentür, kam zurück und verriegelte die Schlafzimmertür. Liz zog sich ihre

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