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Stigma

Stigma

Titel: Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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mit.
    »Ach nein?«
    »Nein, Tom. Sie haben nie existiert.«
    Toms Widerstand erlahmte unter der Wucht dieser Worte. Plötzlich bebte der Raum, als etwas Schweres donnernd auf die Decke krachte. Staub und Putz rieselten auf sie herab. Ein paar der Bohraufsätze und einige Werkzeuge rutschten aus ihren Halterungen an der Wand und fielen scheppernd auf die Werkbank.
    »Wir müssen hier raus!« Toms Stimme kämpfte gegen das Getöse über ihren Köpfen an.
    »Nein«, entgegnete Fanta. »Hier sind wir genau richtig!«
    »Wir werden draufgehen!« Tom schielte verzweifelt zu Mark und Karin hinüber.
    »Das hängt ganz von dir ab, Tom!«
    Schlagartig wurde es ruhiger. Nur das Fauchen des Windes drang noch zu ihnen und das vereinzelte Poltern herabfallender Trümmerteile.
    »Ich schätze, das war das Dach«, meinte Tom.
    »Ja. Es hat angefangen.«
    »Ich gehe mal davon aus, dass du mir nicht sagen wirst, was du damit meinst, oder?« Langsam hatte Tom genug von diesem Irrsinn. Doch er hatte beschlossen, dieses Spiel mitzuspielen, zumindest so lange, bis er eine Möglichkeit fand, Fanta zu überwältigen. Oder bis ihnen die Decke auf den Kopf fiel.
    »Doch, das werde ich«, antwortete Fanta zu seiner Überraschung. »Aber es wird dir nicht gefallen, und es wird dir schwerfallen, es zu begreifen. Aber alles hängt davon ab, wie du es aufnimmst.«
    »Verstehe«, meinte Tom.
    Fanta lächelte. »Wohl kaum, mein Freund.«
    »Ich denke mal, nach dem, was hier passiert ist, können wir die Bezeichnung Freund getrost aus unserem Vokabular streichen. Vielleicht solltest du damit anfangen, dass du mir erklärst, wer du eigentlich bist.«
    »Also gut«, sagte Fanta und steckte die Waffe wieder in seinen Hosenbund. »Aber die korrekte Fragestellung in diesem Fall wäre: Was bin ich?«
    Ein Mörder, ein Heuchler und ein Riesenarschloch!, antwortete Tom im Stillen.
    Fanta betrachtete ihn skeptisch. »Hm«, meinte er. »Weder originell noch kreativ, aber immerhin vulgär.« Er grinste. »Das mit dem Riesenarschloch, meine ich.«
    Tom starrte ihn fassungslos an.
    »Habe ich jetzt deine ungeteilte Aufmerksamkeit?«
    Tom nickte stumm.
    »Na schön«, sagte Fanta zufrieden. »Dann denk mal an die Zeit zurück, als wir noch Freunde waren. Wenn du mich mit einem einzigen Wort hättest beschreiben müssen, welches wäre das gewesen?«
    Tom überlegte einen Moment. »Ausgeflippt«, sagte er schließlich.
    Fanta verzog die Mundwinkel. »Na schön«, meinte er enttäuscht. »Mit diesem Klischee muss ich wohl leben. Mir schwebt da ja eher so eines von diesen neudeutschen Attributen vor, cool oder hip.« Seine blauen Augen musterten Tom neugierig. »Ach, komm schon … Zugegeben, ich sehe nicht gerade aus wie Steve McQueen, das wäre ja wohl auch zu offensichtlich, aber ein klein wenig seiner Coolness musst du mir doch zugestehen, oder? Der Wagen, die Flucht vor der Polizei, unser Lieblingsfilm … Das kannst du doch unmöglich alles für Zufall halten. Ich meine, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, einen Freund zu haben, der genau so einen Wagen fährt und der dann auch noch immer da ist, um dir aus der Patsche zu helfen? Und dann der Sturz in die Schlucht. Denkst du tatsächlich, du hättest einen solchen Unfall unbeschadet überstanden? So etwas ist nur in meiner Welt möglich, Tom.«
    Tom sagte nichts. Er saß nur da und starrte auf Fanta, wie man jemanden anstarrt, den man für tot gehalten hat.
    »Na gut.« Fanta schien aufzugeben. »Die indirekte Art bringt’s bei dir anscheinend nicht. Dann versuchen wir’s mal anders.« Er griff wieder hinter sich, ging mit schnellen Schritten auf Tom zu und schlug ihm den Griff der Pistole mit voller Wucht ins Gesicht.
    »Hat das wehgetan?«, fauchte er ungeduldig.
    Tom heulte auf. »Ja, verdammt!«
    »Und, bist du wirklich verletzt?«
    Tom tastete sein Gesicht ab. Doch er konnte keinerlei Verletzungen feststellen. Nicht einmal eine Spur von Blut war an seinen Fingern zu entdecken. Selbst der Schmerz war plötzlich wie weggeblasen.
    »Nein«, antwortete er verwundert.
    »Und hältst du das für normal?«
    Steif schüttelte Tom den Kopf.
    »Prima, dann hätten wir das ja durch.« Fanta trat zurück und steckte die Waffe weg.
    »Aber … aber das ist unmöglich.«
    »Ich sage dir doch, dieses Wort existiert in meiner Welt nicht.«
    »Und was ist das für eine Welt?« Er betonte das Wort wie etwas, vor dem man sich ekelte.
    »Erinnere dich, Tom«, sagte Fanta. »Du hast dich früher oft dort rumgetrieben,

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