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Stigma

Stigma

Titel: Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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Knien vorbei und öffnete das Handschuhfach. Er zog einen kleinen Feldstecher daraus hervor, mit dem er die Straßen der Stadt beobachtete, in denen reger Verkehr herrschte. Seine Aufmerksamkeit konzentrierte sich dabei auf den Polizeiwagen, der in einer kleinen Zufahrt kurz unterhalb des Kreisels Position bezogen hatte.
    »Sie gehen in Stellung«, meinte er und hielt Tom das Fernglas hin. »Ein Glück, dass wir ihnen zuvorgekommen sind.«
    Tom nahm den Feldstecher und betrachtete ihn erstaunt. »Gehört das zur Standardausrüstung für Überlebenskünstler?«
    »Ich habe meine Umgebung eben gerne im Blick«, meinte Fanta. »Dadurch behält man die Übersicht.«
    »Dann sollte ich mir wohl auch ein Dutzend von den Dingern besorgen, was?« Er hob das Glas an die Augen und ließ es über die Hauptstraße gleiten, bis er den Streifenwagen im Blickfeld hatte. »Das bedeutet wohl, dass wir nicht in die Stadt zurückkönnen.«
    »Das ist auch nicht nötig.«
    Verwundert ließ Tom das Fernglas sinken. »Wie meinst du das?«
    »Zuerst einmal«, sagte Fanta und öffnete die Tür, »machen wir dich wieder gesellschaftsfähig. Ich will dir ja nicht zu nahetreten, aber du siehst aus, als wärst du durch ein Scheißhausrohr gekrochen.« Er stieg aus und ging zum hinteren Teil des Wagens.
    »Tja, so ähnlich fühl ich mich auch«, entgegnete Tom und folgte ihm. Der Regen hatte jetzt ganz aufgehört. Die Luft war so klar und frisch, als wäre sie durch Minze gefiltert worden. Das belebte ihn ein wenig, reichte jedoch nicht aus, um die Erschöpfung zu vertreiben, die nun über ihn herfiel wie ein Mückenschwarm. Verträumt ließ er die Finger über die Dachschweller und das breite, flach abfallende Heck des Mustang gleiten. »Ist wirklich eine verdammt heiße Karre, die du da fährst«, bemerkte er, während seine übermüdeten Augen die rassigen Konturen der Karosserie bewunderten wie die Kurven einer schönen Frau.
    »Ja, ein echter Klassiker«, bestätigte Fanta unbeeindruckt.
    »Wusstest du eigentlich, dass ich als Kind genau den Gleichen als Modell auf dem Regal über meinem Schreibtisch stehen hatte? Als ich dich zum ersten Mal damit gesehen habe, konnte ich es kaum fassen. Ich meine, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, einen Freund zu haben, der genau so ein Auto fährt? Dasselbe wie …«
    »Wie das, das Steve McQueen in Bullitt gefahren hat, ich weiß. Ich steh auch auf den Film, schon vergessen?« Fanta stand hinter dem geöffneten Kofferraum und zog eine blaue Sporttasche daraus hervor. »Nur leider habe ich keinen in der Originalfarbe gefunden. Aber Rot finde ich auch ziemlich cool.«
    Tom nickte. »Du glaubst gar nicht, wie oft ich mir gewünscht habe, mal darin mitzufahren.«
    »Tja, manche Wünsche erfüllen sich quasi von selbst«, stellte Fanta mit einem schrägen Lächeln fest. Er stellte die Tasche vor Tom auf den Boden. »Hier, da sind ein paar Sachen für dich drin. Wir wollen doch schließlich nicht, dass du unnötig auffällst.«
    Skeptisch betrachtete Tom die Tasche zu seinen Füßen. Allmählich konnte ihn gar nichts mehr überraschen. »Ich gehe einfach mal davon aus, dass es normal für dich ist, jederzeit eine Ersatzgarnitur dabeizuhaben.«
    »Nein, grundsätzlich nur, wenn ich guten Freunden zur Flucht vor der Polizei verhelfe.«
    Tom schüttelte den Kopf. »Gibt es eigentlich Situationen, auf die du nicht vorbereitet bist?«
    »Die Tasche hab ich immer dabei, falls ich mal längere Zeit unterwegs bin. Wir haben dieselbe Größe, von daher dürfte es keine Probleme geben.«
    Tom öffnete die Tasche und begutachtete den Inhalt. »Wegen der Größe habe ich auch keine Bedenken.«
    »Jetzt hab dich nicht so. Kann ja nicht schlimmer sein als das Schuljungen-Outfit, das du da anhast.«
    »Na schön.« Tom wühlte in der Tasche. »Aber irgendwann musst du mir mal erzählen, was genau du eigentlich machst, wenn du längere Zeit unterwegs bist.«
    »Tja, irgendwann tue ich das vielleicht«, entgegnete Fanta und grinste.
    »Du bist unverbesserlich.«
    Fanta zuckte unschuldig die Achseln. »Hey, die Leute lieben mich, ich kann nichts dagegen machen.«
    Tom hielt einen Augenblick nachdenklich inne. Seine Augenbrauen zogen sich irritiert zusammen. »Was hast du da gerade gesagt?«
    »Dass ich dir irgendwann mal erzähle, was ich mache?«
    »Nein, danach.«
    Fanta starrte ihn lediglich fragend an.
    »Ach, vergiss es«, meinte Tom und machte eine abwehrende Handbewegung.
    »Hab ich was Falsches gesagt?«
    »Nein,

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