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Stigma

Stigma

Titel: Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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hier.« Mit dem Lauf deutete er auf die Leichen zu seinen Füßen. »Bis ein gewisser Dr. Malcolm Sayer, gespielt von Robin Williams, sich seiner und seinesgleichen angenommen und ihnen immer größere Dosen von einem bestimmten Medikament verabreicht hat. Eines Tages sind sie schließlich aufgewacht. Und sie haben angefangen zu leben, haben sich weiterentwickelt, Ansprüche gestellt.«
    »Ja, ich kenne den Film«, sagte Tom ein wenig zu genervt. »Er heißt Zeit des Erwachens. Aber was hat das verdammt noch mal …?« Er stockte, als sein Gehirn die Verbindung herstellte.
    Fanta brach in schallendes Gelächter aus. »Oh Mann, du hast mir doch hoffentlich diesen Schwachsinn von wegen fernöstlicher Mythologie und Neuanfang nicht wirklich abgekauft, oder?« Er schlug sich vor Vergnügen auf die Schenkel, als er in Toms verwirrtes Gesicht blickte. »Du machst es einem aber auch wirklich nicht schwer, dich zu verschaukeln.« Mit Tränen in den Augen holte er schließlich zweimal tief Luft. »Wie dem auch sei«, sagte er, nachdem er sich wieder gefangen hatte. »Jedenfalls stellt sich nach einer Weile heraus, dass die Betroffenen sich schnell an das Medikament gewöhnen, wodurch es allmählich seine Wirkung verliert und sie wieder in ihren früheren Zustand zurückfallen.«
    »Was wird das hier, eine verdammte Filmbesprechung?«, knurrte Tom. »Wie gesagt, ich kenne die Handlung.« Er wurde zusehends unruhiger. Die Wut gewann abermals die Oberhand. In seiner jetzigen Situation bezweifelte er allerdings, dass dies ein Vorteil für ihn sein könnte. »Komm endlich zur Sache!«
    »Na, der Vergleich liegt doch wohl auf der Hand«, fuhr Fanta unbeirrt fort und deutete auf Toms Mitgefangene. »Sie hatten auch ihre Zeit des Erwachens, in der sie zum Leben erweckt worden sind. Aber jetzt ist ihre Zeit um, Tom, genau wie bei den Leuten in diesem Film. Ihre Geschichte ist eine Metapher für den Zyklus des Lebens. Alles hat seine Zeit, auch deine Freunde hier. Sie haben ihren Zweck erfüllt und müssen gehen.«
    »Ich fasse es nicht, dass das wirklich dein Ernst ist«, stieß Tom entsetzt hervor.
    »Glaub, was du willst, aber so ist nun mal der Lauf der Dinge. Schriftsteller sind es doch gewohnt, Charaktere zu erschaffen, nur um sie dann wieder sterben zu lassen. Denk ja nicht, dass mir das leichtfallen würde. Sie sind mir auch ans Herz gewachsen, sind im Laufe der Jahre zu Verbündeten geworden. Aber wie alle Romanfiguren müssen sie den Weg des Vergänglichen gehen, nachdem ihre Geschichte erzählt ist. Natürlich könnte ich sie jederzeit wieder zum Leben erwecken. Aber ich bin nun mal kein Freund von Fortsetzungen.«
    Die Hand mit der Pistole schnellte vor, und zwei weitere Schüsse hallten durch den Raum. Dr. Westphal und ihr Sohn Gerrit sackten zur Seite, und ihre Köpfe hinterließen blutige Schmierspuren an der Wand.
    »Gott, nein!« Tom schloss die Augen. Doch es half nichts. Tränen der Wut und der Verzweiflung quollen zwischen seinen Lidern hervor.
    »Sieh gefälligst hin!« Fanta stand plötzlich neben ihm und zerrte seinen Kopf zu den Leichen herum. »Sieh sie dir an, sonst kannst du es nicht verinnerlichen!«
    Tom gehorchte nur widerwillig. Doch schließlich betrachtete er die Toten, sah, dass Dr. Westphals Beine, deren Schönheit er stets bewundert hatte, noch immer zuckten, einen Kampf austrugen, der nicht mehr zu gewinnen war. Übelkeit stieg in ihm auf, und er übergab sich heftig.
    »Ja«, schrie Fanta, »so ist es gut, lass es raus, akzeptiere es!«
    »Bitte lass meine Frau und meinen Sohn gehen«, wimmerte Tom verzweifelt. »Bitte!«
    Sein ehemaliger Freund packte ihn fester und zog ihm den Kopf in den Nacken. Speichel und Erbrochenes liefen Tom übers Kinn. »Kapierst du denn immer noch nicht?«, brüllte Fanta wie von Sinnen. »Es spielt keine Rolle, ob ich das tue oder nicht!«
    »Bitte«, flehte Tom wieder.
    Fanta schnaufte vor Wut. Er zog ihn hoch, so dass er wieder aufrecht dasaß, und beugte sich zu ihm hinab. Dann nahm er Toms Kopf fest zwischen beide Hände und sah ihm direkt ins Gesicht.
    »Du hast Angst um deine Familie?«, fragte er. »Du trauerst um diese Menschen? Das wäre alles gar nicht nötig, wenn du dich endlich von den Klammern dieser Illusion befreien würdest!«
    »Wovon zum Teufel redest du eigentlich?«, schrie Tom ihn verzweifelt an.
    »Ich rede davon, dass diese Menschen weder in Gefahr noch tot sind.«
    Einen kurzen Augenblick lang riss der Strudel der Verwirrung die Verzweiflung

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