Stilettos für Anfänger
bist”, sagte sie und klang nun wieder ziemlich atemlos, “damit ich dich ins Bett zurückbringen kann.”
Mithilfe seiner Krücke stieß Guy die Tür hinter ihr zu. Dann schloss er die Augen und versuchte, sich einzureden, dies alles sei nichts anderes als ein Traum. Ein böser Traum. Ein verdammter Albtraum.
Aber als er die Augen wieder öffnete, spürte er noch immer den kalten Kachelboden unter seinen Füßen, und sein Knie schmerzte noch immer wie verrückt.
Wie, zum Teufel, war er bloß in diese Situation gekommen? Er würde ihr sofort ein Ende setzen müssen. Sobald er im Bad fertig war, würde er sich von Annie heimfahren lassen, wo er in Ruhe leiden könnte. Und leiden würde er, nicht nur seiner Verletzungen wegen. Sein Heim war Annies Heim.
Das Haus, in dem sie aufgewachsen war, wäre längst verkauft worden, wenn Guy es nicht übernommen hätte, um es instand zu halten, bis Annie es für sich beanspruchen würde. Bisher hatte sie das Haus mit all seinen gar nicht so erfreulichen Erinnerungen abgelehnt. Für Guy hingegen waren es wunderbare Erinnerungen.
Mit der Zeit würde auch Annie anders denken. Er hatte immer gedacht, dass sie eines Tages heiraten und in das Haus zurückkehren würde. Für ihn war das eine Tatsache. Aber dass sie eine sexuelle Beziehung mit einem Mann haben könnte, daran hatte er nie gedacht. Doch nun wollte sie genau das versuchen, und das machte ihn verrückt.
Er konnte nicht allein mit ihr hierbleiben.
Als er sich das Gesicht gewaschen und die Zähne geputzt hatte, war er vollkommen erledigt. Er hatte Schmerzen an Stellen, von denen er nicht einmal gewusst hatte, dass sie existierten. Die wenigen Schritte zum Bett zurückzugehen, wäre bereits ein Triumph, ganz zu schweigen von der kalten, langen Fahrt nach Hause. Aber irgendwie würde er die Energie dazu schon finden.
Guy humpelte zur Tür und öffnete sie einen Spalt. Vorsichtig warf er einen Blick hinaus und ertappte Annie dabei, wie sie hineinzuspähen versuchte.
Beide erschraken.
“Bist du okay?”, fragte Annie im selben Augenblick, als Guy sie anfuhr: “Was machst du hier?”
Annie seufzte. “Warum bist du so verdrießlich? Brauchst du eine Schmerztablette?”
Sein ganzer Körper schmerzte, seine Schulter fast noch mehr als sein Knie, und seinen Rippen ging es auch nicht sehr viel besser. Er tat jedoch sein Bestes, all das zu ignorieren. “Nein, ich will keine Pillen mehr.”
“Hast du Angst, etwas noch viel Ungeheuerlicheres zu tun, als deinen sexy Körper vor mir zu entblößen?”
Guy knirschte mit den Zähnen. Das Letzte, was er wollte, war, dass Annie seinen Körper sexy fand. “Nein.”
“Nein was?”
Diesmal seufzte er und schrie durch die geschlossene Tür: “Nein, ich habe keine Angst, etwas noch viel Ungeheuerlicheres zu tun.” Was könnte ungeheuerlicher sein, als sich vor ihr zur Schau zu stellen? Er verbot sich, es auch nur zu denken. “Und ich will auch keine verdammten Schmerztabletten mehr. Was ich will, ist was zum Anziehen.”
Guy wartete, aber als Annie nicht antwortete, spähte er wieder aus der Tür. Sie war noch da. Und sie guckte immer noch. “Nun?”, fragte er.
“Ich überlege noch.”
Er murrte etwas, und sie sagte rasch: “Wenn du dich anziehst, ist es vielleicht noch unbequemer für dich. Ich meine, du liegst doch sowieso nur im Bett unter der Decke. Zumindest hoffe ich, dass du dich diesmal zudeckst. Das letzte Mal hast du dich nämlich einfach auf der Decke ausgestreckt, und ich brauchte fast zwanzig Minuten, um sie unter dir hervorzuziehen.” Kritisch fügte sie hinzu: “Du bist nämlich ganz schön schwer.”
“Ich wiege genau sechsundachtzig Kilo, und du hättest den Raum verlassen sollen, anstatt mit der Decke herumzuspielen!”
“Es war nicht die Decke, womit ich spielen wollte.”
“Annie!”
“Und warum hätte ich den Raum verlassen sollen? Alles, was mich interessierte, war da drin.” Etwas sanfter fügte sie hinzu: “Ich liebe die Unterschiede in der Beschaffenheit deiner Haut. Wusstest du eigentlich, wie glatt die Haut an deinen Hüften ist und wie hart du bist und …”
Guy war mit seiner Geduld am Ende. “Hol mir etwas zum Anziehen! Auf der Stelle, hörst du?”
“Wie schrecklich stur du bist!”
Er hörte, wie sie sich entfernte, und seufzte vor Erleichterung. Die gekachelte Wand fühlte sich eisig an seinem nackten Rücken an, als er sich dagegenlehnte. Er hatte so viele Prellungen, dass er aussah wie ein Kater nach einem harten
Weitere Kostenlose Bücher