Stille Gefahr #2
einen Kuss auf den Mund drückte. »Oh nein. Jetzt komm mir nicht damit, dass das bei der Arbeit nichts zu suchen hat. Und spar dir bitte auch alle anderen Ausreden«, fuhr er fort, nachdem er sich wieder von ihr gelöst hatte.
Er blickte ihr in die Augen. Trotzig hielt sie seinem Blick stand. »Nun geh schon. Und verdammt noch mal, sei nicht so dickköpfig, sondern sag ihr, dass es dir leidtut, um Himmels willen.«
»Dafür sollte ich dich einen Monat lang aufs Sofa verbannen.« Wütend funkelte sie ihn an.
»Wenn du dich nach eurer Aussprache immer noch nicht besser fühlst, tu das. Ich schlafe auf dem Sofa, und außerdem verwöhne ich dich einen Monat lang mit der Zunge.«
Roz kicherte. »Na, bei der Aussicht werde ich in jedem Fall behaupten, dass ich mich nicht besser fühle.« Seufzend blickte sie in Richtung Küche. »Also gut. Ich tu’s. Ich ertrage es ohnehin nicht länger, dass meine beste Freundin nicht mehr mit mir redet.«
»Na, siehst du.«
Während sie im Flur verschwand, lehnte Carter sich abwartend gegen den Türrahmen. Als sie stehen blieb und sich noch einmal umdrehte, ermutigte er sie, weiterzugehen. »Hör auf zu grübeln. Bring’s endlich hinter dich.«
Roz streckte ihm die Zunge heraus.
»Wie lange willst du mich noch ignorieren?«
Seufzend legte Lena das Messer zur Seite. »Weißt du was, Roz, es ist keine besonders gute Idee, sich von hinten an jemanden heranzuschleichen, der ein großes Messer in der Hand hält. Vor allem nicht, wenn derjenige auch noch blind ist.«
Sie lehnte sich gegen die Kücheninsel. Das konnte ja heiter werden.
»Mensch, Lena, redest du irgendwann wieder mit mir?«
»Klar.« Sie nahm sich ein Handtuch und drehte sich zu Roz um. »Worüber willst du denn mit mir reden? Ich muss Puck in ein paar Tagen zum Hundefriseur bringen, und er wird darüber nicht sonderlich erfreut sein. Ezra hat mir gestern Nacht allerdings das Hirn weggevögelt, was mich wiederum ziemlich glücklich gemacht hat. Wie läuft’s eigentlich mit dir und Carter?«
»Um Himmels willen, Lena, werd endlich erwachsen!«
Lena verzog den Mund zu einem angriffslustigen Lächeln. »Dasselbe könnte ich zu dir sagen. Du willst, dass wir wieder allerbeste Freunde sind, und ich habe dir schon einmal gesagt … dafür müsstest du dich erst …«
»Ich habe Scheiße gebaut!« Roz wurde etwas lauter. »Ich hab’s ja geschnallt. Ich habe großen Mist gebaut, und ich habe auch schon versucht, bei Law anzurufen, aber er geht nicht ans verdammte Telefon. Ich hab’s verbockt. Ich habe mich geirrt. Es tut mir leid – ich habe mich ihm gegenüber mies verhalten, und dir gegenüber ebenfalls, weil ich damit auch dich verletzt habe.«
Lena presste die Lippen zusammen und klammerte sich an der Arbeitsplatte fest. Dann schluckte sie schwer, damit der Kloß in ihrer Kehle verschwand. »Dann hast du beides endlich kapiert, was?«
»Sieht ganz so aus.«
Lena nahm ihre Brille ab und rieb sich die Augen. »Das hatte er einfach nicht verdient, Roz. Er ist ein guter Kerl.«
»Ich weiß. Und du hast recht gehabt – ich lag total daneben, und es tut mir leid.«
»Also gut.« Lena holte tief Luft. Sie hatte das Gefühl, als würde ihr eine Riesenlast von den Schultern fallen … und vom Herzen noch dazu. »Okay.«
»Also …«, murmelte Roz, und ihre Stimme klang weicher, wenn auch noch zurückhaltend. »Ist wieder alles in Ordnung?«
»Nein«, antwortete Lena ehrlich. »Aber demnächst vielleicht.«
Roz strich ihr über die Schulter. Lächelnd hob Lena den Arm, und die kleine kurvige Roz drückte sie. »Du fehlst mir.«
»Ja, du fehlst mir auch.«
»Und ich vermisse Law, unser gemeinsames Frühstück. Außerdem geht mir Carter irgendwann noch mal an die Gurgel, weil ich die ganze Zeit über schlecht gelaunt bin, was ihm dann wieder die Stimmung verdirbt, und er hat kaum noch Lust, mit mir zusammen zu sein. Ich vertreibe ihn aus seinem eigenen Haus.« Sie schniefte und drückte Lena an sich. »Außerdem hab ich Keksentzug. Ich weiß, dass mir das recht geschieht, und das macht es nur noch schlimmer, weil ich mich nicht einmal im Selbstmitleid suhlen kann.«
Lena schnaubte. »Klingt, als ginge es dir eigentlich ganz gut.« Sie erwiderte Roz’ Umarmung, dann löste sie sich von ihr. »Vielleicht kann ich nächste Woche eine Ladung Plätzchen backen.«
Es war das Versöhnlichste, was sie gerade über die Lippen brachte. An diesem Tag war sie ohnehin schon im Verzug und hatte noch nicht einmal zu Mittag
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